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Medien: „Niemand kann das nachvollziehen“

Wie macht man Skispringen fürs Fernsehen spannend? Regisseur Volker Weicker weiß es

Übertragen Sie lieber Sven Hannawald gegen Martin Schmitt oder Gerhard Schröder gegen Edmund Stoiber?

Hannawald gegen Schmitt. Weil man mehr Einfluss auf die Übertragung nehmen kann. Beim Kanzlerduell waren unsere Möglichkeiten stark eingeschränkt. Alle vier Sender mussten viel Rücksicht auf die Politik nehmen. Das war eine Ausnahmesituation.

Was ist ihre Aufgabe als LiveRegisseur?

Alles, was man für das Fernsehen macht, ist im Wohnzimmer nur auf einem kleinen Bildschirm zu sehen, vor dem einer oder die ganze Familie sitzt. Denen entgeht das Haptische und das Akustische, nichts riecht, nichts schmeckt. Für die muss ich etwas inszenieren, was fesselt.

Wie machen Sie das?

Fernsehen funktioniert über die Emotionen. Wenn Sie die Leute fragen, welches Bild ihnen von einem Sportereignis in Erinnerung geblieben ist, ist das nie ein sportliches sondern immer ein emotionales. Vom WM-Finale 1990, wie Franz Beckenbauer nach dem Spiel über das Feld geht. Von der letztjährigen Vierschanzentournee ist das definitiv der jubelnde Sven Hannawald in Bischhofshofen.

Diese Übertragung hat im vergangenen Jahr mit 13,3 Millionen Zuschauern – abgesehen von der Fußball-WM – alle anderen Sportsendungen geschlagen. Woran lag das?

Die letztjährige Vierschanzentournee war hier ideal. Weiße Schanze, blauer Himmel und immer der Richtige oben auf dem Treppchen. Da konnten wir nicht viel falsch machen.

In diesem Jahr regnet es immer wieder mal.

Wir hängen am Wetter, da können wir machen, was wir wollen. Wenn ein Springen verschoben wird, wie bei der Qualifikation in Oberstdorf, können wir Sachen machen, die bis zu einem bestimmten Grad sinnvoll sind. Aber ohne Springen lässt sich Skispringen nicht übertragen.

Welchen Anteil hat RTL an der aktuellen Popularität des Skispringens?

Immer, wenn RTL eine Sportart übernommen hat, hat sich etwas getan. Und niemals zum Schlechten. Wir sind hier mit einem Team von 150 Mitarbeitern und betreiben einen hohen Aufwand. Wir haben angefangen, uns über die Schanze zu bewegen. Günther Jauch und Dieter Thoma fahren die Schanze hoch und runter oder werfen Schneebälle.

Warum?

Wir müssen Skispringen transparent machen. Wie viele Skispringer gibt es in Deutschland, vielleicht 800? Mit ihren Familienangehörigen sind das maximal 20 000 Menschen, die im klassischen Sinne Ahnung von diesem Sport haben. Für alle anderen machen wir das.

Was verstehen Sie denn vom Skispringen?

Ich habe es nicht hundertprozentig verstanden. Aber das könnte man auch nur, wenn man schon einmal in dieser Situation war. Niemand kann nachvollziehen, was in einem Fußballer vorgeht, der bei einer Weltmeisterschaft einen Elfmeter verschießt. Es ist auch das eine, sich auf der Sprungschanze auf den Bakken zu setzen. Sich davon abzustoßen, ist eine andere Sache. Und weil wir das alle nicht verstehen, gehen wir auf die Emotionen.

Wie machen Sie das?

Wir zeigen den Zuschauer, der sich die Hände vor Aufregung vors Gesicht hält. Den Ärger der Trainer oder die Freude der Eltern. Es sind immer die Emotionen, die die Leute packen.

Warum schicken Sie erstmals einen Vorspringer mit einer Kamera auf dem Helm die Schanze hinunter?

Das eröffnet dem Zuschauer eine neue Dimension, er kann das Springen besser nachvollziehen. Aber ich suche immer noch nach der optimalen Führungskamera. Man müsste einen Sprung aus einer Perspektive über der Kamera zeigen können. Man sieht immer nach oben, wenn etwas fliegt. Egal, ob das ein Vogel oder ein Flugzeug ist. Oder ein Skispringer .

Das Gespräch führte Benedikt Voigt.

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