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Nachfolger gesucht. Nach viel Partei-Hickhack wurde Markus Schächter vor neun Jahren zum ZDF-Intendanten gewählt. Jetzt zieht der 61-Jährige einen Schlussstrich. Foto: ZDF

© Carmen Sauerbrei

Nach zwei Amtszeiten: Mit dem Zweiten…

…sah man besser. ZDF-Intendant Markus Schächter will aufhören. Für das beginnende digitale Jahrzehnt soll ein anderer die Weichen stellen.

Das ZDF kommt nicht zur Ruhe. Erst der schwere Unfall eines Stunt-Kandidaten beim Show-Flaggschiff „Wetten, dass…?“ im Dezember, dann die diversen Schleichwerbungsvorwürfe, nun das: ZDF-Intendant Markus Schächter will aufhören, er steht für keine dritte Amtszeit zur Verfügung. Dies habe er den Aufsichtsgremien des Senders mitgeteilt. Für das „beginnende digitale Jahrzehnt“ solle ab 2012 sein Nachfolger die Weichen stellen.

Diese Meldung ist vielleicht nicht gerade ein medialer Paukenschlag, aber zumindest ein Zeichen in schwierigen Zeiten. Das ZDF und Schächter haben schon bessere Schlagzeilen gehabt als in den vergangenen zwölf, 13 Monaten, seit der umstrittenen Ablösung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender durch Peter Frey im Frühjahr 2010. Eine dritte Amtszeit will sich Markus Schächter jedenfalls nicht mehr antun. Am 14. März 2012 endet Schächters Mandat. In einem Brief an die Mitglieder des Fernseh- und Verwaltungsrates teilt Schächter am Montag mit, dass er sich nicht um weitere fünf Jahre als ZDF-Intendant bemühen werde.

In einem epd-Interview gibt Schächter darüber hinaus bekannt, es sei seine persönliche Überzeugung, dass Spitzenpositionen in Top-Unternehmen nur in klarer Befristung erfolgreich ausgeübt werden könnten. „Zwei Amtsperioden sind in meinen Augen ein gutes Zeitmaß und zehn Jahre die richtige Zeitspanne. In diesem Rahmen können Ziele definiert, ein Team zusammengeführt und die Ziele dann erfolgreich umgesetzt werden.“ Danach sei es Zeit, die Führung in andere Hände zu legen. „Die Vorsitzenden des Fernsehrats und des Verwaltungsrats kennen meine Position in dieser Frage seit langer Zeit.“ Das klingt versöhnlich, genauso wie eine weitere Begründung für den nach Amtsverzicht: Schächters Nachfolger werde im beginnenden „digitalen Jahrzehnt“ des Fernsehens „tiefgreifende Entscheidungen“ treffen müssen, deren Realisierung „über die Zeitspanne einer nächsten Amtsperiode hinausreichen“.

Auf seine bald zehnjährige Amtszeit blickt Schächter in dem Brief zufrieden zurück: Dass er die Senderfinanzen in Ordnung gebracht habe, hält sich Schächter ebenso zugute wie die Gründung des Programms ZDFneo, mit dem sich das ZDF „aus dem Korsett des Einkanalsenders“ befreit habe. Zudem sei das Zweite technologisch „Innovationsmotor“ und „Lokomotive für die erfolgreiche Digitalisierung der Fernsehwelt“. Weniger ist dabei die Rede von der Causa Nikolaus Brender, für dessen Vertragsverlängerung sich Schächter vor über einem Jahr gegen den Widerstand von Unionspolitikern im Verwaltungsrat in die Bresche geworfen hatte. Vergeblich. Eine schwere Niederlage für den ZDF-Intendanten, die wohl mehr in Erinnerung bleibt als die Digitalisierung der Fernsehwelt.

Nun werden die Fernsehratsmitglieder über Schächters Nachfolger diskutieren – und streiten, wie man es von dem Gremium, das von politischen Parteien bestimmt wird, kennt. Der Fernsehrat will auf einer Sitzung am kommenden Montag die Suche nach einem Nachfolger für Schächter starten. Das Treffen des Erweiterten Präsidiums am 31. Januar sei seit längerem geplant gewesen, teilte der Vorsitzende des Fernsehrates, Ruprecht Polenz, mit. Das Gremium wolle sich möglichst schnell über ein Wahlverfahren verständigen. Als möglicher Kandidat wird Programmdirektor Thomas Bellut gehandelt. Belluts Nachfolger könnte Norbert Himmler werden, Senderchef von ZDFneo, dem recht erfolgreichen digitalen Ableger im Zweiten.

Der Intendant wird gemäß ZDF-Staatsvertrag vom 77-köpfigen Fernsehrat für die Dauer von fünf Jahren in geheimer Wahl gewählt. Erforderlich sind die Stimmen von mindestens drei Fünftel der Mitglieder. Markus Schächter war am 9. Dezember 2005 mit nur einer Gegenstimme, dem besten Ergebnis, das ein Intendant in der ZDF-Geschichte je erreicht hat, für seine zweite Amtszeit von 2007 bis 2012 wiedergewählt worden. Was viele schon wieder vergessen haben: Am Anfang galt der als liberal-konservativ geltende Medienmann als Verlegenheitslösung. Nach monatelangem Partei-Hickhack wurde Schächter vor neun Jahren zum ZDF-Intendanten gewählt.

Ein seltsam heterogener Gesamteindruck, den diese ZDF-Intendanz hinterlässt. Schächter verbrachte fast sein ganzes Berufsleben in verschiedenen Funktionen auf dem Mainzer Lerchenberg. Vielleicht kann sich der gebürtige Pfälzer ab März 2012 neben Joggen und Bergsteigen anderen Professionen widmen. „Ich würde gerne mal wieder einen Film machen“, sagte der Noch-Intendant im Interview zum 60. Geburtstag.

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