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Zwei Chefs sind einer zu viel. Vertriebsleiter Moedebeck (Ulrich Noethen, links) ist fassungslos, dass ihn der Jungdynamiker Bluhm (Max von Thun) ablösen soll.

© ZDF

Lachen geht anders: Betriebsnudeln

Ulrich Noethen will den Louis de Funès in sich entdecken. Doch die TV-Komödie "Trau niemals deinem Chef" im ZDF ist vor allem eins – nicht komisch.

Wir sollten damit aufhören, beim Nachdenken über deutsche Fernsehkomödien als Erstes darauf hinzuweisen, dass es sich hier aber auch um das allerschwerste Genre handele. Wahrscheinlich stimmt das gar nicht. Man kann Krimis oder Liebesfilme genauso in den Sand setzen. Zu überlegen bleibt, was es denn sei, das Komödien von den anderen Genres abhebt. Da wären die komische Standardsituation wie Verwechslung oder Missverständnis, der Slapstick, die Kaskade mit Fallhöhe, lauter Kunstmittel, die der Artistik näherstehen als dem wirklichen Leben. Und wie jede Artistik setzt auch die traditionelle Komödie ein besonderes Talent und viel Übung voraus. Beides scheint allhier kaum vorzukommen.

Die Standardsituation, mit der der ZDF-Film „Trau niemals deinem Chef“ anhebt, kennen wir alle aus dem „Nudel“-Sketch von Loriot. Jemand will etwas sagen, aber sein Gegenüber kommt ihm stets zuvor mit Sätzen wie „Sagen Sie jetzt nichts“ oder „Ich weiß, was du sagen willst“. Oskar Moedebeck (Ulrich Noethen), seines Zeichens Vertriebschef bei einem großen Lebensmittelunternehmen, hat Geburtstag. Er erwartet eine Feier in der Firma, zusätzlich eine Gehaltserhöhung.

Als Moedebeck die Eingangshalle betritt, schmunzelt er selbstzufrieden (Achtung: Fallhöhe), denn Tische mit Sekt und Schnittchen sind schon aufgestellt. Aber diese Zurüstungen gelten nicht ihm, sondern dem neuen Jung-Chef Raphael Bluhm (Max von Thun), der just dem fassungslosen Oskar Moedebeck vor die Nase gesetzt wird. Der Ex-Chef steigt ab – um eine ganze Gehaltsklasse. Er fühlt sich vernichtet. Und kann zu Hause seiner Frau Mona (Michaela May), die gerade ein Riesenanwesen erworben hat, kein Wörtchen sagen. Immer wenn er sich räuspert, um mit der Wahrheit rauszurücken, fährt sie dazwischen, spricht von ihrem Glück und fügt hinzu: „Mit deiner Gehaltserhöhung können wir uns das leisten.“

Da hätten wir sie also, die komische Standardsituation Marke Missverständnis. Erst gegen Ende des Films erfährt Mona die Wahrheit, sie rastet aus, erweist sich dann aber als loyal und pragmatisch bei der Suche nach einer Lösung. Was im artistischen Rahmen eines Sketches prima funktioniert, wirkt im 90-Minüter breitgetreten. Der Film (Buch: Verena Mahlow) entfernt sich in Stimmung, Ton und Dramaturgie nicht weit genug vom wirklichen Leben, als dass man ihm ein wochenlanges Andauern der Nudel-Situation abkaufte. Außerdem ist die ja nur zu Beginn amüsante Psychosituation des Missverständnisses auch nicht abendfüllend.

Also erleben wir allerlei Scharmützel mit Slapstick-Qualität, so etwa die Strategie des Jung-Chefs, der dem Betrieb einen neuen Geist einhauchen will und dafür das Du und obligatorische Frühgymnastik einführt. So die Verzweiflung des armen Oskar, der – als heimlicher Lauscher – auf dem Klo erfährt, dass seine Kündigung ansteht. Auch dies eine Standardsituation, die zu breit ausgewalzt wurde. Die Wendung gegen Schluss, in der sich Ex-Chef und Jung-Chef gegen die inhumane neue Geschäftsleitung verbünden, ist nett, nicht aber komisch. Sie bereitet nur den versöhnlichen Schluss vor.

Das Problem dieser Komödie (Regie: Marcus Ulbricht) ist, dass ihre Macher an Standardsituationen und Slapstick und Fallhöhe glaubten und wild entschlossen waren, all diese Ingredienzien der Komödie ihren Zuschauern zu servieren. Auch die Schauspieler, vor allem Hauptdarsteller Ulrich Noethen, der doch einer unserer Besten ist, wollten unbedingt komisch sein und waren es deshalb kaum. Rühmliche Ausnahme: die Chefsekretärin Frau Meyer-Arndt, gespielt von Claudia Burckhardt. Ihr gelang die Lässigkeit und Beiläufigkeit einer Evelyn Hamann – während Ulrich Noethen den Louis de Funès in sich zu entdecken versuchte, aber da war keiner.

Vielleicht sollte man den ganzen alten Plunder, von der Standardsituation bis zur komischen Kaskade, vergessen und die TV-Komödie neu erfinden. Sie stranguliert sich im deutschen Fernsehen fast jedes Mal selbst bei dem Versuch, die alten Muster zu bedienen. Die Vorgabe „Wir erzählen eine Geschichte so, dass die Leute lachen müssen“ könnte doch ausreichen. Muster stellen sich dann schon ein, auf sie kommt es auch nicht an. Komische Situationen müssen springlebendig sein, sie dürfen nicht aus dem Fundus stammen.

„Trau niemals deinem Chef“, ZDF, um 20 Uhr 15

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