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Klums

© pa/dpa

Model-Show: Das System Klum

Millionen Zuschauer werden wieder mitfiebern: Die vierte Staffel von "Germany’s Next Topmodel" startet – wie Heidi Klum und ihr Vater an den Strippen ziehen.

Lousia von Minckwitz erinnert sich noch gut daran, als sie vor einiger Zeit plötzlich den Vater von Heidi Klum an der Strippe hatte. Empört sei Günther Klum gewesen – die Inhaberin der renommierten Münchner Modelagentur Louisa Models hatte gewagt zu sagen, dass seine Tochter Heidi niemals ein Topmodel gewesen sei. Etwa eineinhalb Stunden musste von Minckwitz daraufhin mit Papa Klum diskutieren und erklären: „Heidi ist nie für wichtige Marken wie Chanel oder Dior bei Modeschauen gelaufen oder in deren Kampagnen gesehen worden. Deshalb war sie nie als Topmodel in der internationalen Modebranche anerkannt.“ Grund, sich zu ärgern, hat Günther Klum trotzdem nicht. Denn seiner Tochter ist das gelungen, was bisher wohl kein zweites Model geschafft hat: Heidi Klum ist eine weltweit anerkannte Werbe-Ikone, ein Marketinggenie, ein Quotenbringer. Elf Millionen Euro verdient sie laut „Forbes“ pro Jahr. Beispielsweise mit Werbeverträgen für Volkswagen und Douglas, mit Auftritten als Dessous-Model bei „Victoria’s Secret“, mit ihrer US-Casting-Show „Project Runway“ und nicht zuletzt mit „Germany’s Next Topmodel“.

Wenn die Casting-Show am Donnerstag auf Pro 7 mit der vierten Staffel startet, werden wieder Millionen Zuschauer mitfiebern. Nur eine der knapp 2500 Kandidatinnen wird am Ende der 17 Folgen auf dem Cover der „Cosmopolitan“ sein, nur eine von ihnen kann am Ende „Germany’s Next Topmodel“ werden – und nur eine Gewinnerin steht bereits jetzt schon fest: Heidi Klum.

Zusammen mit ihrem Vater hat sie kontinuierlich an ihrer Karriere gefeilt, nachdem sie sich beim von Thomas Gottschalk moderierten TV-Wettbewerb „Model 92“ gegen 25 000 Konkurrentinnen durchsetzte. Sie ließ ihren Namen schützen, gründete die Heidi Klum GmbH und installierte ihren Vater als Geschäftsführer, der schon vorher Experte für Marken war – als Produktionsleiter für „4711“. Und jetzt für die millionenschwere Marke „Heidi Klum“. Von seinem kleinen Büro in Bergisch-Gladbach aus koordiniert Günther Klum die Interviews seiner Tochter, wählt Termine aus und arbeitet bei „Germany’s Next Topmodel“ im Hintergrund mit. Wie sehr er hier an den Strippen zieht, ist von ihm persönlich nicht im Detail zu erfahren. Er kommuniziert kurz und knapp per Fax. Interviews will er nicht geben. Dabei würde man gerne wissen, was er zu einigen Gerüchten sagt. Beispielsweise dazu, dass er von den letzten verbleibenden Kandidatinnen, die angeblich mehrere Jahre vertraglich an die Heidi Klum GmbH gebunden sind, 40 Prozent Provision kassieren soll. Im „Stern“ hatte Klum das bestritten. Es seien weniger, sagte er dem Magazin. Wie viel, sagte er nicht. 20 bis 25 Prozent sind laut von Minckwitz in der Modelbranche üblich.

Pro 7 will zu Vertragsdetails keine Auskunft geben, betont aber, dass Günther Klum auf die Auswahl der Gewinnerin keinen Einfluss habe. Das „Topmodel“ werde durch die Jury aus Peyman Amin, Rolf Scheider und Heidi Klum gekürt und stehe nicht vorab fest. In der vergangenen Staffel hatte eine im Internet kursierende Liste für Aufregung gesorgt, die die Reihenfolge der letzten Kandidatinnen vorm Ende der Show wiedergab. Nur ein Zufall?

