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Das musste ja passieren. Eine Frau betrachtet die Website von Sony-Playstation mit dem Hinweis, dass der Server nicht erreichbar ist. Hacker haben Informationen von 77 Millionen Nutzern der Onlinedienste des Konzerns erbeutet. Es geht um Adressen, Passwörter und möglicherweise Kreditkartennummern. Immerhin, Nutzer können schon noch etwas für ihren persönlichen Datenschutz tun. Foto: dpa

© dpa

Legenden: Der Thesen-Check

Immer zu wenig Datenschutz, mehr Pixel sind besser, Akkus müssen zur Lagerung in den Kühlschrank – und andere Mythen aus der Welt der Elektronik.

Seit Jahrzehnten halten sich in der Welt der Computer und Unterhaltungselektronik Thesen wie zum Beispiel „Mehr Pixel, bessere Kamera“, „Kreative arbeiten mit Mac“, oder, neuerdings unterfüttert nach der großen Daten-Panne bei Sony, „Es gibt ja eh’ keinen Datenschutz im Internet“. Handelt es sich dabei immer um gesichertes Wissen oder um Mythen? Zeit, ein paar dieser vermeintlichen Wahrheiten auf den Zahn zu fühlen.

Es gib eh’ nicht genug Datenschutz …

Das stimmt wohl, von legislativer oder staatlicher Seite aus scheint das nicht ausreichend. Nach dem Diebstahl sensibler Daten von Onlinenutzern der Sony-Playstation, der 77 Millionen Sony-Kunden betraf und erst am Mittwoch bekannt wurde, hat der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar mehr Unterstützung von der Bundesregierung gefordert. „Ich glaube, wir brauchen hier in diesem Zusammenhang keine anderen Gesetze, wir brauchen aber stärkere internationale Instrumente, um den Datenschutz zu gewährleisten“, sagte er am Donnerstag. Doch der Verbraucher kann in diesem aktuellen wie auch ähnlichen Fällen etwas für seinen persönlichen Datenschutz tun. Da bislang noch nicht bekannt ist, ob auch Kreditkartendaten abgegriffen wurden, empfiehlt Sony den Mitgliedern der Internetplattformen, besonders wachsam ihre Kontobewegungen zu beobachten. Außerdem sollten die Nutzer vorsichtig sein bei potenziellen Gaunereien via E-Mail oder Telefon. Sony betonte, seine Kunden nicht zu kontaktieren. Wenn Nutzer also Anfragen nach Kennwörtern oder sonstigen Daten erhalten, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Betrüger. Experten empfehlen Betroffenen zudem, ihr Passwort zu ändern, sobald die Sony-Plattformen wieder online sind. Außerdem sollten Nutzer generell die Passwörter auch bei anderen Internetkonten ändern, wenn sie dasselbe Passwort für mehrere Accounts verwenden.

Welches Betriebssystem ist das Beste?

Eine andere Frage nervt Computernutzer schon länger: Der ewig währende Streit zwischen Anhängern der Betriebssysteme Windows, Mac OS oder Linux erinnert an Männerstammtische, in denen die PS-Leistung des fahrbaren Untersatzes genauso eifrig diskutiert wird. Linux und Mac seien viel sicherer als Windows und Viren, Computerwürmer wie Trojaner können diesen Systemen nichts anhaben. Wie in jedem Mythos, steckt auch hierin ein Funken Wahrheit. Die Bedrohungslage für Mac und Linux sieht günstiger aus. Das liegt aber weniger an der Architektur der beiden Systeme. Ein Angreifer besitzt schlicht eine viel zu kleine potenzielle Zielgruppe, um nennenswerte Schäden anzurichten oder Daten auszuspähen. Schädlinge gibt es durchaus auch für den Mac. Überhaupt, der Mac: Er genießt ja den Nimbus, das Werkzeug für alle Kreativen zu sein. Der Mac verdankt seine Dominanz in Werbeagenturen oder Architekturbüros wohl in erster Linie seiner Geschichte und seinem guten Aussehen. Professionelle Layout- oder Grafikprogramme liegen in identischen Versionen auch für Windows vor, begannen aber ihre Karriere auf einem Rechner mit dem Apfel-Logo. Dazu kommt, dass die Lebenszyklen bei Apple-Produkten deutlich länger sind. Deswegen halten viele Anwender ihren Programmen die Treue.

