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Troll werden Online-Nutzer genannt, die versteckt hinter ihren Pseudonymen andere Leser bloß provozieren und Debatten zum Entgleisen bringen wollen.

© REUTERS

Neue Regeln für Online-Kommentare: Beleidigung mit Folgen

Beim Presserat gehen immer mehr Beschwerden gegen Online-Texte ein. Deshalb wird jetzt der Pressekodex überarbeitet. Wer beleidigt, muss mit Konsequenzen rechnen.

Gegen Online-Artikel gehen beim Deutschen Presserat mehr Beschwerden ein als gegen Printtexte. 2013 richteten sich 59 Prozent der insgesamt 1347 Beschwerden gegen Texte, die im Netz publiziert wurden – was aber nicht etwa bedeutet, dass Online-Journalisten weniger sorgfältig arbeiten würden. „Zurückzuführen ist der Anstieg auf das geänderte Leseverhalten, immer mehr Menschen informieren sich auf den Portalen von Zeitungen und Zeitschriften im Netz“, sagte Ursula Ernst, Sprecherin des Presserats, am Mittwoch.

"Keine Meinung verbieten"

Genau deshalb überarbeitet der Presserat, das freiwillige Selbstkontrollgremium der Presse, nun den Pressekodex. Künftig können Beschwerden auch gegen Leserkommentare in Online-Foren von Zeitungen und Zeitschriften eingereicht werden, beispielsweise gegen Beleidigungen und Schmähungen, die nicht vorab herausgefiltert oder zeitnah gelöscht worden sind. „Uns geht es nicht darum, jemandem die Meinung zu verbieten, sondern Äußerungen könnten auch strafrechtliche Relevanz haben“, erklärte Ernst. Der Presserat entwickle Empfehlungen, damit Redaktionen auch für diese Fragen einen Leitfaden bekommen.

Eine Klarnamenpflicht fordert das Gremium nicht, die Nutzer seien über ihre IP-Adresse im Fall eines strafrechtlichen Vorgangs identifizierbar. Bisher finden sich im Pressekodex keine Regeln für digitale Veröffentlichungen. Immer mehr reine Online-Publikationen wie beispielsweise die „Prenzlauer Berg Nachrichten“ verpflichten sich auch selbst zur Einhaltung des Pressekodexes. Die 2013 gestartete deutsche „Huffington Post“ hat dies nach Angaben von Ernst bisher allerdings noch nicht getan.

Rüge für "Taz" wegen Papst-Text

Insgesamt gab es im vergangenen Jahr rund 150 Beschwerden weniger als im Vergleich zu 2012. Den größten Ärger rief die „Tageszeitung“ („Taz“) hervor mit Titeln zur Wahl von Papst Franziskus. „Alter Sack der xte“ und „Junta-Kumpel löst Hitlerjunge ab“ hatte die Zeitung geschrieben, 49 Beschwerden gingen dazu beim Presserat ein, der den Bezug auf Argentiniens Militärjunta und Hitler rügte.

Weiter polarisierte eine satirische Postkarte der „Titanic“ zur „Pille danach“ sowie ein Titelbild des Magazins zum Unfall von Michael Schumacher, ein „Stern“-Artikel über die „Tricks der Optiker“, über den sich – wenig überraschend – vor allem Optiker beschwerten. Fünf Rügen kassierte zudem die Regenbogenpresse, die mit ihren ausgedachten Geschichten Leser „in die Irre führte“.

Thema im Presserat ist auch, wann die Nationalität eines Menschen in der Berichterstattung erwähnt werden darf. So sprach das Gremium eine Missbilligung aus gegen die Überschrift „Betrunkener Pole klaut Auto“, da hier kein Sachzusammenhang bestanden haben – denn genau das sei das entscheidende Kriterium.

Aktuell hat der Presserat drei Beschwerden zur Nienburger Zeitung „Die Harke“ auf dem Tisch, sie hatte vergangene Woche Fotos veröffentlicht, die die Wohnung des SPD-Politikers Sebastian Edathy während der Durchsuchung zeigten. Ob hier ein Verstoß gegen den Pressekodex vorliegt, will das Gremium Mitte März entscheiden. Sonja Álvarez

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