Fest steht zumindest, dass bis heute keine der Gewinnerinnen der letzten drei Staffeln ein international gefragtes Topmodel geworden ist. Barbara Meier, Siegerin der zweiten Staffel, hat für C&A und Haarpflege geworben. Auf dem Cover der „Vogue“ oder dem Chanel-Laufsteg ist sie aber ebenso wenig zu sehen, wie Lena Gercke, erstes „Topmodel“, und Jennifer Hof, Gewinnerin der letzten Staffel.

„Was wir noch nicht erreicht haben, ist der internationale Durchbruch“, stellt auch Günther Klum zur Karriere der Gewinnerinnen fest. Daran werde aber zusammen mit Pro7 hart gearbeitet. Brancheninsider bezweifeln jedoch, dass Günther Klum über ausreichend Erfahrung und ein entsprechendes Netzwerk verfügt, um die Gewinnerinnen international bekannt zu machen. Vielleicht ist das aber auch gar nicht das wichtigste Ziel. Vielleicht reicht es ja schon, dass die Siegerin einige gute dotierte Werbeverträge bekommt. Ein Jahr bleibt ihr Zeit, sich nach dem Ende der Staffel als neues „Topmodel“ zu etablieren. Dann ist die Nächste dran.

Die Gewinnerin der neuen Staffel wird aber noch nicht einmal – wie bisher – einen Vertrag mit der Agentur IMG bekommen. Die Siegerin erreiche „allein durch ihre Teilnahme an ,Germany’s Next Topmodel‘ eine so große Popularität, dass sie keinen Modelvertrag mehr gewinnen muss“, heißt es von Pro 7. Fortan werden die Gewinnerinnen deshalb nur noch durch die Pro-7-Firma Face your Brand und die Heidi Klum GmbH betreut. Ob auch die Provision fortan nur noch durch zwei Parteien geteilt wird, dazu sagen Sender und GmbH nichts.

Dass aus dem „Topmodel“ am Ende kein Topmodel wird, ist für den Erfolg der Casting-Show allerdings egal, solange die Mischung stimmt: Eine Heulsuse, eine Zicke, ein schüchternes Reh, ein Kumpeltyp, ein zunächst scheinbar hässliches Entlein, das zum schönen Schwan mutiert – die Produktionsfirma Tresor, Pro 7 und vor allem Heidi Klum haben ein Händchen dafür, die Show quotenwirksam zu inszenieren. Heidi Klum tritt aber nicht nur als Moderatorin auf, sondern ist auch Executive Producer der Sendung. Dass hier ohne sie nichts geht, zeigt allein der Name: „Germany’s Next Topmodel – by Heidi Klum“ heißt es offiziell. Ihr Mann Seal durfte in der letzten Staffel mit „Amazing“ dann auch den Titelsong singen.

3,67 Millionen Zuschauer schalteten damals durchschnittlich ein und bescherten ProSieben einen Marktanteil von 12,9 Prozent. Auch dieses Mal dürfte die Faszination nicht abnehmen. Weibliche Fans lieben es, Freundin und Feindin auszumachen, zu überlegen, ob sie nicht mindestens genauso gut wären. Männliche Fans sind glücklich, ohne bösen Seitenblick der Freundin über fremde Brüste, Pos und Beine urteilen zu dürfen. An Klum selbst scheiden sich allerdings die Geister: Die einen bewundern ihre Lockerheit und Bodenständigkeit, die sie sich trotz ihrer internationalen Karriere bewahrt hat. Anderen geht gerade dieses Auftreten als Strahlefrau auf die Nerven. Doch erst durch diese Disziplin und Professionalität konnte Heidi Klum zu der internationalen Werbe-Ikone werden, die sie heute ist.

Kein Wunder, dass sie als solche Vorbild für die Kandidatinnen der Casting-Show ist. Zwar werden auch aus ihnen vermutlich nie international erfolgreiche Topmodels. Aber immerhin: Einen Werbevertrag gibt es für die Gewinnerin garantiert.

„Germany’s Next Topmodel – by Heidi Klum“, Pro 7, 20 Uhr 15

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