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Oliver Pocher

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Late Night: Der Pocher-Ansatz: Homophob oder Humor?

Oliver Pocher startet als Night-Talker: Primitiv im Humor, prima in der Parodie Nach einer halben Stunde wagt Oliver Pocher ein erstes negatives Fazit: „Bisher ist die Sendung Riesenschrott.“

Er meint das natürlich nicht ernst. Er will sich in seiner neuen Late-Night-Show auf Sat1 über seine Kritiker lustig machen. Pocher schreibt ihnen also einen Brief, in dem er ihre Rezensionen vorwegnimmt. Das ist im Grunde eine witzige Idee und sie wäre noch besser, wenn er sich etwas weiter aus dem Schrottbereich hervor gewagt hätte.

Der Anfang weckte Hoffnung. Da steht Pocher mit struppigem Vollbart als TV-Pensionär im Stile Harald Schmidts angelnd am Wasser. In schwarzen Anzügen kommen die Herren vom Sender, um ihn zu holen. Die nicht ganz ungefährliche Aufgabe: Late Night. Pocher, geschockt: „Zum Teufel, es sind doch schon alle an Late Night gescheitert.“ Erst die Unterstellung, er habe „Schiss vor Schmidt“, lockt ihn ins Studio.

Mit grauem Anzug und Gel-Frisur

Dort angekommen, scheint er die Gefährlichkeit der Aufgabe schon vergessen zu haben und hält sich streng an die selbst formulierte Vorgabe, das „Fernseh-Rad“ nicht neu zu erfinden. Grauer Anzug, gegelte Tolle. Er beginnt mit lauen Stand-Up-Gags, auch zur SPD, der „Schlechtesten Partei Deutschlands“.

Der Einfall, seinen Vater als Showpraktikanten anzustellen, um beim älteren Publikum zu punkten, ist nett. Viel wird daraus nicht. Auch nicht, als sie die Fernsehpreis-Gala besuchen und Pocher einen rassistischen Witz über das Pro7-Topmodel Sara Nuru macht. Er stellt sie den Fotografen als seine Freundin Sandy vor, die etwas zu lange im Solarium geblieben sei.

Später prangert er sich in seinem Kritiker-Brief selbst für derartigen Rassismus an, nur um noch eins draufzulegen: Sara werde sich schwarz ärgern. Politisch doppelt unkorrekt. Aber lustig? In jedem Fall bei Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi geklaut. Der hatte Barack Obama mal als „sogar gebräunt" bezeichnet. Pochers Autoren lassen Guido „Westerwilli“ Westerwelle als Komikfigur seinen Machtanspruch verkünden: „Ich will auch Bundeskanzlerin sein.“ Homophob. Aber Humor?

Albernes Gegröle auf dem Oktoberfest

Einer der wenigen Höhepunkte: Pocher unterhält sich mit dem anderen Sat-1-Neuzugang Johannes B. Kerner und parodiert ihn dabei treffend. Anschließend wird er Kurzzeit-TV-Anarchist, schleppt Shakira zum Kegeln in die Kneipe gegenüber und macht die Star-Sängerin im Kölschen Keller zur Allerwelts-Ische. Das ist fast schon groß. Ihren Fans reißt er auf der Straße die Stifte aus der Hand, um selbst Autogramme zu geben.

Abgesehen davon geht er viel zu wenig raus, unter Leute. Und als er es auf dem Oktoberfest versucht, erschöpft sich das Ganze in albernem Gegröle. Er parodiert auch kaum. Seine Stärken lässt er irgendwie alle stecken.

Womöglich macht Pocher es absichtlich. Vielleicht versteht er das als geniale Anspielung auf Harald Schmidt, der einigen Kritikern jüngst auch sehr uninspiriert vorkam. Das wäre mutig.

Johannes Gernert

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