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Medienmacherin. Josephine Götz hat mit 30 Mitstreitern Päng! gemacht, seit einem Jahr ist sie nur für dieses Projekt unterwegs.

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Neues Magazin: Hipster, der Berg ruft!

Brötchen backen, Fahrräder reparieren und Papierflieger basteln: Die neue Zeitschrift „Päng!“ will die Generation Facebook zurück ins Freie locken - und landet damit zwischen "Neon" und "Landlust".

„Wer hat nur die Arbeit in geschlossenen Räumen erfunden?“ Eine realhistorische Antwort auf die vom „Päng!“-Magazin gestellte Frage erhalten seine Leser zwar nicht. Dafür bekommen sie den Erlebnisbericht einer Aussteigerin, die „Meetings, Bildschirme und Großstadtleben“ probeweise gegen eine Kräuterfarm in den Bergen eingetauscht hat. Ganz getreu dem Titel der seit Mittwoch verfügbaren Erstausgabe: „Endlich wieder draußen spielen.“

Auf 100 Seiten liefert „Päng!“ einen Zeitschrift gewordenen Gegenentwurf zum Business Punk, jenem hart arbeitenden und noch härter abfeiernden Supermacho, der zum Ausgleich nach einem langen Tag mit 200 Stundenkilometern über die Stadtautobahn brettert. Der „Pängster“ dagegen überquert in aller Seelenruhe Alpengipfel auf einem Einrad. „Es ist möglich“, lautet die schlichte Erkenntnis des Autorenduos, das seine Erlebnisse aus der Wir-Perspektive schildert.

Josephine Götz, Gründerin und Chefredakteurin von „Päng!“, wollte ein Magazin entwickeln, das „nicht aufgezwungenen Trends verfällt, sondern Tatendrang weckt“. Auch wenn sich die Zielgruppe – „urbane 20 bis 35-Jährige, die Wert auf Individualität und Authentizität legen“ – verdächtig nach Latte Macchiato anhört, „könnten die Leute, die uns schreiben, unterschiedlicher kaum sein“, sagt Götz.

Ein Jahr hat sie hart geschuftet, damit das erste Heft die Leser zum aktiven Müßiggang anregen kann. Die Idee zu einem eigenen Magazin hatte Götz während eines Frankreich-Urlaubs: „Ich las eine Zeitschrift, die zehn für die Ferien unverzichtbare Apps beschrieben hat. Ich hätte lieber eine Anleitung gehabt, wie man ein Floß baut.“ Zurück in Stuttgart entwickelte die Verlagswirtschaftsstudentin in ihrer Bachelorarbeit das Konzept eines Magazins, das vor allem von „Abenteuern und Träumen“ handeln sollte.

Wie stellt man heute noch ein Printmagazin auf die Beine?

Sechs Euro kostet das vierteljährlich erscheinende Heft, gedruckt auf hochwertigem Naturpapier.
Sechs Euro kostet das vierteljährlich erscheinende Heft, gedruckt auf hochwertigem Naturpapier.

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Mithilfe eines staatlichen Gründungszuschusses, von Anzeigenkunden und der spendenfreudigen Netzgemeinde erstellte Götz dann innerhalb eines Jahres ein Magazin, das sich irgendwo zwischen „Neon“, „Dummy“ und der „Landlust“ in Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen sowie ausgewählten Szeneläden wiederfinden und alle drei Monate in einer Auflage von 12 000 Heften erscheinen soll. Angesichts der Entschleunigungsthematik und einer an grobkörniger Analogfotografie angelehnten Bildästhetik erscheint der Name „Päng!“ wenig passend gewählt. „Wir haben ewig gesucht, bis jemandem ein Stift runterfiel und es eben Peng machte“, erklärt Götz. Dass es vor 35 Jahren ein Anarchoblatt mit dem gleichen Titel gegeben hatte, störte dabei nicht. Auf die Leser wartet die erste Ausgabe mit viel Praktischem, beispielsweise einer Reparaturanleitung für das eigene Fahrrad, einem Leitfaden zum Brötchenbacken und einem Bastelbogen für das „Endlich draußen spielen-Papierspielzeug“ zum Selbermachen.

„Da kann man Seiten einfach rausreißen“, freut sich Götz. Schließlich soll das Naturpapier, auf dem „Päng!“ gedruckt wird, nicht steril zu Hause liegen, sondern auf all die Abenteuer mitgenommen werden, die von überarbeiteten Stadtnomaden infolge des Lesekonsums angegangen werden. Deshalb kam es für Götz und die knapp 30 Mitarbeiter auch nicht infrage, auf den Druck zu verzichten und ihr Projekt online durchzuziehen. „Dies wäre kontraproduktiv, wir wollen ja auch junge Städter ansprechen und sie zu mehr ursprünglicher Freude animieren“, sagt Götz. Kein Wunder, dass unter dem Magazintitel die Botschaft „Für die Wirklichkeit gibt es keinen Ersatz“ auf die Leser wartet.

Trotz aller Andersartigkeit wartet auch „Päng!“ mit der für junge Zeitschriften fast obligatorischen „Ich bin Studentin und SM-Fetischistin“-Geschichte auf, auch eine Musikliste fehlt nicht, in der tatsächlich noch „Best of Cat Stevens“ und „Wonderwall“ von Oasis empfohlen werden. Ist die neue Zeitschrift also eine Plattform für Sehnsüchte nach dem Vergangenen, etwa nach dem Hippietum der 70er, dem Nihilismus der 80er oder dem Hedonismus der 90er? Eine Beruhigungspostille für gestresste Bacheloristen? So könnte man „Päng!“ sehen. Oder als Aufforderung an den Hipster, eine neue Balance zwischen Selbermachen und Gemachtwerden zu entwickeln.

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