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KRITISCH gesehen: „Raus aus Gaza“

„Hart aber fair“ mit Frank Plasberg. ARD, Mittwoch.

Von Caroline Fetscher

„Hart aber fair“ mit Frank Plasberg. ARD, Mittwoch. Die übliche Frage seiner Schlussrunde – „Mit welchem Gast würden Sie gern eine Bergtour machen?“ – musste „Hart aber fair“-Moderator Frank Plasberg seinen Gästen erlassen. Dafür war der kleine Talkshow-Kessel zu heiß gekocht, er brodelte. Nein, Michel Friedman ist nicht der israelische Botschafter in Deutschland oder ein Vertreter des israelischen Militärs, sondern ein deutscher Journalist jüdischen Glaubens. Im Grunde sollte das den Eingeladenen bewusst sein, doch die waren hier die Aufgeladenen, aufgeladen mit erbitterter Emotion. Friedman geriet besonders dem Palästinenser-Verteidiger Norbert Blüm zum unfreiwilligen Vertreter eines Landes, dessen Staatsbürger er nicht ist. „Ihr müsst raus aus Gaza!“, ereiferte sich Blüm.

Das Thema das Abends lautete „Blutige Trümmer in Gaza – wie weit geht unsere Solidarität mit Israel?“ Ob es tabu sei, „Israel offen zu kritisieren“, wollte Plasberg wissen. Tabu ist gar nichts, doch in den Köpfen geht immer noch viel durcheinander, dafür war die Sendung ein weiteres Symptom. Neben Friedman und Blüm diskutierten Ulrich Kienzle, einst Reporter für die Region Nahost, Udo Steinbach vom Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien der Universität Marburg, sowie Rudolf Dreßler, von 2000 bis 2005 deutscher Botschafter in Israel. Kienzle missfiel es, wenn getötete israelische Zivilisten zu „Opfern des Terrorismus“ erklärt werden, während Tote im Gazastreifen als Opfer „israelischer Selbstverteidigung“ bezeichnet werden. Friedman widersprach, die Hamas-Kämpfer seien durchaus mit den Taliban zu vergleichen. Weitere Argumente gingen in allgemeinem Geschrei unter.

Mehrmals lief Plasberg auf die Streitenden zu wie ein Lehrer mit Schulhof-Aufsicht. Beleidigt erklärte Steinbach, ihm mache es nichts aus, wenn man ihn als „Nazischwein“ beschimpfe, obwohl das keiner getan hatte. Von Neonazis distanzierten sich alle, da müsse man „hart durchgreifen“, nickte auch Blüm.

Kurz nach der Sendung schickte das Netzwerk „Honestly Concerned“, das aktuellen Antisemitismus beobachtet, eine Rundmail an seine Abonnenten. Es sei für Juden vielleicht wieder „Zeit den Koffer zu packen“, ängstigt man sich dort. Reflexion, Analyse jedenfalls blieben diesem Abend fremd. Caroline Fetscher

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