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Medien: Mathias Döpfner: Der Weg an die Spitze des Springer-Verlages ist frei

Nicht seine journalistischen, sondern seine Managerqualitäten und sein Auftreten waren es, mit denen sich Mathias Döpfner dem Aufsichtsrat des Axel Springer Verlages empfahl. Die Früchte seiner Empfehlungen erntete der 37-Jährige am Montagabend.

Nicht seine journalistischen, sondern seine Managerqualitäten und sein Auftreten waren es, mit denen sich Mathias Döpfner dem Aufsichtsrat des Axel Springer Verlages empfahl. Die Früchte seiner Empfehlungen erntete der 37-Jährige am Montagabend. Seitdem steht fest: Döpfner ist der neue Supervorstand. Erst seit zwei Monaten ist er Vorstand Elektronische Medien. Schon in zwei Monaten ist er obendrein Zeitungsvorstand. Und in 16 Monaten übernimmt er von Gus Fischer den Vorsitz des gesamten Vorstands.

Als Fischer vor zweieinhalb Jahren dazu überredet worden war, Springer-Vorstandschef zu werden, kündigte er an, er wolle dafür sorgen, dass er vorerst der letzte Vorstandschef ist, der von außen geholt wird. Döpfner saß damals noch in einem ziemlich hässlichen Redaktionsgebäude von Gruner + Jahr. Mit viel Geld in der Hand, aber wenig Erfolg baute der promovierte Musikwissenschaftler dort im Auftrag von Vorstandschef Gerd Schulte-Hillen, bei dem er zuvor als Assistent gearbeitet hatte, die "Hamburger Morgenpost" um. Im Juli 1998 kam Döpfner dann zu Springer und übernahm die Chefredaktion der vom verstorbenen Axel Caesar Springer so geliebten "Welt". Mit sehr, sehr viel Geld in der Hand sollte er aus dem hochdefizitären konservativen Blatt eine moderne Zeitung machen, die in fünf Jahren erstmals in ihrer Geschichte eine schwarze Null schreiben sollte. Das wird nun die schwere Aufgabe von Döpfners bisherigem Vize, Wolfram Weimer, sein.

Schon jetzt kümmert sich Döpfner zunehmend um seinen neuen Vorstandsjob. Bereits an seinem ersten offiziellen Arbeitstag gab er eine Pressekonferenz, in der er ein Joint Venture für einen Online-Marktplatz für Events und Freizeit vorstellte. In Potsdam sind die Weichen für den künftigen zentralen Online-Standort von Springer gestellt, eine dreistellige Millionensumme für die Umsetzung des "Zwei-Säulen-Modells" (aus E-Commerce und gedruckten Medienmarken) sind bewilligt, die wichtigsten Posten sind besetzt, erst vor wenigen Tagen präsentierte Döpfner eine Immobilien-Plattform, und gestern kündigte er an, dass die Vermarktungsfirma zur Aktiengesellschaft umgewandelt wird. Döpfner hat sich tief in seine neue Vorstandsaufgabe gestürzt. Denn bis Montag schien klar: Er war zwar nicht Zeitungsvorstand geworden, wie es schon Ende 1999 geplant war. Da saß nämlich noch Claus Larass. Klar war aber auch, dass es in Zukunft nur einen geben könne. Bis dahin wollte Döpfner sich als Vorstand für die elektronischen Medien und Multimedia profilieren. Entsprechend legte er in den wenigen Wochen seit Juli ein unglaubliches Tempo vor.

Doch jetzt kam alles schneller als erwartet. Es wäre kein Wunder, wenn Döpfner etwas bange würde. Zum einen ist es seine Aufgabe, Springer multimedial auszurichten und die mehreren hundert Millionen Mark Investitionskapital nicht zu versenken, sondern bald wieder einzuspielen und Erlöse zu erzielen. Wie das geht, weiß niemand so recht. Darüber hinaus verantwortet er ab November auch die Zeitungen, von denen Europas größtes Zeitungshaus lebt, die 55,8 Prozent der Erlöse einbringen - und damit sämtliche Defizite (wie jenes der "Welt") und Investitionen (wie jene ins Online-Geschäft) ausgleichen. Am Montag richtete Döpfner seine Bitte an Fischer, keinen Tag früher als versprochen zu gehen. Die Zeit bis Januar 2002 braucht er dringend. Die Verantwortung und das Risiko wiegen schwer auf dem 37-Jährigen mit seinen Berufsstationen "Wochenpost", "Hamburger Mopo" und "Welt".

Der Aufsichtsrat, der eigentlich erst nächsten Dienstag getagt hätte, beschloss in seiner eilig für Montag einberufenen Sitzung einstimmig, dass Döpfner Zeitungsvorstand und künftiger Vorstandschef wird. Seitdem herrscht bei jenen, die bei Springer schon etwas länger arbeiten, reinster Galgenhumor. Sie gehören in den Augen der neuen herrschenden Klasse zur "old economy", die das, was die neuen Leute anschieben, skeptisch beobachtet. Sprecherin Edda Fels redet bereits von einem "Kulturwandel", den der jüngste "Geniestreich" zur Folge haben wird: Die Döpfner-Berufung sei "die strategisch richtige Entscheidung für eine konsequente Medienkonvergenz" und gebe "dem Haus eine einheitliche Stoßrichtung", die nur "von oben nach unten" funktionieren kann. Es gehe um die Frage, was im Unternehmen vorgelebt werde. Döpfner und mit ihm die neue Vorstandsriege sei so jung und könne so lange amtieren, dass erstmals die Führungskrise bei Springer für beendet erklärt werden könne, sagen die einen. Die anderen kritisieren, die Jungen Wilden würden zu wenig Erfahrung und Sachkompetenz mitbringen. Schon allein aus Gründen der Arbeitsbelastung wird bei Springer in Zukunft jedenfalls die zweite, dritte und vierte Riege an Bedeutung gewinnen. Döpfner gilt als jemand, der teamorientiert arbeitet und Aufgaben delegiert.

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