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Medien: "Net-Zeitung": Totengräber des gedruckten Blattes - Start im September

Eine Menge Geld hat dem ehemaligen "Stern"-Chef Michael Maier der Rauswurf bei Gruner + Jahr gebracht. Er bekam zwar nicht ganz die von ihm geforderten 2,5 Millionen Mark.

Eine Menge Geld hat dem ehemaligen "Stern"-Chef Michael Maier der Rauswurf bei Gruner + Jahr gebracht. Er bekam zwar nicht ganz die von ihm geforderten 2,5 Millionen Mark. Doch der gebürtige Österreicher und gelernte Organist kann sich nun das Risiko leisten, Chefredakteur einer Internet-Zeitung zu werden. Und das ist Maier jetzt. Das Blatt, oder besser gesagt der Online-Dienst, kommt aus Norwegen und heißt dort "Nettavisen", in Deutschland "Netzeitung". Etwa 15 Leute sitzen derzeit in der Berliner Redaktion und produzieren Dummies, aktualisieren ihre Probeläufe, schreiben Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Sport. Mehr als 30 Redakteure sollen es einmal sein. Nach dem Anpfiff der Fußball-Bundesliga, so heißt es aus der Redaktion, will die "Netzeitung" durchstarten, Anfang September wohl. Maier startet mit Verspätung am 1. Oktober. Bis dahin leitet die Redaktion Geschäftsführer Knut Ivar Skeid. Skeid glaubt an die werbefinanzierte Online-Zeitung und an den Untergang der gedruckten Zeitung. Den sieht er in 20 Jahren kommen. Deshalb spart sich die schwedische Muttergesellschaft Spray eine Print-Version. "Internet und TV wachsen zusammen, da werden sich die etablierten Zeitungen noch umschauen", sagt Skeid.

In Norwegen - der Heimat von Skeid und "Nettavisen" - gehen schon 44 Prozent der über 16-Jährigen ins Netz, in Deutschland nur nur etwa 21 Prozent. Zudem brachte das Internet 1999 150 Millionen Mark Werbeumsatz - Tageszeitungen beinahe zwölf Milliarden. "Zu früh", um an Gewinne zu denken, heißt es aus der OMS, dem Online-Vermarkter von 51 Regionalzeitungen. OMS-Geschäftsführer Georg Hesse, hingegen verbreitet Zuversicht: "2010 werden mit Online-Werbung fünf Milliarden Mark umgesetzt." Da kann man nur Glück wünschen. "Heute ist die Online-Ausgabe einer Zeitung schon mehr als nur ein Prestige-Objekt", erzählt Hans-Joachim Fuhrmann, Sprecher des Zeitungsverleger-Verbandes, auch wenn da noch keiner Geld verdiene. Online-Abos lohnten sich nicht, der Werbemarkt sei unterentwickelt, so Fuhrmann. Eine gewisse Dynamik könne man zwar erkennen, vor allem bei den Kleinanzeigen. Eine Konkurrenz für die Zeitung sehe er, Fuhrmann, aber in ferner Zukunft.

Selbst wenn sich irgendwann eine Online-Zeitung rentieren sollte, stehen schon -zig andere Titel im Netz, die sich seit Jahren auf dem Print-Markt einen Namen gemacht haben. Knut Ivar Skeid bringt viel Hoffnung mit: "Wettbewerb gibt es auf jedem Markt." Die Größe sei heute nicht mehr entscheidend: "Wer schneller ist, gewinnt, deshalb hat auch AOL Time Warner übernehmen können."

Matthias Hochstätter

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