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Medien: Man druckt deutsch

Rund um den Globus: Immer mehr Zeitungen für Deutsche im Ausland

Die Costa Calida an der Ostküste Spaniens zwischen Costa Blanca und Costa del Sol: Bis zu 170 Kilometer fährt Stephan Kippes jeden Tag, um seinem Job nachzugehen: über Land und Leute zu schreiben. Seit einem Jahr ist er Redakteur der neu gegründeten Wochenzeitung „Costa Calida Nachrichten“ (CCN). „Ich wollte weg und konnte Spanisch, also bin ich hierhergekommen“, erzählt der 31-Jährige. Der große Vorteil seiner neuen Anstellung: Schreiben darf er weiter deutsch. Wie auch die Redakteure vom Magazin „Hallo“, das allerdings auf der anderen Seite der Weltkugel erscheint. In Thailand, genauer in Chonburi. Das deutschsprachige Magazin beschreibt die Faszination Bangkoks, erklärt aber auch, wie sich seine Leser vor Malaria schützen können. Ein paar Seiten weiter kommt die Anzeige der „Deutschen Zahnarzt Dental Clinic“, dann ein Artikel über Deutsche, die auswandern möchten. Denn „Hallo“ richtet sich vor allem an diejenigen, die nicht nur daran gedacht, sondern schon entsprechend gehandelt haben: deutsche Auswanderer in Thailand.

Etwa 3000 deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften gibt es im Ausland, 30 neue Titel sind in den vergangenen zwei Jahren dazugekommen. „Für Zeitungen ist das ein richtiger Boom“, sagt Ulrich Fischer von der Internationalen Medienhilfe (IMH). Der Hauptgrund: Die Deutschen zieht es ins Ausland. Über 145 000 haben nach Angaben des Statistischen Bundesamts 2005 das Land verlassen. Die meisten (14 400 im vergangenen Jahr) gehen in die Schweiz, dort werden vor allem Facharbeiter und Akademiker gesucht. Aber auch Urlaubsländer wie Spanien oder Italien liegen mit 7300 beziehungsweise 3400 Auswanderern hoch im Kurs. „Die Urlaubsländer haben sich zu Auswanderungsländern entwickelt“, sagt Fischer. Deshalb würden gerade hier deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften gegründet.

„Wir haben hier ein großes Potenzial für eine deutsche Zeitung gesehen“, sagt Thomas Liebelt vom Costa Nachrichten Verlag in Spanien, der zur deutschen Ippen-Zeitungsgruppe (unter anderem „Münchner Merkur“ und „tz“) gehört. Neben den CCN gibt das Unternehmen noch zwei weitere deutschsprachige Zeitungen heraus. Alle drei Wochenblätter richten sich an so genannte Residenten, an Deutsche, die den Großteil des Jahres in Spanien leben. „Frührentner, aber auch Leute, die hier arbeiten“, sagt Thomas Liebelt. Für sie berichtet er über verschmutzte Strände, das Nachtleben von Torreviejas oder die Einbruchserie in Murcia. Die Auflage der neu gegründeten Zeitung steigt langsam. Zurzeit liegt sie bei 2500 Stück. Die beiden anderen deutschen Titel des Verlages haben, bei einer Auflage von 10 500 und 25 000 Stück, so viele Leser wie kleine Tageszeitungen in Deutschland, beispielsweise das „Pinneberger Tageblatt“. „Mancher deutschsprachigen Zeitung in den Urlaubsregionen geht es besser als den Zeitungen im Inland“, sagt Ulrich Fischer von der Internationalen Medienhilfe. „Die Auslandsmedien haben eine feste Leserschaft, und diese ist meist sehr wohlhabend. Daher sind die Zeitungen auch für die Anzeigenkunden sehr interessant.“ Jenseits von Ippen auch für einheimische Verlage. Auch wenn in den Zeitungen deutsch geschrieben wird, die Kapitalgeber stammen mehr und mehr aus dem eigenen Land.

Die meisten Auslandszeitungen werden allerdings bisher mit viel Idealismus und wenig Geld gemacht. Sie sind für die Herausgeber eher Hobby als Beruf. „Nur 100 der Titel erscheinen überhaupt im Zeitungsformat, die anderen lassen sich unter der Gruppe Zeitschriften und Mitteilungsblätter zusammenfassen“, sagt Fischer. „Die meisten erscheinen höchstens einmal monatlich.“ Die Liste der Titel reicht von der etablierten Wirtschaftszeitung in Bulgarien über das monatliche Touristenmagazin in Spanien bis hin zum vierteljährlich erscheinenden Erbauungsblättchen in den USA. „Sogar am Südpol erscheint eine deutschsprachige Zeitung“, sagt Ulrich Fischer.

Die meisten Auslandszeitungen gibt es jedoch in den USA und in Italien, mit rund 300 Titeln, außerdem in Russland und neuerdings in Spanien. „Das ist hier eben genauso wie in Berlin-Kreuzberg: Erst kommen die Leute aus der Türkei, dann eröffnet der türkische Friseur sein Geschäft. Schließlich kommt die türkische Zeitung“, sagt Redakteur Stephan Kippes. Auf die Frage, ob er irgendwann nach Deutschland zurückkommen möchte, antwortet er nur: „Bei Ihrer Zeitung wird doch sicher keine Stelle frei, oder?“

Leila Knüppel

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