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Auf die Fresse, Alter! Jugend akzeptiert mehrheitlich Gewalt im Fernsehen.

© dpa

Mittel zur Unterhaltung: Jugendliche mögen Gewalt im Fernsehen

Junge Zuschauer haben mit Gewalt im Fernsehen weniger Probleme als älteres Publikum. Aber beide Gruppen befürchten, dass Gewalt im TV zu Gewalt im Alltag führt

Ein Grund zur Beunruhigung? In Deutschland stören sich junge Leute deutlich weniger an Gewalt im Fernsehen als ältere Zuschauer. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov sagten nur 25 Prozent der Menschen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren, im TV werde übermäßig viel Gewalt gezeigt. Dagegen kritisierten 52 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Befragten über 55 Jahren solche Szenen.

Insgesamt befinden sich die Kritiker knapp in der Unterzahl: 42 Prozent empfanden die Darstellung von Gewalt im Fernsehen als übermäßig, 44 Prozent hatten damit keine Probleme. Dabei spielte auch das Geschlecht eine wesentliche Rolle: Nur 35 Prozent der Männer, aber 48 Prozent der Frauen fanden, es gebe zu viel Gewalt auf dem Bildschirm. YouGov hat für die repräsentative Studie 1165 Menschen ab 18 Jahren online befragt.

Jugendliche unterhalten sich mit Gewalt

35 Prozent aus der jungen Gruppe fanden die Darstellung von Gewalt im Fernsehen unterhaltsam, bei der Altersgruppe 55 plus waren es nur neun Prozent. Auch diese Meinung hing stark vom Geschlecht ab: 31 Prozent der Männer sahen Gewalt im TV als Form des Entertainments, doch nur acht Prozent der Frauen. Alles in allem empfanden 19 Prozent der Befragten das Zeigen von Gewalt als unterhaltsam, eine große Mehrheit von 68 Prozent aber nicht. Recht homogen ist das Bild bei der Frage nach den Folgen: 70 Prozent der Menschen sind der Ansicht, dass Gewaltszenen im Fernsehen zu gewalttätigem Verhalten führen können, nur 17 Prozent bestreiten das.

Bei den jungen Zuschauern gehen 59 Prozent von einem solchen Effekt aus, bei den mindestens 55-Jährigen 81 Prozent. Männer befürchten zu 66 Prozent diese Folgen, Frauen zu 74 Prozent. Dass jugendliche Zuschauer einerseits Gewaltdarstellungen mit klarer Merheit akzeptieren, ja als Einschaltgrund begrüßen, zugleich Anstifter- und Nachahmereffekte damit verbinden, das wird in der Studie nicht weiter thematisiert.

Es darf davon ausgegangen werden, dass Jugendliche weniger sich selber gefährdet sehen, wohl aber andere Gleichaltrige in ihrem näheren oder ferneren Umfeld. Vielleicht ist das auch ihre Alltagserfahrung: Gewalt unter Jugendlichen und Gewalt gegen Jugendliche. Und wenn das Teil des Alltags ist, warum dann nicht Teil des Alltagsvergnügens, sprich des Fernsehkonsums?

Nun ist nicht so, dass die Programme mit durchschnittlich älterem Publikum, also die öffentlich-rechtlichen Angebote, weniger Gewaltunterhaltung im Sortiment haben. Bei RTL 2 oder ProSieben gibt es nicht mehr Schläge, Tritte, Tod als bei ARD und ZDF. Das hat seinen tieferen Grund darin, dass im Medium Fernsehen die Nachfrage das Angebot bestimmt. Auch die Öffentlich-Rechtlichen strahlen deswegen um 20 Uhr 15 am liebsten Krimis aus. Das Publikum belohnt sie dafür. Der „Tatort“ gewinnt immer bei der Quote, und das Format, das am Sonntag gewinnt, das gewinnt auch in der Woche.

ARD und ZDF gewinnen Publikum mit Krimis

Die ARD, deren Durchschnittspublikum über 60 Jahre alt ist, holte am Donnerstag mit dem Krimi „Nord bei Nordwest“ mit 4,68 Millionen den Tagessieg, am Freitag und am Samstag lag das ZDF – Durchschnittszuschauer jenseits der 60 – mit „Der Alte“ (5,27 Millionen ) und „Schwarzach 23“ (5,48 Millionen) jeweils vorne.

Jugendliche sind TV-Gewaltbefürworter, die älteren Zuschauer lehnen derartige Genres ab? Vielleicht sind die Jugendlichen auch nur ehrlicher, wenn sie gefragt werden, was ihre Lieblingsprogramme angeht. Oder auch: Jugend lügt nicht, Alter schon. Joachim Huber

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