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Medien: Medienrepublik (95)

Matthias Kalle fragt sich, ob Roland Koch beim „Stern“ Artikel bestellt Schuld an allem ist natürlich diese verdammte Kälte, die die Medienrepublik nun schon seit Wochen im Griff hat. Was?

Matthias Kalle fragt sich, ob

Roland Koch beim „Stern“ Artikel bestellt

Schuld an allem ist natürlich diese verdammte Kälte, die die Medienrepublik nun schon seit Wochen im Griff hat. Was? Natürlich – anders als mit Herzenskälte ist es schließlich nicht zu erklären, dass alle, alle, alle Journalisten redliche Menschen mit Informationen über das Wetter langweilen. So fingen in den letzten Wochen schätzungsweise neunhundert Texte in deutschen Zeitungen mit dem Satz an „Es ist heiß.“ Donnerwetter, wenn man nicht aufgepasst hätte wie ein Luchs, wäre einem das glatt entgangen. Der Fernsehsender RTL hat sich eigens ein Logo zurechtgebastelt, das bei Beiträgen über das Wetter am oberen rechten Bildschirmrand auftauchte: „Der Jahrhundertsommer.“ Damit löst es „Die Jahrhundertflut“ ab und da wird noch einiges auf uns zukommen, denn das Jahrhundert ist ja gerade mal zwei Jahre alt.

Bisschen älter, genau genommen 21 Jahre älter, ist Philipp Mißfelder, der so aussieht, wie er heißt. Mißfelder ist irgendwas in der Jungen Union, der Nachwuchskader der CDU, vielleicht, er ist deren Vorsitzender, aber manche Dinge vergisst man lieber wieder ganz schnell. Nicht vergessen sollte man (allerdings weil es brillant, genial, sensationell war), wie Ralf Kabelka, Autor bei der HaraldSchmidt-Show, vor drei Jahren die Figur des von ihm erdachten CDU-Abgeordneten Dr. Udo Brömme spielte. Dieser Brömme, angelegt als junger Politikerkarrierist, zog in den Wahlkampf und zu seinen Slogans gehörte, neben „Zukunft ist gut für alle“, auch: „Alte Leute weg von der Straße!“ Und nun hat die Realität die Komödie eingeholt, und es tut gut, dass Mißfelder für seine Forderungen, alten Menschen reiche eine Krücke anstatt eines neuen Hüftgelenks, keine Lacher, sondern Verachtung erntet – er war in den letzten Wochen der schlimmste, weil kälteste Bürger der Medienrepublik, und er gehört eigentlich ausgewiesen.

Doch Moment! Mißfelder bekam dann doch noch Applaus, nämlich vom „Zwischenrufer“ Hans-Ulrich Jörges. Jörges, stellvertretender Chefredakteur des „Stern“, schrieb in seiner Kolumne, Mißfelder habe den Mut aufgebracht „das Schweigegebot zum Schutz der herrschsüchtigen Alten zu brechen“. Wusste man nämlich auch noch nicht: Dass eine Horde Greise dieses Land regiert und dass es ein heroischer Akt ist, alte Menschen zu beleidigen. Jörges analysiert messerscharf: „Wenn alle so über einen herfallen, kann der nur Recht haben.“ Demokratie ist aber auch eine dumme Sache. Und so fordert Jörges, der links antäuscht und rechts überholt, einen Generationsaufstand. Der würde ihm aber nicht bekommen, denn gerade für seine Generation würde das bedeuten: If you can’t stand the heat – get out of the kitchen.

Angenehm kühl dagegen muss es im „Girlscamp“ zugehen – dahin vorgewagt hat sich jemand anderes vom Politmagazin „Stern“ und möchte mit diesem Bild das System Angela Merkel erklären. Das hat man den Lesern aber nun auch schon tausend Mal erklärt und der Text, der absolut keinen Sinn macht, liest sich wie von Roland Koch und Friedrich Merz bestellt. Oder steckt da doch ein anderer dahinter? Lesen wir in der nächsten Woche, dass Philipp Mißfelder in drei Jahren ein geeigneter Kanzlerkandidat wäre?

Die Aussichten? Es bleibt kalt.

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