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Facebook macht sich weiter für die Werbewirtschaft hübsch.

© dpa/picture alliance

MEDIA Lab: Facebook im Sinkflug?

Manche Falschmeldung ist zu schön, um nicht gedruckt zu werden. Das galt auch für die Forschungsergebnisse über den Niedergang von Facebook. Niemand störte sich an den abenteuerlichen Bedingungen, unter denen sie entstanden.

Kurz vor der Übernahme von WhatsApp zum Preis von 17 Milliarden Dollar hat eine Forschungsarbeit weltweit Medienaufmerksamkeit erzielt, derzufolge Facebook bis zum Jahr 2017 kollabieren werde. Zwei Forscher vom Department of Mechanical and Aerospace Engineering der Princeton University prognostizierten dem sozialen Netzwerk ein ähnliches Schicksal wie MySpace, basierend auf epidemiologischen Modellrechnungen.

Die Geschichte war so „juicy“, dass die Redaktionen sie begierig aufgriffen. Viele Medien, darunter das „Wall Street Journal“ in seinem Market-Watch-Blog, verkündeten, es handle sich um eine Studie „der Princeton University“. Dienstbeflissen fügte der „Tages-Anzeiger“ in Zürich hinzu, diese Universität sei „renommiert“. Und laut dem „Manager Magazin“ belegte die Studie gar „hochwissenschaftlich“ den Niedergang von Facebook.

Die Story war einfach zu schön, um sie „kaputt“ zu recherchieren. Eigentlich müssten Journalisten ja schon hellhörig werden, wenn sich Forscher an einem Raumfahrt-Institut mit einem sozialen Netzwerk beschäftigen und sich dabei theoretischer Konzepte der Medizin bedienen. So viel Interdisziplinarität ist nämlich in der Wissenschaft ausgesprochen rar. Auch hatte die Forschungsarbeit noch nicht den „peer review“ überstanden, der Studie fehlte also das Prüfsiegel fachkompetenter Wissenschaftler, die das methodisch korrekte Vorgehen checken.

Arthur Schütz war der Altmeister der Falschmeldungen

Die Autoren – zwei Doktoranden – haben sich vermutlich einen Jux gemacht. Auch dazu gibt es eine Vorgeschichte. Bereits vor Jahren hat der Publizistikwissenschaftler Walter Hömberg an den Altmeister solcher Falschmeldungen erinnert, an Arthur Schütz. Ihm gelang es zu Beginn des 20. Jahrhunderts, den Zeitungen immer groteskere Geschichten unterzujubeln – darunter feuerfeste Kohle sowie einen rechteckigen Kreis.

Immerhin: dem Aktienkurs von Facebook konnte die Studie nichts anhaben: Der schoss raketenartig in die Höhe. Und ein humorbegabter Facebook-Sprecher hat die Geschichte smart gekontert: Mit der „wissenschaftlichen“ Prognose, dass bis 2021 Princeton all seine Studenten abhandenkommen würden.

Stephan Russ-Mohl

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