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Foto: ddp

© dapd

Nach der Insolvenz: „Unsinnig aufgebläht“

dapd-Investor Ulrich Ende über die Fehler der Vergangenheit und die Zukunft der Nachrichtenagentur.

Herr Ende, sehen Sie sich eher als Journalist oder als Investor?

Ganz klar, ich bin Journalist. Gerade deshalb reizt mich die journalistische Herausforderung, mit der dapd eine zweite große Nachrichtenagentur neben der dpa im deutschen Markt erfolgreich zu machen.

Im Oktober hat die dapd überraschend Insolvenz angemeldet, auch die Vorgängeragentur Deutscher Depeschendienst, die ddp, ging mehrfach pleite. Warum sollte Ihnen als neuer Investor jetzt das gelingen, was Ihre Vorgänger nicht geschafft haben?

Die dapd ist in den vergangenen zwei Jahren auf eine wirtschaftlich unsinnige Weise aufgebläht worden. Von 130 Mitarbeitern auf 300. Einen zweiten Sportdienst braucht beispielsweise niemand, weil es nun mal nur eine Sichtweise auf das geschossene Tor gibt. Aber dass es mit der Deutschen Presse-Agentur, der dpa, quasi eine genossenschaftliche, allumfassende erste Kraft gibt und sich dahinter alle anderen anzustellen haben, das kann doch auch nicht sein, was der deutsche Journalismus will, was dem gesellschaftlichen Pluralismus gut tut.

Ihre Vorgänger, die Investoren Martin Vorderwülbecke und Peter Löw, haben sich darüber beschwert, dass die dapd beispielsweise durch das Bundespresseamt oder die öffentlich-rechtlichen Sender deutlich schlechter bezahlt worden sein soll als die dpa. Wie wollen Sie das ändern?

Ich will die Kollegen damit überzeugen, dass ich Qualität abliefere und wenn denen das gefällt, werden sich Fragen nach Gleichbehandlung sicher auch erübrigen.

Vorderwülbecke und Löw sollen jeden Monat eine Million Euro zugeschossen haben, um die dapd am Leben zu halten. Wären Sie ebenfalls dazu bereit?

Nein und das ist auch wirtschaftlich unsinnig. Wenn ich nicht akzeptiert werde, werde ich nicht akzeptiert, Punkt. Das muss ich dann mit der gebotenen Demut zur Kenntnis nehmen. Wir leben in einer Marktwirtschaft.

Zwei Millionen Euro werden Sie zusammen mit fünf anderen Investoren in die dapd stecken. Welche Rendite wollen Sie?

Nach der Restrukturierung steht die Agentur jetzt plus minus null da. Und das ist eine gute Basis, um die dapd schnell wieder auf solide Beine zu stellen. Seitdem am Freitag bekannt wurde, dass ich die dapd übernehme, habe ich mehrere Kooperations- und Investitionsangebote bekommen, das macht mich sehr zuversichtlich.

98 Mitarbeiter haben im Zuge der Sanierung ihren Arbeitsplatz verloren. Stehen weitere Kündigungen an?

Ich werde leidenschaftlich für jeden Arbeitsplatz kämpfen.

Aber eine Garantie gibt es nicht?

Wo in diesem Leben gibt es eine Garantie? Aber ich bin Optimist und deshalb nervt es mich, dass wir im deutschen Journalismus gerade ständig die Haare in der Suppe suchen, um daraus einen Zopf zu flechten, anstatt gemeinsam an unserer Zukunft zu bauen.

Auf ein Haar in der Suppe muss ich hinweisen: Der Neustart wird erschwert durch den Rückzug der Associated Press, die die dapd künftig nicht mehr beliefern wird.

Wir arbeiten gerade an einem Angebot, das unsere Kunden sicher überzeugen wird.

Und wie soll das aussehen? Wo wollen Sie Schwerpunkte setzen?

Wir werden auf alle Fälle eigenständigen Qualitätsjournalismus mehr in den Vordergrund stellen.

Werden Sie die dapd anlässlich des Neustarts umbenennen? Zurück in ddp?

Ich mag diese Marketing-Spielchen überhaupt nicht und in der derzeitigen Situation möchte ich meinen Verstand für anspruchsvollere Aufgaben im Sinne der Kreativität fürs Unternehmen anwenden. Aber ich bin für wenn eine Umbenennung offen. Wenn jemand eine gute Idee hat, dann stell ich dem eine Flasche Champagner auf den Tisch.

Das Gespräch führte Sonja Pohlmann.

Ulrich Ende, 60, übernimmt die insolvente Nachrichtenagentur dapd. Früher war er Geschäftsführer des TV-Senders N24. Zuletzt restrukturierte er Fernsehsender in Bulgarien.

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