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Medien: "Master of Disaster": Meisers Menschenkette

Hans Meiser und ich haben etwas gemeinsam. Wir sind auf den Tag genau gleich alt.

Hans Meiser und ich haben etwas gemeinsam. Wir sind auf den Tag genau gleich alt. Nur hat Hans Meiser seine besten Tage hinter sich.

Nach 1700 Sendungen in neun Jahren verabscheidet sich der "Godfather of Talk" heute aus dem Palaver-Gewerbe - eine späte, aber weise Entscheidung. Denn inmitten seiner vielen Klone wie Oliver Geissen, Peter Imhoff und Andreas Türck wirkt der Mann mit dem "treuen Dackelblick" (Erika Berger) wie eine "Dakota", die zwischen ein paar nagelneuen Airbussen notgelandet ist, um ins Luftfahrtmuseum überführt zu werden.

Künftig wird Hans Meiser nur noch Feuerwehr- und Krankenwagen hinterher hetzen, um im "Notruf" bei der Bergung verunglückter Mopedfahrer und S-Bahn-Surfer dabei zu sein. Auf diese Weise bleibt der "Master of Disaster" (Ulla Kock am Brink) dem Katastrophen-Fernsehen erhalten, auch wenn in seinen Sendungen weniger Tränen fließen werden, dafür mehr Blut. "Das Finale", heute um 15 Uhr, ist also keines - nur ein Meiser-Special über Meiser nach dem Muster von "Das war Ihr Leben". Denn inzwischen gibt es im Fernsehen so viele Moderatoren, dass es keine Mühe macht, eine Sendung zu produzieren, in der Moderatoren andere Moderatoren interviewen, um zu erfahren, was diese von einem Moderator halten, der sozusagen das ganze Berufsbild geprägt hat.

Peter Kloeppel, Frauke Ludowig, Günther Jauch, Sabine Christiansen, Ulrich Meyer, Birgit Schrowange und viele andere bekennen, wie sehr sie Hans Meiser geschätzt haben und wie sehr sie ihn vermissen werden. Herbert Feuerstein hält eine launige "Festrede", in der er Meiser "das Spiegel-bild der Gesellschaft" nennt, und Katja Burkard ("Punkt zwölf") erklärt den Zusammenhang von Quantität und Qualität, wie er in Hürth bei Köln gilt.

Meiser habe "viel bewegt, vor allem sich selbst", nämlich 255 Kilometer im Studio, er habe "425 Stunden in der Maske verbracht", dabei "fünf Meter Puder" verbraucht, und wenn sich alle 14 000 Gäste, die er in seiner Sendung hatte, nebeneinander hinstellen und ihre Arme ausstrecken würden, gäbe das eine "Menschenkette einmal um den Globus".

Wie konnten wir bisher ohne diese Informationen anständig leben und ruhig schlafen? Jetzt können wir es, denn wir lernen den Menschen hinter dem Moderator kennen. Frank Elstner, der Meiser zu RTL nach Luxemburg geholt hat, erinnert sich, dass der Kollege immer nach "Sonderangeboten im Trierer Volksfreund" suchte und dann nach Trier fuhr, um dort billige Socken zu kaufen. Aber er sagt auch: "Ich bewundere Deinen Mut"; den hat Meiser nicht im Winterschlussverkauf bei Woolworth bewiesen, sondern als er einmal "mit Idi Amin telefonierte". Und Oliver Geissen berichtet, wie Meiser mal mit offener Hose eine Sendung moderierte. So jagt eine Mutprobe die nächste, man rechnet schon mit dem Schlimmsten. Aber es kommt noch ärger. Zum Schluss singt Jürgen Drews auf die Melodie von "Ein Bett im Kornfeld" ein Lied auf Hans Meiser: "Dein Abschied fällt uns tierisch schwer - wir vermissen dich sehr!" Da wird es sogar dem Jubilar unheimlich, er ahnt, das seine Mitarbeiter sich nicht bei ihm bedanken, sondern an ihm rächen wollten.

Seine letzten Worte sind ein unterdrückter Schrei nach Hilfe: "Oh Mann!" Ein grausames Ende der Hans-Meiser-Show, aber ein schöner Anfang für die nächste "Notruf"-Folge, diesmal live aus dem Rettungswagen.

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