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Glamourös zeigen sich Karl-Theodor zu Guttenberg (v.l.), seine Ehefrau Stephanie und Guttenbergs Eltern Christiane Henkell-von Ribbentrop und Enoch zu Guttenberg gerne, wie hier nach dem Benefizkonzert „Innocence in Danger“ 2009. Foto: Philipp Guelland/ddp

© ddp

Mit Schloss und Ross: Die Musterfamilie

Die "Dynastien"-Reihe der ARD widmet sich den "Guttenbergs“. Doch die Dokumentation ist allzu brav und bewundernd geworden.

Enoch Freiherr von und zu Guttenberg ist ein Pferdenarr. Im Zweispänner kutschiert er über die Ländereien der Familie, und von seinem Dressurtrainer lässt er sich kräftig durch die Reithalle scheuchen. Gerne hätte man gesehen, welche Figur eigentlich „KT“ hoch zu Ross macht – also Karl-Theodor, Enochs Sohn und der neue Lieblingspolitiker der Deutschen. Doch der will alles andere als hoch zu Ross daherkommen, und bei der Kavallerie ist er ja auch nicht, sondern Bundesverteidigungsminister. Im letzten Teil der ARD-Reihe „Deutsche Dynastien“ erfährt das Publikum etwas mehr über den familiären Hintergrund des smarten CSU-Aufsteigers.

Allerdings kommt der Film von Eckhart Querner blaublütig-schwer und ein bisschen zu bewundernd daher. Die Kamera schwelgt in Reichtum und Erfolg, alles glänzt und ist hübsch aufgeräumt im „Haus“, wie die Guttenbergs ihr Schloss bescheiden nennen. Und die Kommentare des Autors beschwören gerne mal den „Geist der Guttenbergs“. Bestehend vor allem aus Verantwortungsgefühl und Pflichtbewusstsein. Kritische Stimmen hat Querner keine gefunden. Wahrscheinlich gibt es sie nicht angesichts dieser Musteradelsfamilie. „Die kleinen Freiherren werden ganz unadelig erzogen“, heißt es da anerkennend über „KT“ und seinen jüngeren Bruder Philipp, einen Forstwirt und Ökologen, der die offenbar weitreichenden Ländereien – wie weit genau, lässt der Film lieber im Dunkeln – bewirtschaftet und nebenbei Präsident der Deutschen Waldbesitzerverbände ist.

Der Herr Minister sieht wie immer blendend aus und weiß seine Worte zu wählen. Man sollte bescheiden und bodenständig bleiben, auch „unabhängig genug, um ein anderes Leben zu führen“, sagt er. Den Hype um seine Person findet Karl-Theodor zu Guttenberg „gelegentlich absurd, nachgerade unheimlich“. Angela Merkel lobt seinen Witz, seinen Charme und seine tollen Umfragewerte. CSU-Chef Horst Seehofer tritt nur in Archivschnipseln auf, aber „KT“ beteuert erneut, man verstehe sich sehr gut. So weit, so bekannt.

Doch was ist mit dem schönen Foto, auf dem Karl-Theodor breit grinsend, unrasiert, in Holzfällerhemd und mit Kippe im Mundwinkel neben seinem ebenso unrasierten Vater steht? Vermutlich nur ein harmloser, fürs Foto gestellter Spaß. Aber wie konnte aus diesem unrasierten Bursche der glatte Politprofi werden?, fragt der Autor. Eine Antwort darauf hat er nicht.

Es sind dennoch allemal interessante, kantige Köpfe, diese Guttenbergs. In der Art, über die Familientradition zu reden, enthüllt sich Stolz, aber auch die Last, die die nachfolgenden Generationen damit zu tragen hatten. Prägend für die jüngere Familiengeschichte dieses alten fränkischen Adelsgeschlechts sei die Weigerung des 18-jährigen Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (1921-72) gewesen, sich als Wehrmachtssoldat an Judenerschießungen zu beteiligen. „Es spielte wirklich eine Rolle. Es wurde immer wieder besprochen“, sagt Enoch. Und: „Wir sind dazu erzogen worden, dass man für das, was man für richtig hält, zur Not auch sterben können muss.“

In den biografischen Details bleiben allerdings Lücken. Karl Theodor sei im militärischen Widerstand gegen die Nazis aktiv gewesen, heißt es. Genaueres erfährt man nicht. Später war er Staatssekretär unter Kanzler Georg Kiesinger. Er hatte in Geheimverhandlungen mit SPD-Fraktionschef Herbert Wehner die Große Koalition auf den Weg gebracht, stritt später leidenschaftlich gegen die Ostverträge und die Entspannungspolitik der sozialliberalen Regierung unter Willy Brandt.

Die politischen Hintergründe werden nur unzureichend erläutert, es geht mehr um die persönlichen Konflikte. Sein Sohn Enoch überwarf sich zeitweise mit dem Vater, weil er unbedingt Dirigent werden wollte. Nun warnt er vor einer Umweltkatastrophe, auch mal in einer Rede vor einem Konzert. Dass es darüber Differenzen mit seinem Ministersohn gibt, der ihn einen Apokalyptiker nennt, bleibt nicht unerwähnt. Aber über die Bruchstellen geht dieser Film in der auf Glanz polierten „Dynastien“-Reihe allzu flott hinweg.

„Deutsche Dynastien – Die Guttenbergs“, 21 Uhr, ARD

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