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Medien: n-tv verlässt im Herbst Berlin

Der Nachrichtensender baut in Köln ein digitales Sendezentrum

Von Barbara Nolte

Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann n-tv Berlin verlassen würde. Am Mittwochabend hat der Aufsichtsrat des Nachrichtensenders dann einstimmig beschlossen, dass der Sender im Herbst nach Köln zieht. In Köln Ossendorf, wo bereits Vox und RTL2 ihren Sitz haben – beide Sender gehören wie n-tv zur RTL Group – plant der Sender den Bau eines digitalen Sendezentrums. „Wir wollen Synergieeffekte im Bereich IT und Technik erzielen“, sagt n-tv-Gesellschafter Johannes Züll. Das bedeutet zum Beispiel, dass n-tv zwar sein eigenes kleines Studio hätte, in dem die Nachrichten verlesen werden. Doch ein größeres Studio sowie zusätzliche Schnittplätze könnte n-tv zusammen mit den anderen Sendern nutzen. Redaktionell gebe es aber keine Zusammenarbeit, sagt Züll – auch nicht mit den RTL-Nachrichten. „Schon allein, weil wir unterschiedliche Zielgruppen haben.“ n-tv richtet sich vorwiegend an Männer zwischen 30 und 59, die RTL Nachrichten wollen ein gemischtes Publikum zwischen 14 und 49 erreichen.

Trotzdem steht durch den Umzug ein Teil der 270 Arbeitsplätze bei n-tv auf dem Spiel. Im Januar kursierte in der Presse bereits eine Zahl: 100. n-tv will die Zahl nicht bestätigen. „Jedem Mitarbeiter, dessen Funktion in Köln erhalten bleibt, machen wir in den kommenden Wochen ein Angebot“, sagt Johannes Züll. Die Börsenberichterstattung bleibt in Frankfurt. Geschäftsführung und Chefredaktion sollen ihren Sitz künftig zum Teil in Berlin und zum Teil in Köln haben. Die Parlamentsredaktion, die Talkshows sowie die Mitarbeiter für Online und Videotext bleiben am Standort Berlin. Sie ziehen aber aus dem n-tv-Hauptsitz in der Jägerstraße ins RTL- Hauptstadt-Studio am Schiffbauerdamm um. „Es werden also immerhin noch Bilder von Berlin über n-tv ausgestrahlt“, sagt der Sprecher der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Christoph Lang. Seit Monaten führte seine Behörde zusammen mit dem Medienboard, der Senatskanzlei und der Wirtschaftsförderung mit n-tv Gespräche, um den Sender in der Stadt zu halten. Anstatt des großen Altbaus in der Jägerstraße soll dem Sender angeblich eine neue kleinere Sendezentrale angeboten worden sein. Auch bei Logistik und Infrastruktur hätte Berlin wohl geholfen. „Wir haben ein ordentliches Package geschnürt“, sagt Senatssprecher Michael Donnermeyer.

Bislang soll sich CNN/Time Warner, dem neben RTL die Hälfte von n-tv gehört, gegen die Umzugspläne gestellt haben. Die Amerikaner sollen den Imageverlust gefürchtet haben, wenn der Nachrichtensender aus der Hauptstadt wegzieht. Am Mittwoch votierten aber auch die CNN/Time Warner-Vertreter im Aufsichtsrat für den Umzug. „Wir sind für das, was die Zukunft von n-tv sichert“, sagt CNN-Sprecherin Amelie Heinrichsdorff. „Denn wir wollen uns nicht mit Zweite-Weltkriegs-Trash und einstündigen Specials über das Thema Orgasmus über Wasser halten, wie N24 das tut“, ergänzt der RTL-Chefredakteur und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von n-tv, Hans Mahr. Die beiden Gesellschafter stellten außerdem zehn Millionen Euro für den Bau des digitalen Sendezentrums zur Verfügung.

Der Umzug ist ein weiterer Schritt des Sanierungsplans, den Johannes Zülls Vorgänger Helmut Brandstätter eingeleitet hatte. Bis Ende 2005, sagt Züll, soll n-tv wieder profitabel sein.

1992 gegründet, schrieb der Nachrichtensender nur in den Jahren 1999 und 2000, in denen sich die New Economy aufblies, schwarze Zahlen. n-tv konnte sich damals als der Börsensender profilieren. Mit dem Zusammenbruch der High-Tech- Branche brach für n-tv der Werbemarkt weg. Im vergangenen Jahr wurde ein Minus von beinahe 20 Millionen Euro erzielt. Der Sender trennte sich bereits von vielen Mitarbeitern. Im November stellte er seine Talkshows „Talk in Berlin“ mit Klaus Bresser und „Der Grüne Salon“ mit Andrea Fischer und Claus Strunz ein. Ob die Talkshow „Maischberger“ längerfristig weitergeführt werde, ist noch offen. Die ARD drängt darauf, Sandra Maischberger, die im Ersten „Menschen bei Maischberger“ moderiert, exklusiv zu haben. Züll sagt: „Zurzeit werden über das Format ,Maischberger’ Verhandlungen geführt.“

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