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Temporäre TV-Stars. Nur bei Olympia 2012 kommen deutsche Badminton-Spieler wie Birgit Michels (vorne) in den Fokus der Fernsehkameras. Foto: Reuters

© REUTERS

London ist günstig, Bundesliga nicht: Der Kicker-Wahn

Sportrechte: ARD zahlt für Olympia 70 Millionen und für Fußball 700 Millionen Euro.

Der große amerikanische Entertainer Liberace trug gerne sündteure Ringe. Den gewaltigsten pflegte er seinen Fans in der ersten Reihe hinzuhalten: „Küsst ihn, ihr habt ihn schließlich auch bezahlt.“ Das Publikum raste.

Die Anekdote liefert ein superbes Argument, warum das deutsche Fernsehpublikum die Olympischen Sommerspiele in London massenhaft einschalten sollte. Als Gemeinschaft der Gebührenzahler hat es die Übertragungsrechte schließlich selbst bezahlt. „Der Spiegel“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, ARD und ZDF hätten zusammen für die Spiele in Vancouver 2010 und London 2012 rund 140 Millionen Euro an das IOC überwiesen. Für mehr als vier Wochen Dauerprogramm ist der Betrag nicht exorbitant, da die öffentlich-rechtlichen Sender hier Sport zeigen und zeigen müssen, den sie sonst nicht zeigen wollen und für dessen Medienrechte sie sonst keinen Cent bezahlen: Ringen, Judo, Gewichtheben oder Badminton sind darunter, wie der Sportrechtekatalog von ARD und ZDF zeigt. Gewichtheben erhält dank seines Stars Matthias Steiner 5000 Euro pro Jahr, Kanu 40 000 Euro.

Rechnet man die Kosten pro Tag Olympia-TV gegen ein Länderspiel der deutschen Nationalelf auf, dann liegen die Kosten für die Übertragungsrechte mit jeweils über vier Millionen Euro beinahe auf einer Höhe. So gerechnet, ist Olympia alles andere als ein überteuert eingekauftes Fernsehprogramm. Dass ARD und ZDF mit 480 Mitarbeitern mehr Personal nach London geschickt haben, als deutsche Sportler (392) bei Olympia vertreten sind, kann den Gebührenzahler schon eher verwundern.

Die Olympischen Spiele sind alle zwei Jahre ein TV-Event für zwei Wochen. Damit lässt sich kein kontinuierlich erfolgreiches Sportangebot für die Fernsehzuschauer herstellen. Das kann nur eine Sportart, das kann nur Fußball. Fußball ist das teuerste Fernsehprogramm und zugleich das erfolgreichste. Kein zweites Angebot holt so viele Zuschauer und kein zweites Programm ist über alle Altersgruppen hinweg so erfolgreich – was für die überalterten Programme von ARD und ZDF überaus wichtig ist.

Laut „Spiegel“ beträgt das Sportrechtebudget der ARD in der Gebührenperiode 2009 bis 2012 exakt 1,03 Milliarden Euro. Für den Einkauf der Medienrechte an den verschiedenen Fußball-Wettbewerben – Welt- und Europameisterschaften, Länderspiele, Bundesliga, Pokal – gehen davon 707 Millionen Euro drauf, das sind 70 Prozent. Mit den nächsten WMs, EMs und Bundesliga-Saisons werden die schon gewaltigen Summen weiter steigen. Mit jetzt 100 Millionen Euro für eine Bundesliga-Spielzeit wird es mit der neuen Lizenzrunde ab 2013/2014 längst nicht getan sein. Aber der Fußball lässt die Augen der Senderverantwortlichen glänzen: großes Publikum, junges Publikum, große Quote, die Konkurrenz auf die hinteren Plätze verwiesen. Das ZDF steigt im August in seine erste Champions-League-Saison ein. Für 18 Live-Spiele werden 54 Millionen Euro bezahlt. Die ARD kommentiert, damit „fließen wenigen internationalen Großvereinen indirekt erhebliche Gelder zu“.

Heißt: Die Mainzelmänner sind keine Patrioten wie die vom Ersten, die die Gebühren-Millionen nur deutschen Klubs und Kickern in die Taschen schieben. Danke, ARD. Joachim Huber

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