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KRITISCH gesehen: Peterchens Talkfahrt

Zur Premiere hat sich Peter Hahne die gefallene EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann eingeladen. Der Talker und seine Redaktion sollten sich die Sendung noch einmal genau ansehen.

Peter Hahne. ZDF. Margot Käßmann und Peter Hahne kennen sich als Funktionäre der evangelischen Kirche quasi seit Christi Geburt, sie duzen sich. Das verbergen sie im Gespräch, das „Sie“ soll Distanz suggerieren. Das Duo macht sich auf zur Inspektion und Introspektion der gefallenen EKD-Ratsvorsitzenden, gefallen, weil diese Vertreterin einer moralischen Kontrast-Gesellschaft einen über den Durst getrunken hatte. Das wurde öffentlich, massiver Rückhalt aus der EKD blieb aus, da trat Käßmann zurück.

Nun sitzt sie in der Premiere von „Peter Hahne“. Peter Hahne und seine „Bischöfin der Herzen“ nehmen sich eines Lebens an, das durch ein Wechselbad von Erfahrungen gegangen ist, und schauen, was mit 52 Jahren herausgekommen ist. Erschreckend originell fragt der Gastgeber nicht. Hahne will Befindlichkeit, und wo er die nicht will, da will er ein, zwei medial verwertbare Zitate. Über die Person, die Personalie wäre hinaus ein Thema zu erörtern: Käßmann, Koch, Köhler sind gegangen (worden), in diese Stille nach dem Rückritt hätte Hahne hineinhorchen können. Käßmann selbst bringt ja den Begriff der „Einsamkeitsfähigkeit“ ins Gespräch. Der neue ZDF-Talk dauert 27 Minuten, das mag für grundstürzende Erkenntnisse zu kurz sein, definitiv zu lang ist die Sendung für einen biografischen Aufriss. Käßmann ist bekannt genug, jetzt muss hinter die Medienfigur geschaut werden. Als Alternative zum Rummel-Talk hat „Peter Hahne“ die notwendigen Voraussetzungen: entschleunigt im Gestus, fahren die Kameras den Gesprächspartnern nicht grob ins Gesicht, sanft umflort die Kran-Kamera das Duo. Intim das Studio, konzentriert die Atmosphäre.

Margot Käßmann äußert eine irritierende Duldsamkeit gegenüber dem eigenen „Schicksal“. Das mag eine hart erkämpfte Tugend sein, in einer Talkshow muss diese für den Gastgeber zur Herausforderung , wenn nicht in eine Zumutung für den Gast gewendet werden. Der in 38 Jahren Polit-Journalismus gestählte Fernsehprofi negiert das. Wenn Peter Hahne sich nicht als Fortsetzung des evangelischen Gottesdienstes im ZDF, nicht als mittägliches Aufpolstern seiner „Bild am Sonntag“-Kolumne ins Nirwana öffentlicher Aufmerksamkeit senden will, dann sehen sich Talker und Redaktion die Premiere noch einmal ganz genau an. Peter Hahne kann mehr, als er mit „Peter Hahne“ anbieten will. Andernfalls übernimmt die Pastorin. Joachim Huber

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