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KRITISCH GESEHEN: Höfische Kunst

Reinhard Mohn – Es müssen mehr Köpfe ans Denken kommen. RTL. Dank RTL durften wir uns fühlen, als wären wir Manager bei Bertelsmann. Einige hundert von ihnen bildeten vor drei Jahren den Kreis, in dem der inzwischen verstorbene Firmen-Boss Reinhard Mohn seinen 85. Geburtstag feierte.

Reinhard Mohn – Es müssen mehr Köpfe ans Denken kommen. RTL. Dank RTL durften wir uns fühlen, als wären wir Manager bei Bertelsmann. Einige hundert von ihnen bildeten vor drei Jahren den Kreis, in dem der inzwischen verstorbene Firmen-Boss Reinhard Mohn seinen 85. Geburtstag feierte. Nur diese Insider sahen, was als intimes Geburtstagsgeschenk gedacht war: den umständlich getitelten Film: „Reinhard Mohn – Es müssen mehr Köpfe ans Denken kommen“.

Damals durfte Reinhard Mohn dankbar bestaunen, wie er durch Filmprofis aus dem eigenen Hause in Szene gesetzt wurde. Jetzt ließ man uns „in memoriam“ daran teilhaben. Im weitesten Sinne gehört dieses Filmwerk in die Gattung der höfischen Kunst. Gemalt wurde kein Schlachtgemälde, sondern ein harmonisches Familienbild. Den Auftakt bildete die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Patriarchen, der laut Film schon als Junge nichts sehnlicher wünschte als ein „Tun für die Allgemeinheit“.

Aus dem Krieg brachte er vor allem die Erfahrung mit, dass er führen kann. „Jetzt geht es wieder aufwärts“, sagt der erste Arbeiter, als „Herr Mohn“ aus dem Krieg wieder da ist. So geht es immerzu. Sebastian Koch, der schon Stauffenberg war und Klaus Mann, leiht ihm sein ernstes und entschlossenes Gesicht. Woher der Reichtum vor dem Krieg kam, was der Verlag im Krieg getan hatte, wurde ebenso wenig erwähnt wie die erste Gattin. „Aus dem Nichts etwas Besonderes schaffen“, das wurde Mohns Credo. So wurden „Lesering“ und „Buchclubs“ zu den ersten Goldgruben. Aus kulturellen Gründen natürlich. Und plötzlich taucht auch die heute Mächtigste im Clan, Liz Mohn, auf und erzählt etwas vom gegenseitigen Respekt.

Wir erfahren: Mohn war fleißig, klug, überlegt und entschlusskräftig, konnte feiern und blieb doch bescheiden. Das Wichtigste ist die Familie; die Mitarbeiter gehören de facto dazu. Obwohl Regisseur Roland Suso Richter schon exquisite Stoffe verfilmte, darf man das Werk kaum eine filmische Großtat nennen. Ein Spannungsbogen entsteht nicht, weil es ja immer nur aufwärts geht. Kein Buchtitel, keine Illustrierte oder Schallplatte wird erwähnt. Außerdem ist es vor allem Mohn selbst, der sein Lebenswerk kundig interpretiert. Entsprechend gefällig ist das Biopic geraten, angereichert mit viel Didaktik zur Unternehmenskultur: Im Kern geht es immer um Werte wie Partnerschaft und Gerechtigkeit. Profit ist ein Nebenprodukt. Von Macht wird gar nicht geredet.

Der Film ist also keiner, der Widersprüche erforscht oder gar neue Seiten seiner Zentralfigur zu erkennen gibt oder subtil andeutet. Eine Differenz zwischen Reden am Sonntag und Handeln am Werktag gibt es nicht. Nein, dieser Film ist nur interessant, weil er nicht den erfolgreichen Medienmogul zeichnen will, wie er wirklich war, sondern weil er dokumentiert, wie dieser gesehen werden wollte: Der gute Herrscher ist ein Hirte – und zwar immer und weltweit. Bernd Gäbler

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