zum Hauptinhalt
Frank_Aust

© Foto [M]: promo/dpa

Mario Frank: Der Kulturbrecher

''Spiegel“-Geschäftsführer Mario Frank steht bei Mitarbeitern in der Kritik. Der Vorwurf: Frank wolle das Unternehmen zu einem rein betriebswirtschaftlich orientierten Haus wandeln.

Kaum ist beim „Spiegel“ die Chefredakteursfrage geklärt, zieht schon die nächste Unwetterwolke auf. Die zunächst leisen Proteste in Verlag und Redaktion gegen Geschäftsführer Mario Frank werden lauter. Der 49-Jährige, der von der „Sächsischen Zeitung“ kam, galt schon bei seinem Antritt vor einem Jahr als Sanierer, der von Zeitschriften und Fernsehen keine Ahnung habe und die so genannte „Spiegel“-Kultur nicht verstehe. Was anfangs als Gemurre einer verwöhnten Truppe abgetan werden konnte, hat sich zu einer ernsthaften Konfrontation entwickelt. „Spiegel“-Angestellte zu finden, die sich auch nur halbwegs neutral über Frank äußern, ist nahezu unmöglich.

Zahlreiche Verfehlungen werden Frank von seinen Kritikern angelastet. Er habe sich bei der Suche nach einem Nachfolger für Chefredakteur Stefan Aust ungeschickt angestellt. Sein Führungsstil gilt vor allem unter Kollegen in den Verlagsabteilungen als ruppig und unkooperativ. Strategisch habe der passionierte Schachspieler bislang viel probiert, aber kaum etwas zuwege gebracht. Eine Schweizer „Spiegel“-Ausgabe kam ebenso nicht in die Gänge wie ein von Frank geplanter Buchverlag. Die geplante (und gescheiterte) Beteiligung an der „FTD“ sei nicht so durchdacht gewesen, wie von Frank dargestellt. Die Mitarbeiter von Spiegel-TV habe er gegen sich aufgebracht. Dazu kommen kleine, aber symbolische Nadelstiche: Austs Stellvertreter Joachim Preuß sei von der traditionellen Dienstagskonferenz ausgeladen worden; die Mitarbeiter, die bisher per Kurier den „Spiegel“ bereits am Samstag bekamen, erhalten ihn jetzt wie alle Abonnenten am Sonntagmorgen.

Nun steht das Fass mit einer weiteren Aktion Franks kurz vorm Überlaufen: Die Ressortleiter des Nachrichtenmagazins haben in einem Brief an den Geschäftsführer gegen die Umstellung des Gehaltsbonussystems protestiert. Bisher war es gute „Spiegel“-Sitte, allen Redakteuren am Ende eines Jahres eine sogenannte Tantieme zu zahlen, die auf Basis ihrer Leistung im zurückliegenden Jahr berechnet wurde. Diese Tantieme wurde im darauffolgenden Jahr auf das Fixgehalt aufgeschlagen. Seit diesem Jahr läuft es nun anders: Die Tantieme fällt komplett weg, den Redakteuren wird nur bereits zu Jahresbeginn eine Gehaltserhöhung zugestanden, die sich an den Aussichten für das Geschäftsjahr orientiert. Für 2008 sei nur ein Inflationsausgleich drin gewesen. Das passt vielen Redakteuren verständlicherweise nicht: Die leistungsorientierte Entlohnung falle weg, zudem liege die Gehaltserhöhung nun deutlich hinter den sonst üblichen Zahlungen. Dabei sei 2007 ein Rekordjahr für den „Spiegel“ gewesen.

Die Ressortleiter fordern in ihrem Brief, die Umstellung rückgängig zu machen. Der Vorwurf: Frank wolle das Unternehmen von einem Verlag, in dem die Redaktion im Mittelpunkt stehe, zu einem rein betriebswirtschaftlich orientierten Haus wandeln. Was eine Minderheit im Verlag als die überfällige Anpassung eines überholten Systems sieht, begreift die Mehrheit als Kulturbruch. Zum Bonussystem wollte sich Frank nicht äußern.

Innerhalb der fünfköpfigen Spitze der Mitarbeiter KG, die 50,5 Prozent am Verlag hält, zeichnet sich offenbar eine leichte Mehrheit für die Ablösung von Frank ab. KG-Chef Armin Mahler und Cordelia Freiwald, die Franks Berufung unterstützt haben, könnten sich nun schlecht gegen ihn stellen, heißt es. Noch wolle die KG-Führung nicht über Frank abstimmen. Falls es so weit käme, müsste sich Mitgesellschafter Gruner+Jahr dem Willen der Mitarbeiter beugen. Bei G+J will man von einem Disput nichts wissen und verweist auf die guten Geschäftszahlen des vergangenen Jahres, für die Frank maßgeblich verantwortlich sei. Das ändert nichts daran, dass vorsorglich Namen für mögliche Alternativen gehandelt werden. Dazu zählt „Zeit“-Geschäftsführer Rainer Esser, den schon Franks Vorgänger Karl Dietrich Seikel holen wollte, und „Stern“-Geschäftsführer Ove Saffe.

Doch zunächst steht am kommenden Montag vor dem Arbeitsgericht Hamburg ein Gütetermin zwischen dem Verlag und seinem noch amtierenden Chefredakteur Stefan Aust an. Aust, der sein Amt an Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo abgeben wird, fordert offenbar die Auszahlung seiner Bezüge bis Ende 2010 und nicht nur bis Ende 2008, wie es der Verlag halten möchte. Rosenmontage können auch in Hamburg unbeschwerter ablaufen.

Zur Startseite