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Saumäßig.  Franz (Sebastian Bezzel, links) und Moratschek (Sigi Zimmerschied) staunen über den Schweinskopf in Moratscheks Bett.

© ARD Degeto/BR/Constantin Film

Neue "Eberhofer"-Verfilmung: Dorfdeppentum im ARD-Fernsehen

Wenn Klischeefiguren Bayernklischees aufführen: Der Krimi „Schweinskopf al dente“ zeigt, dass das Erste auch dritte Fernsehliga kann.

Sakra, sakra: Bierleichen, richtige Leichen, abgetrennter Saukopf im Bett. Das Schlimmste aber ist die optische Erfüllung der ewig unerfüllten Forderung außerbajuwarischer Fußballfans: Zieht den Bayern die Lederhosen aus. Es feinrippt, es boxershortet, was die Verbergung männlichen Gemächtes an Charme so hergibt.

So viel Unterhose jedenfalls war nie wie in diesem grobianisch dahintorkelnden Regionalkrimi (Regie: Ed Herzog), der Verfilmung des dritten Romans der aus Oberammergau stammenden Autorin Rita Falk. Nach „Dampfnudelblues“ und „Winterkartoffelknödel“ (beide auch verfilmt von Ed Herzog) wird im Ersten in Erstausstrahlung dieses tierische Haupt serviert, dem alles Hirn, vor allem alle Regionen, in denen Charme und Ironie wohnen, entfernt wurde – Schweinskopf al demente sozusagen.

Vergeblich hatte der Literaturkritiker Denis Scheck 2011 Rita Falks erschienenes Hirnlos-Buch nicht zuletzt aus stilistischen Gründen („Dem Leopold-sein-Auto“) in den Müll befördert. Egal. Möglichst viele erwachsene Männer in Unterhosen würden die Pointen-Dürre vergessen machen, spekulierten die Fernsehmacher. Vergeblich.

Der ARD ihr Film jedenfalls ist ein Tiefpunkt, dritte Liga im Ersten. Held der niederbayerischen Dampfnudel-Winterknödel-Schweinskopf-Reihe aus dem fiktiven Ort Niederkaltenkirchen ist Kommissar Franz Eberhofer, den Sebastian Bezzel so mürrisch abwesend spielt, als verarbeite er noch die Traumata seiner Bodensee-„Tatort“-Assistententätigkeit unter Eva Mattes. Vielleicht liegt hier aber auch die Verwechslung von bundesdeutscher Schlechtlaunigkeit mit bayerischem Grantlertum vor – das eine inzwischen schauspielerischer Sparmodus in vielen Krimis, das andere eine Herausforderung, für die sich dieser Film keine Zeit nimmt.

Bühne für flaches Kasperle-Theater

Er benutzt die Landschaft und die Menschen als Bühne für ein flaches Kasperle-Theater, in dem Klischeefiguren Bayernklischees aufführen. Bauerntölpeltheater auf Ballermannniveau. Unfassbar, wenn man in Filmen wie in denen von Fassbinder bis Marcus H. Rosenmüller („Wer früher stirbt, ist länger tot“) die wunderbare Vermischung aus Abgründen und Wunderträumen, die Poesie der bayrischen Seele erlebt hat. Wer wirklich Humor will, muss auch lieben, was er verspottet. Der Schweinskopf dagegen reiht Gag an Gag und versucht seinen Mangel an Herz vergeblich zu betäuben.

Wozu soll man noch erzählen, dass es in dem Film um die Trennung und Wiederheimholung der Eberhofer-Freundin Susi (Lisa Maria Potthoff) geht? Um die Bedrohung durch einen entlaufenen Verbrecher mit Hornbrille (Gregor Bloéb), um die Ängste des ortsansässigen Polizeichefs (Sigi Zimmerschied), der zu Eberhofer zieht und mit dessen Vater die lärmende Begeisterung für alte Platten teilt, bis der genervte Sohn das Abspielgerät zu Schrott schießt? Die Alten aber ersetzen den Plattenspieler, denn in diesem ideenarmen Film wird jeder müde Einfall wiederholt. So Russisch Roulette mit der einen tödlichen Kugel im Trommelrevolver. Und auch die Verabreichung von K.o-Tropfen kommt doppelt vor. Und natürlich vom Pufflokal bis ins Zweimannzelt immer und überall, wo es nur geht, dieser unerbittliche Frohsinn in Unterhosen.

Bitte, lasst den Bayern ihre Lederhose und schickt sie nicht in den Ballermann, auch wenn dem Sommer sein Loch herrscht. Nikolaus von Festenberg

„Schweinskopf al dente“, ARD, Mittwoch, 20 Uhr 15

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