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Medien: „Mit Sport ist alles möglich“

Paulus Neef, einst New-Economy-Star von Pixelpark, macht sich jetzt fürs Handy-TV stark

Herr Neef, als Sie noch bei Pixelpark waren, haben Sie so manchen Hype kommen und gehen sehen. Nun engagieren Sie sich fürs Handy-TV. Was macht Sie sicher, dass das mobile Fernsehen kein kurzlebiger Hype wird?

Zuerst einmal: Das Internet ist ja nun alles andere als ein kurzlebiger Hype. Was wir vor zehn Jahren prognostiziert haben, ist eingetroffen, wenn auch manchmal mit einer gewissen Zeitverzögerung.

Einiges von dem kommt gerade jetzt richtig in Fahrt, zum Beispiel Online-Werbung. Das muss noch lange nicht für das Handy-TV gelten.

Es gibt eine Reihe wichtiger Indikatoren, die deutlich machen, warum der Markt reif ist für die Verschmelzung der drei Welten Fernsehen, Internet und Mobilfunk. Die Technik und die Bandbreite sind da, und die Endgerätehersteller haben ein originäres Interesse, immer wieder neue Produkte in den Markt zu bringen. Und die Mobilfunkanbieter wiederum wollen ihre Netze zusätzlich zur Telefonie auslasten.

Erste Erfahrungen wurden 2006 gemacht, als das mobile Fernsehen zur Fußballweltmeisterschaft im Probebetrieb lief.

Das hat vor allem dabei geholfen hat, das Thema in den Köpfen der Leute zu verankern.

Für das Jahr 2008 mit den Olympischen Spielen und der Fußball-Europameisterschaft sehen die Ziele anders aus.

Das stimmt. Große Sportereignisse sind ein gutes Vehikel, um neue Themen in den Markt zu bringen. Nach der derzeitigen Zeitplanung erwarten wir eine Entscheidung der Landesmedienanstalten zur Lizenzvergabe für Handy-TV in diesem Jahr noch vor der Sommerpause. Der Lizenzinhaber hat dann knapp ein halbes Jahr Zeit, die nötige Infrastruktur und Technik aufzubauen. Für Ende diesen Jahres, spätestens Anfang nächsten Jahres, ist dann der kommerzielle Start vorgesehen.

Sport allein wird dann nicht reichen.

Natürlich nicht: Die Landesmedienanstalten haben klar die Themen vorgegeben. Sport ist nur ein Genre, das besetzt werden muss. Neben dem Kanal für den elektronischen Programmführer werden 15 Programmplätze beziehungsweise Kanäle vergeben. Die werden neben Sport und Musik auch Lifestyle, Jugend, News, Unterhaltung, Regionales und Hörfunkangebote beinhalten.

Im Gegensatz zum klassischen Spielfilm, den sich kaum jemand an der Bushaltestelle ansehen dürfte. Was sind die richtigen Formate fürs Handy-TV?

Man darf das klassische Fernsehen nicht ausschließlich 1:1 aufs Handy übertragen. Das wird langfristig nicht funktionieren. Erst einmal erwartet der Nutzer zwar die Formate, die er auch vom Fernsehen kennt. Die wird er auch finden. Ausgehend von der besonderen Nutzungssituation, aktiv, unterwegs, kurze Nutzungsintervalle, muss es aber auch neue Formate im Minutentakt geben. Ganz wichtig ist zudem die Interaktivität. Über den Rückkanal können Sie an Votings, Transaktionen oder Chats teilnehmen, ohne das Medium zu verlassen. Ausschlag für den Markterfolg von Handy TV werden die Angebotsvielfalt, die Mischung aus Bewährtem und Neuem, vor allem dem täglichen Erlebnis des Nutzers sein. Diese Dinge wollen wir in den Vordergrund stellen.

Wie muss man sich das vorstellen?

An die Stelle des 15-Minuten-Nachrichtenblock tritt eine Informationssendung mit 30, 60 oder 90 Sekunden. Der Nutzer hat die Möglichkeit, sich aktiv an den Programmen zu beteiligen und sich Zusatzinfos, Services wie Ticket und Musik herunterzuladen oder exklusive Vergünstigungen für DVB-H Nutzer zu erhalten. Musik wird daneben sehr wichtig sein, speziell Musikevents, Sport natürlich…

Werden also doch die kompletten 90 Minuten eines Fußballspiels übertragen, oder ist es die Konferenzschaltung?

Mit Sport ist alles möglich. Die Live-Ausstrahlung von Sport-Events steht im Mittelpunkt. Hierzu soll mit einem oder mehreren Sportprogrammanbietern zusammengearbeitet werden, die einen Programmplatz belegen, aber auch in der Lage sind, attraktive Sportereignisse, beispielsweise mehrere Bundesligaspiele, Champions League, Fußball EM, olympische Wettkämpfe, nationale und internationale Wettbewerbe in massenattraktiven Sportarten teilweise auch parallel auf mehreren Kanälen auszustrahlen.

Was wird aus der 45-Minuten-Serie?

Die großen privaten Senderketten um RTL und ProSiebenSat1 werden mit ihren Programmen vertreten sein, auch mit den Serien. Die Inhalte, für deren Zusammenstellung wir selbst verantwortlich sein werden, sollen eher mobilspezifisch gestaltet sein mit Schwerpunkt auf Interaktivität und Innovation. Mobile Soaps werden eher im kurzweiligen Minutentakt laufen, damit der Zuschauer beispielsweise in den Handlungsverlauf direkt eingreifen kann.

Arbeiten Sie schon an der ersten Serie?

Wir selbst als Plattformgesellschaft nicht. Aber die Programmveranstalter, mit denen wir reden, haben entsprechende Inhalte im Köcher. Sie glauben gar nicht, was hier schon im Vorgriff produziert wurde. Aber: Viele Dinge müssen auch erst ausprobiert werden. In Portugal gibt es Sendungen, die gleichzeitig im Internet, im Fernsehen und mobil laufen und sich wechselseitig aufeinander beziehen, so dass man alle drei Medien nutzen muss, um dem roten Faden zu folgen.

Aber kann man davon leben?

Zur Refinanzierung brauchen Sie eine kritische Masse an Reichweite, die bei uns bei zwei Millionen Nutzern beginnt – abhängig von der Kostenbeteiligung der Programmanbieter an den Verbreitungsaufwänden – , womit wir für 2010 rechnen. Als Betreiber wollen wir an den monatlichen Abogebühren der Nutzer teilhaben. Zudem kann man über Transaktionsgebühren jeder Art Geld verdienen, also über das Shop-Geschäft, Votings, SMS, Downloads. Diese Gebühren wird man sich in einem entsprechendem Schlüssel zwischen den Marktteilnehmern, der noch nicht verhandelt ist, teilen. In einer zweiten Phase kommt noch die werbetreibende Industrie dazu. Mobiles Fernsehen wird ein Riesenwerbethema sein. Bei Pixelpark habe ich jahrzehntelang die großen Markenartikler als Kunden gehabt und kenne daher die Denkweise bis ins Detail. Mit dem klassischen TV-Spot und der Doppelseite im Magazin sind sie wegen der Streuverluste schon lange nicht mehr zufrieden. Zudem darf man nicht vergessen, dass viele Menschen ja nur noch mobil zu erreichen sind.

Das Interview führte Kurt Sagatz.

Paulus Neef, Gründer und Ex-Vorstandschef der Internet-Agentur Pixelpark hat 2003 in Berlin die Neva Media GmbH gegründet.

Firmenziel: Die „Vermarktung innovativer Geschäftsmodelle“

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