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Anne Will und Stefan Raab bilden ein Team im TV-Duell.

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Neue Paarungen, neue Sender: Die beim Fernsehen trauen sich was

Will, Raab, Bause, Rach, Kerner, Thadeusz – die Moderatoren ziehen los und suchen neues Glück. Doch für wen lohnen sich die Wechsel- und Programmspiele?

Überraschung, die beim Fernsehen trauen sich was. Nicht gleich und nicht heute, aber für die kommenden Wochen und Monate lassen einige Personalien und anhängende Planungen aufhorchen. Die ARD-Talkerin Anne Will wird mit Pro-Sieben-Zampano Stefan Raab ein Moderatorenpaar beim TV-Duell der Kanzlerkandidaten bilden, Inka Bause moderiert für RTL und ZDF, Johannes B. Kerner kehrt zum Zweiten zurück, Jörg Pilawa verlässt das ZDF, um zur ARD zu wechseln. Frage aller Fragen: Für wen lohnen sich all diese Wechsel- und Programmspiele?

Zu beneiden ist Anne Will nicht

Anne Will und Stefan Raab kooperieren am 1. September, wie es Maybrit Illner (ZDF) und Peter Kloeppel (RTL) auf der anderen Seite tun werden, wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr SPD-Herausforderer Peer Steinbrück den vier Fragern stellen werden; die Live-Sendung drei Wochen vor der Bundestagswahl ist auf 90 Minuten angesetzt. Raab ist der Neuling auf Seiten der Sender und trotz seines Eigen-Formats „Absolute Mehrheit“ geht er in das TV-Duell als Novize des Polittalks – und als Risikofaktor. Was fragt, wie fragt er (dazwischen), kann er sein großes Ego in den Dienst am TV-Vaterland stellen? So richtig zu beneiden ist Anne Will nicht, möglicherweise muss sie mehr die Aufsichtsperson für den schwer Erziehbaren geben als die profilierte Journalistin, die sie in ihrer ARD-Talkshow ist. Oder aber: Will-Raab gehen als Dreamteam aus der Veranstaltung hervor, nachdem sie Merkel, Steinbrück, Illner und Kloeppel in den Schatten gestellt haben.

Johannes B. Kerner wechselt von Sat1 zurück zum ZDF.
Kommt zurück zum ZDF: Moderator Johannes B. Kerner.

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Inka Bause übt den Spagat. Sie wird vom 2. September an im Nachmittagsprogramm des Zweiten Deutschen Fernsehens versuchen, Millionen von Senioren zu bespaßen. „Inka!“ heißt der ingeniöse Titel auf einem Programmplatz, auf dem noch jeder gescheitert ist. Da gilt es schon aus Menschenliebe, Inka Bause die Daumen zu drücken, sonst holt das Zweite wieder eine Soap oder sämtliche Zwergponyföhlchen aus sämtlichen deutschen Zoos auf den Schirm. Bause sucht das Gleichgewicht des Schreckens. Während sie im Zweiten telegene Kaffeefahrt unternimmt, kann sie bei RTL das unverwüstliche Erfolgsformat „Bauer sucht Frau“ weitertreiben. Das wird so lange laufen, bis auch der verstockteste Schweinewirt einen Lebenspartner oder eine Lebenspartnerin gefunden hat. Inka Bause ist jede Paarung recht, sofern sie nur zwei Menschen glücklich, auf jeden Fall nicht unglücklich gemacht hat.

Rach muss aufpassen, dass er nicht in zu viele Töpfe guckt

Auch Christian Rach übt den Pas de deux, er wird sowohl beim ZDF als auch bei RTL die handelsüblichen Rach-Formate anbieten. Also Rach, der Koch, Rach, der Gastronom, Rach, der Ökotrophologe, Rach, der Wegweiser, damit wir über besseres Essen auch besser leben. Rach muss schwer aufpassen, dass er nicht in zu viele Töpfe guckt.

Johannes B. Kerner hat es da einfacher. Der frühere Sonnenkönig des ZDF hat es via Sat 1 direktemang in die Versenkung geschafft. Jetzt kommt er beim Zweiten zum Comeback, ehrlicherweise auch, weil mit dem Abgang von Jörg Pilawa zum Ersten in Mainz der Moderatoren-Notstand ausgebrochen ist. Kerner bekommt zwei Shows, eine ist das unvermeidliche Quiz. Sender und Heimkehrer gehen klein und bescheiden die neue Zusammenarbeit an. Das ist klug, denn ausgemacht ist es nicht, dass durchs ZDF-Publikum die Ola-Welle geht, wenn es „JBK“ wieder ansichtig wird.

Im sommerlichen Wechselfieber auch die Moderatoren-Allzweckwaffe der deutschen Fernseh- und Radiounterhaltung – Jörg Thadeusz. Seine Impro-Comedy „durchgedreht“ sollte in den vergangenen sechs Wochen am Freitagabend die „heute show“ vertreten, hat sich aber – gelinde gesagt – nicht für eine Fortsetzung empfohlen. Die letzte Folge büßte am Freitag noch einmal viele Zuschauer ein und erreichte deutlich weniger als eine Million Zuschauer. Die „heute show“ sahen um die drei Millionen Zuschauer.

Was hat Thadeusz geritten, diese Show zu machen?

Welcher Teufel muss Thadeusz (und das ZDF) geritten haben, diese Show zu machen? Die Improvisationen/Kaspereien von fünf Komödianten zu aktuellen Nachrichten (Rösler, Steinbrück, Handygeburtstag etc.) hatten bestenfalls das Niveau eines Kindergeburtstags. Konzeptlos, lustlos, glücklos. Fremdschämen. Hier hat sich der Mut eines Moderators (und eines Senders) mal nicht ausgezahlt, etwas anderes auszuprobieren. Frühstücksradio, kleiner persönlicher Talk am Dienstag, „normaler“ Talk am Samstagabend, dann der ambitionierte Versuch eines größeren Polittalks vor den Bundestagswahlen, das alles beim RBB, ganz am Anfang Außenmoderationen bei „Zimmer frei!“ im WDR, Wanderungen und Quizshows für den NDR, Bücher schreiben, Kinosondersendungen zur Berlinale, jetzt Impro-Comedy im ZDF – außer Schauspielerei, Modelshow und Sportmoderation gab und gibt es bei Jörg Thadeusz nichts, was es nicht gibt.

Genau das ist das Problem. Etwas weniger (Über-)Mut wäre gut. Es kann doch gar nicht so schlecht um den Moderator stehen, dass er plötzlich alles annehmen muss. Freuen wir uns also auf das Comeback der „heute show“ mit Oliver Welke nach der Sommerpause. An dieser Programmstelle bitte keine weiteren Überraschungen. Hören und sehen wir Jörg Thadeusz zu bei den „Profis“ auf RadioEins oder im Talk beim RBB.

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