Windows wird immer langsamer …

Weil Windows durch die vielen installierten und wieder gelöschten Programme zunehmend „altert“ und langsamer wird, muss man es regelmäßig neu installieren oder einen professionellen Deinstaller anschaffen. So sehen es die Hersteller. Und wirkt ein frisch installiertes System nicht auch viel schneller? Das tut es, was aber nicht daran liegt, dass es jetzt jünger ist. Es fehlen Dienste und Programmkomponenten, die beim alten System automatisch beim Systemstart ausgeführt worden sind. Und da tummelt sich im Laufe der Zeit einiges, selbst wenn es der Anwender nicht selbst installiert hat. Die Homebanking-Software oder das Steuerprogramm suchen beispielsweise nach Aktualisierungen. Gut für den Anwender, schlecht für die Leistung, denn dazu wird ein Dienst benötigt, der automatisch ausgeführt wird. Da hilft nur eines: Die Autostart-Einträge regelmäßig ausmisten. Dafür gibt es kostenlose Software im Internet. Apropos Geschwindigkeit. Das Fachmagazin „c’t“ hat einmal exakt verglichen: Dass Windows 7 deutlich schneller als Windows Vista sei, konnte nicht bestätigt werden. Das aktuelle Windows fühlt sich „subjektiv performativer“ an. Dies liegt an kleineren Optimierungen des Herstellers, insbesondere in Hinblick auf Benutzereingaben. Kleine kosmetische Änderung mit einer großen Wirkung.

Dateien muss ich mehrfach löschen …

Wohl um kaum einen Bereich ranken sich so viele Legenden wie um das richtige Löschen von Dateien. Ist eine Datei erst nach dem mehrfachen Überschreiben sicher entfernt? Einfaches Löschen oder gar nur das Entleeren des Papierkorbs reichen nicht aus, um zu verhindern, dass eine Datei wiederhergestellt werden kann. Aber bereits eine kurze Internetrecherche fördert Untersuchungen von IT-Forensikern zutage, die keinen Unterschied zwischen einmaligem oder mehrmaligen Überschreiben von gelöschten Dateien feststellen können. Wichtig ist, dass das Überschreiben gründlich erledigt wird. Wer seinen alten PC bei Ebay verkaufen will, sollte die gesamte Festplatte mit einem Spezialprogramm überschreiben oder den PC mit einem Linux starten.

Mein Akku muss in den Kühlschrank.

Die Geschichte der Stromversorgung per Akku ist eine Geschichte vieler Missverständnisse. Foren und Wikis stecken voller Ratschläge rund um die Lebensdauer von Akkus. Sie sollten immer vollständig geladen werden, und wer regelmäßig nur halb volle Akkus lädt, hat bald noch die halbe Lebensdauer zur Verfügung. Sogar die Lagerung im Kühlschrank wird empfohlen. Richtig ist: Akkus altern, an diesem physikalisch-chemischen Prozess kann kein Anwender etwas ändern. In allen modernen Geräten wie Notebooks, Kameras oder Handy stecken heute Lithium-Polymer- oder Lithium-Ionen-Akkus. Diese kennen den sogenannten Memory-Effekt nicht, deswegen spielt das vollständige Laden oder Entladen keine Rolle. Selbst wenn die Lagerung im Kühlschrank Alterungsprozesse verlangsamt: Wer will den Komfort, den der mobile Computer bietet, zugunsten eines regelmäßigen Gangs in die Küche aufgeben?

Mehr Pixel sind immer gut, oder nicht?

Vorsichtig sollte der Anwender generell bei allen Hinweisen und Ratschlägen sein, die mit „besser“ oder „mehr“ eingeleitet werden. Besser sind die teuren Signalkabel für den Monitor oder den Fernseher erst dann, wenn sie zwischen beiden Geräten größere Distanzen überbrücken. Aber wer stellt seinen Receiver mehr als zehn Meter entfernt vom Fernseher auf? Und die Digitalkamera muss nicht in Rente geschickt werden, weil die nächste Generation eben statt acht jetzt zwölf Megapixel bringt. In den Anfangstagen der digitalen Fotografie brachte jede neue Gerätegeneration deutlich bessere Bilder. Und die Unterschiede zwischen einem Relikt mit einem Megapixel und vier Megapixeln sind noch deutlich. Inzwischen hinkt aber die eigentliche Optik den immer besser gewordenen Sensoren hinterher. Deswegen macht die Zwölf-Megapixel-Kamera aus Sicht des Anwenders auch keine schärferen Bilder als ein Modell mit acht Megapixeln. Veränderungen ergeben sich aber immer am Innenleben der Kameras. Die verbauten Prozessoren speichern die Aufnahme schneller ab. Von daher hätte der Verkäufer an dieser Stelle recht.

Stephan Lamprecht

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