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US-Satiriker Jon Stewart war zu Gast bei seinem ägyptischen "Double" Bassem Youssef.

© dpa

Lachen als Waffe: US-Satiriker Jon Stewart tritt beim ägyptischen Mitspötter auf

Die Islamisten in Ägypten sind immer für einen Witz gut, dachten sich US-Satiriker Jon Stewart und sein ägyptisches "Double" Bassem Youssef. In einer gemeinsamen Sendung rissen sie zusammen Witze - und Stewart verteidigt die Satire.

Mit schwarzer Gangsterkapuze über dem Kopf, untergehakt von zwei breiten Typen mit Sonnenbrillen, stolperte der Gast aus Amerika auf die Bühne, von seinem ägyptischen Gastgeber Bassem Youssef als „ausländischer Spion“ begrüßt. „Schukran, schukran“, danke, danke, ulkte News-Komödiant Jon Stewart zurück. „Ich bin doch Muslimbruder“, deklamierte der Entertainer und zupfte sich an seinem stoppeligen Dreitagebart. „Euer Präsident Mursi hat mich gerade zum neuen Gouverneur von Luxor ernannt“, trompetete er unter dem wiehernden Gelächter des Publikums. Am Freitagabend feierte Ägyptens populärster Polit-Satiriker Bassem Youssef eine ganz besondere Premiere. Erstmals hatte er sein TV-Vorbild aus den USA zu Gast, Jon Stewart von „The Daily Show“. Dieser war tags zuvor mit seinem Privatjet zur dreitägigen Stippvisite in Kairo eingeschwebt. Er wolle erst die Pyramiden besuchen und dann zu Bassem Youssef in die Show gehen, erklärte er den verblüfften Grenzbeamten am Flughafen.

Bessam Youssef, das "Double" von Jon Stewart.
Bessam Youssef, das "Double" von Jon Stewart.

© AFP

Die Satiresendung seines ägyptischen „Doubles“ ist seit Monaten ein Straßenfeger. 30 Millionen Zuschauer sitzen jeden Freitagabend vor dem Fernsehen, wenn der gelernte Herzchirurg in seiner Show „Al-Bernameg“ (Das Programm), Präsident Mohammed Mursi, Muslimbrüder und Salafisten durch den Kakao zieht. Mal verspottet der 39-Jährige Mursis stammelndes Englisch, immerhin hat der Präsident als junger Ingenieur jahrelang in den Vereinigten Staaten studiert. Mursis Weisheit vor deutschen Wirtschaftsbossen in Berlin „Betrunkene Autofahrer landen im Knast“ kommentierte er mit: „Und Lügner landen in der Hölle“ – beides inzwischen Kultsätze in Ägyptens Facebook-Universum. Oder er sitzt mit angeklebtem roten Salafistenbart im Studio, wenn er über verbohrte Scharia-Prediger und fanatische „Tele-Koran-Gelisten“ lästert. Als er angesichts der Milliardensummen Qatars an die bedrängten Muslimbrüder am Nil die patriotische Hymne Ägyptens „Meine geliebte Heimat, meine großartige Heimat“ umdichtete in „Mein geliebtes Qatar, mein großartiges Qatar“, legte Dohas Wirtschaftskammer offiziell Protest bei der ägyptischen Regierung ein. Neulich habe Mursi sich um eine Reise zum Mond beworben, spottete Youssef weiter, die erste Frage sei gewesen, wie viel Geld ist dort zu holen – „wie zuvor in China, Saudi-Arabien, Qatar natürlich, Türkei, Deutschland, wieder Saudi-Arabien und Qatar, Qatar, Qatar, Qatar“.

Die prominente Unterstützung von Jon Stewart kann der ägyptische Polit-Satiriker gut gebrauchen. Seit Monaten überziehen Salafisten und Anhänger der regierenden Muslimbrüder ihn mit Anzeigen wegen Beleidigung des Präsidenten, Gefährdung der inneren Sicherheit und Verleumdung des Islam. Einmal musste er beim Generalstaatsanwalt zu einem Verhör erscheinen, nach fünf Stunden ließ dieser ihn gegen eine Kaution von umgerechnet 1800 Euro wieder frei. Der oberste Strafverfolger Ägyptens zwang Youssef, Aufzeichnungen alter Shows anzusehen und seine Scherze und Anspielungen Zeile für Zeile zu erläutern.

„Wenn eure Regierung nicht stark genug ist, mit einem Witz fertigzuwerden, dann habt ihr keine Regierung“, kommentierte Jon Stewart diese moderne Inquisition bei seinem Gastauftritt. Ein Witz sei noch nie mit Motorrad und Knüppel in eine Menge gefahren, ein Witz habe noch nie eine Tränengasgranate auf Leute in einem Stadtpark abgefeuert. Satire schaffe Räume für Menschen, sich auszudrücken. „Denn das ist Demokratie: Die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und gehört zu werden.“

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