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Medien: Mehr Abwechslung im Äther

DVB-T wird zur Funkausstellung radiotauglich

Rund die Hälfte der Bundesbürger kann inzwischen über zwanzig Fernsehkanäle in digitaler Qualität über die Antenne empfangen. Jetzt startet die Medienanstalt Berlin Brandenburg (MABB) die nächste Stufe: Zur Internationalen Funkausstellung (2. bis 7. September) beginnt die Ausstrahlung von Radioprogrammen über DVB-T (Digital Video Broadcasting – Terrestrial) – im Rahmen eines zunächst einjährigen Pilotversuchs.

Im Äther haben anfangs rund 30 Programme Platz. Bei den meisten DVB-T- Empfängern reicht es aus, den Sendersuchlauf an der Set-Top-Box, die zwischen Antenne und Fernseher geschaltet ist, erneut zu betätigen. „Dann muss man nur noch die Box mit dem Radio verbinden“, erläutert Sascha Bakarinow, der den Versuch für die MABB koordiniert.

Welche Radiosender beim Pilotversuch dabei sind, steht noch nicht abschließend fest. Sicher ist die Beteiligung von Receiver-Hersteller Technisat. Rund ein Dutzend Kanäle liefert man zu, darunter Spartenkanäle zu Klassik, Country, Wissen sowie ein eigenes Kinderprogramm. Außerdem haben sich praktisch alle im Berliner Raum empfangbaren Privatstationen beworben, dazu Exoten wie das religiöse Radio Horeb und der Evangeliumsrundfunk ERF. Der RBB hat sich offiziell noch nicht entschieden, es zeichnet sich jedoch ab, dass die Öffentlich-Rechtlichen weiterhin auf ihr eigenes digitales DAB-Format (Digital Audio Broadcasting) setzen wollen – auch wenn das nicht sonderlich weit verbreitet ist.

Mit im Technisat-Paket enthalten sein wird auch Motor FM – derzeit teilt sich das Radio des Ex-Universalchefs Tim Renner die Frequenz 106,8 mit dem Kinderprogramm Radio Teddy und würde via DVB-T wieder 24 Stunden pro Tag per Antenne empfangbar sein. Für Motor- FM-Geschäftsführer Markus Kühn passt der neue Übertragungsweg sehr gut zur Zielgruppe: „Von den Studenten zum Beispiel sehen viele über DVB-T fern, weil das preiswerter ist als Kabel oder Satellit.“ Dabei war das Erlösmodell der Station ursprünglich stark auf das Internet zugeschnitten: Motor FM setzt auf neue Musik abseits des Mainstreams – Musikdownloads von Hörern sollten den Sender zumindest zum Teil finanzieren. In den Regelbetrieb soll dieser Service aber erst zur Popkomm gehen – die Verbreitung via Antenne kennzeichnete Renner zumindest für den Übergang als unverzichtbar.

Und auch für ambitionierte Amateure bietet die Technologie Chancen: Unter den Interessenten für die DVB-T-Plätze ist auch das Euskirchener Radio 700, das dort im Jahr 2002 als Veranstaltungsradio startete und sich danach ins Internet zurückzog. Oldies und Schlager prägen das Programm. „Weil das sonst keiner macht“, begründet der 25-jährige Mitbetreiber Christian Milling die Klangfarbe. Denn professionelle Ambitionen hat Radio 700 durchaus: In Baden-Württemberg hat man sich inzwischen einen Platz im digitalen Kabelnetz erkämpft. Die Nachrichten kommen vom Kooperationspartner Deutschlandfunk. Dazu bemüht man sich gerade, einen Sender im deutschsprachigen Teil Belgiens zu übernehmen, um für große Werbevermarkter interessant zu werden: „Wir möchten das, was wir in den Sender hineinstecken, auch wieder herausbekommen.“

„Technisch gäbe es kein Hindernis für ein Internetradio, bei DVB-T mitzumachen“, meint MABB-Mann Bakarinow. Das Sendesignal könnte sogar per Internet-Leitung zur Antenne gelangen, die Kosten lägen bei 8000 Euro – machbar auch für Non-Profit-Funker. „Wir haben allerdings ein faustdickes Problem“, so Bakarinow: „Im Moment gibt es für DVB-T nur stationäre Empfänger.“ Allerdings wird Technisat zur Funkausstellung ein mobiles Empfangsgerät präsentieren, auch Fujitsu Siemens stellt ein Notebook-Modul für den Mobilempfang vor.

Das Mobilitätsproblem eint die Digitalfunker mit den Internet-Radios: Selbst am heimischen PC sind die Online-Sender nur mit Breitbandzugang und Flatrate qualitativ brauchbar und ohne horrende Kosten empfangbar. Trotzdem sieht Motor-FM-Geschäftsführer Markus Kühn auch im Netz weiterhin Chancen: „Das Internet ist ein unverzichtbares Medium für die Generation der 20- bis 40-Jährigen."

„Stationen, die vom Internet leben können, gibt es noch gar nicht“, hält Sascha Benedetti von Twen FM (UKW 104,1) dagegen. Auch bei Twen FM betrachtet man das Projekt mit Interesse, hat aber mit DVB-H (Handy) eigene Pläne. Twen FM arbeitet an einem mobilen Musikfernsehen, empfangbar über Mobiltelefone und andere mobile Endgeräte.

Kai Kolwitz

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