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In einen Wettbewerb um Schnelligkeit sollten die Zeitungsverleger im Internet-Zeitalter nicht eintreten, sagte Kanzlerin Angela Merkel am Montag beim BDZV-Kongress. Foto: dpa

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Klare Worte: Immer auf die Großen

Beim Zeitungskongress zeigen sich Verleger selbstbewusst gegen Google & Co. Kanzlerin Angela Merkel spart nicht mit Vorschlägen für die Zukunft der Branche.

Angela Merkel ist eine Anhängerin der schnellen Kommunikation, gerne verschickt die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende SMS. Ob und welche Apps sie nutzt, um sich zu informieren, ist zwar nicht bekannt. Beim Kongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Berlin spracht sich Merkel jedoch für einen fairen Wettbewerb zwischen den Verleger und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus.

„Private Medienunternehmen brauchen genügend Spielraum, ihre Investitionen müssen sich rechnen“, sagte die Kanzlerin auf dem Zeitungskongress. ARD und ZDF sollten deshalb prüfen, ob ihre Internet-Angebote auch ihrem gesetzlichen Auftrag entsprächen. „Das ist auch bei den Smartphone-Applikationen immer wieder abzuwägen.“ Acht Zeitungsverlage klagen zur Zeit gegen die „Tagesschau“-App. Sie sehen das Gratisangebot als unzulässige Konkurrenz für die auf Refinanzierung durch Werbung angewiesenen Privatmedien. BDZV-Präsident Helmut Heinen betonte, die Klage richte sich nicht gegen die Videobeiträge, sondern gegen die „textlastige Berichterstattung“ des ARD-Angebots im Netz.

NDR-Intendant Lutz Marmor erklärte sich gesprächsbereit. „Wir müssen gemeinsam nach einem Weg suchen, wie wir da rauskommen“, sagte er auf dem Kongress. Die „Tagesschau“-App sei bisher 2,3 Millionen Mal heruntergeladen worden.

Die Kanzlerin stellte den Verlagen eine Reform des Urheberrechts in Aussicht. Das sogenannte Leistungsschutzrecht soll die Online-Angebote der Zeitungen vor gewerblicher Nutzung durch andere – etwa durch Suchmaschinen wie Google – schützen. „Wir streben eine ausgewogene Lösung an, die allen Seiten gerecht wird“, sagte Merkel. Ein „völliges Allheilmittel“ werde das Leistungsschutzrecht allerdings nicht sein.

Doch Schnelligkeit ist für Merkel nicht immer Trumpf, wenn es um Kommunikation geht. Sie warnte am Montag die Zeitungsverleger davor, im Zeitalter des Internet in einen Schnelligkeitswettbewerb einzutreten. Diesen Wettbewerb könnten die Zeitungen nur verlieren. Zeitungen seien ein Ort der Entschleunigung, der Erklärung, der großen Themen und Debatten. Durch gründliche Recherche und kluge Analysen könnten Zeitungen einen „intellektuellen Mehrwert“ bieten, Printmedien blieben die politischen Leitmedien.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) betonte, dass das Internet „unschlagbar ist, was die Masse an Informationen und die Schnelligkeit ihrer Bereitstellung angeht.“ Doch berge das Netz damit auch die „Gefahr der Belanglosigkeit“. Zeitungen seien deshalb für eine solide, fundierte Meinungsbildung unabdingbar. Nur sie könnten der Sehnsucht der Bürger nach „Wahrheit, Klarheit und klaren Regeln“ entsprechen.

Die Bundesregierung arbeitet nicht nur am Leistungsschutzrecht. Bis Jahresende will sie auch eine Stiftung Datenschutz ins Leben rufen, wie Innenminister Friedrich sagte. Die Stiftung soll Qualitätsstandards festlegen und Gütesiegel zur Orientierung der Nutzer im Netz vergeben. Bei den Unternehmen müsse die Bereitschaft zur Selbstregulierung geweckt werden. Als Beispiel nannte Friedrich Facebook. Führe das soziale Netzwerk mit seinen weltweit 750 Millionen Mitgliedern Programme zur Gesichtsanalyse ein, müssten die Nutzer darüber informiert werden und die Möglichkeit bekommen, diese Anwendung abzustellen. „Datenschutz muss für soziale Netzwerke zum Verkaufsargument werden“, sagte Friedrich.

Olaf Scholz, stellvertretender SPD-Vorsitzender und Erster Bürgermeister Hamburgs, monierte ein „regulatorisches Defizit“ in der bisherigen Gesetzgebung. Es müsse dringend dafür gesorgt werden, dass Zeitungen hierzulande nicht von internationalen Großunternehmen wie Google „plattgemacht“ würden. Mathias Döpfner, Vorstandschef des Axel Springer Verlags („Bild“, „Welt“) warnte die Verleger jedoch davor, angesichts der Größe von US-Unternehmen wie Google, Apple und Co eine „resignative Rolle“ einzunehmen: „Wegen Supergiganten wie Google zu resignieren, wäre wie Selbstmord aus Angst vorm Sterben“, sagte Döpfner.

Nicht Größe, sondern Innovationsfähigkeit sei der entscheidende Faktor, um zukunftsfähig zu bleiben. Döpfner forderte die Verleger auf, aus eigener Kraft aktiv zu werden. Die Chance lägen bei mobilen Angeboten, den Apps. In diesen könne der „Kern unseres Geschäfts“ betrieben werden – ein klar begrenztes, von professionellen Journalisten zusammengestelltes Angebot, das auch seinen Preis habe, sagte Döpfner. Diese Form des digitalen Zeitungsjournalismus sei „ein wunderbares Wachstumsmodell“. (mit dpa)

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