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Medien: Natürlich zahl’ ich – nicht

Hans-Peter Siebenhaar fordert eine freiwillige Rundfunkgebühr. In Berlin findet er Unterstützer.

Eigentlich gefallen Hans-Peter Siebenhaar nur drei Dinge an ARD und ZDF so richtig gut: Der Sender Phoenix, der „Tatort“ aus Münster und die Nachrichten. Mit allem anderen geht er in seinem Buch „Die Nimmersatten – Die Wahrheit über das System von ARD und ZDF“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgesprochen hart ins Gericht. Am Donnerstag stellte er seine Generalabrechnung im Münzsalon in Berlin vor. Widerspruch erntete er kaum. Für die meisten Gäste ist der Journalist das, was die GEZ nicht zu bieten scheint: eine Beschwerdestelle.

Da ist etwa die Dame, der vor 20 Jahren ihr Fernseher bei einem Einbruch gestohlen wurde. Seitdem hat sie keinen neuen und fühlt sich „total erleichtert“. Von der Gebühr ist sie künftig trotzdem nicht befreit. Mit der Umstellung des Gebührensystems auf die sogenannte Haushaltsabgabe muss jeder zahlen, egal, ob er ein Rundfunkgerät hat oder nicht. Taubstumme sind ausgenommen. Siebenhaar spricht denn auch von einer „ARD/ZDF-Steuer“. Das besondere Problem der Dame: Mit der neuen Abgabe muss sie von Januar an gleich drei Mal zahlen. Die Haushaltsabgabe richtet sich nur nach dem Wohnsitz und davon hat sie nun einmal gleich drei – wenn auch keinen einzigen Fernseher. „Wohin kann ich mich wenden?“, fragte sie Siebenhaar. Das wußte er nicht, aber er verstand sie.

Denn er hat noch zahlreiche andere Ungerechtigkeiten in seinem Buch aufgelistet und fordert daher, die Abgabe für die Anstalten freiwillig zu machen. Eine Art öffentlich-rechtliches Pay-TV.

Ob das die Qualität des Programms allerdings verbessern würde, bezweifelte zumindest der österreichische Medienmanager Gerhard Zeiler (früher RTL-Group, heute Turner Broadcasting System International). Er war ebenfalls zu der Buchvorstellung geladen und sollte einen Gegenpol zu Siebenhaars Thesen bilden. Ein freiwilliges Zahlsystem würde die Programmdirektoren zwingen, die Qualität sogar noch abzusenken, meinte Zeiler: „Wer auch immer das dann zu verantworten hätte, würde zu Massenprodukten tendieren. Und das hieße: mehr Fußball, mehr Unterhaltungssendungen.“ Kulturelles bliebe auf der Strecke. Eine Gesellschaft müsse sich entscheiden, ob sie es sich leisten wolle, für ein Angebot zu zahlen, das die privaten Sender nicht abdecken könnten. Vergleichbar sei das mit einem Opernhaus, das auch nicht jeder besuche, die Gesellschaft habe sich aber darauf geeinigt, dass es eben zur Kultur dazugehöre.

Ob es aber auch zur Kultur gehört, dass ARD und ZDF nur ungenügend transparent machen müssen, was sie mit den Gebühren genau anstellen, bezweifelte nicht nur Hans-Peter Siebenhaar. Er hat das Publikum hinter sich. „Lässt sich das System überhaupt reformieren?“, fragte jemand. „Wenn, dann muss der Druck von unten kommen“, meint Siebenhaar.

Im Münzsalon gab es dazu schon Ideen: „Bei der nächsten Schmonzette, die die ARD sendet, sollte im Abspann stehen, wie viel die Produktion gekostet hat“, sagte einer. Dann, so meinte er, würde sich der Protest schon von ganz allein regen. Sidney Gennies

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