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Medien: Office-Offensive

„Business News“ erscheint als Deutschlands erste Gratiszeitung fürs Büro

Wer heute in seiner Firma überall klobige, 1,50 Meter hohe Kästen sieht, muss keine Angst haben: Darin verbirgt sich keine neue Angestelltenüberwachungstechnik, sondern Deutschlands erste „Office-Zeitung“: „Business News“.

Das börsentäglich erscheinende Gratisblatt ist keine klassische Wirtschaftszeitung. Die so genannten „Entscheider“ in den Unternehmen würden, sagt Chefredakteur Klaus Madzia, auch in Zukunft wohl eher ihr „Handelsblatt“ oder ihre „FAZ“ lesen. Ihm geht es um deren Mitarbeiter. Für die liefert „Business News“ vor allem Themen, die in der Journalistensprache „nutzwertig“ sind. Heißt: In der Probeausgabe vom vergangenen Donnerstag ist eine Nachricht wie die Forderung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nach einer europäischen Großbörse nur eine kleine Meldung wert. Anders das „Tagesthema“ auf Seite drei: RTL und MTV künftig per Satellit nur noch gegen Gebühr. Darüber kann sich jeder aufregen. Auch die sonst seitenlangen Aktienkurse einer Wirtschaftszeitung sucht der Leser vergeblich; auf einer Seite gibt es die fünf Tagesgewinner und -verlierer, der Rest beschränkt sich auf Index- und Währungswerte.

Das traditionell erste Zeitungsressort Politik startet hier erst auf Seite 11 – und endet schon wieder auf Seite 14. Der Rest der Zeitung besteht aus den Ressorts „Money“, „Leben“ und „Sport“, das meiste davon bunte Meldungshäppchen und Servicetipps. Lustig ist die mit einem Totenkopf versehene Seite „Büropiraten“. Auf ihr preist die Redaktion Internetlinks an. Neben kostenlosen Musikdownloads findet sich dort auch der Hinweis auf ein Ebay-Angebot namens „Stürzer“. Die Chefs können sich freuen: Mit so einer „Bierbong“ erreichen ihre Mitarbeiter den Vollrausch in wenigen Minuten.

Was beim Lesen der 32 Seiten auch auffällt, das sind die Ideen der anderen. Irgendwie hat man das alles irgendwo schon mal gesehen. Die Rubrik „Thema des Tages“ – bei der „taz“. Die „Bilder des Tages“ – beim „Stern“. „Wir haben uns von anderen Zeitungen und Magazinen inspirieren lassen“, sagt Madzia. Doch auch wenn „Business News“ optisch und inhaltlich an Bekanntem anknüpft, ist die Zeitung ein interessantes Experiment. Denn: Nicht jeder kann ein Exemplar haben. Lesen kann das Blatt nur, wessen Firma in der Tiefgarage, in der Kantine oder im Foyer einen Zeitungsaufsteller aufgebaut hat. Die Startauflage von 80 000 Exemplaren verteilt sich dabei auf rund 1000 Unternehmen in sieben deutschen Ballungsgebieten – von Berlin bis München, vom Mittelständler mit 50 Mitarbeitern bis zu Industrieriesen wie BMW. Mit der Firmenzeitung im „Tabloid“-Format versucht die Verlagsgruppe Holtzbrinck, zu der auch das „Handelsblatt“ und der Tagesspiegel gehören, den Anzeigenkunden die attraktivste aller Zielgruppen zu servieren: jung und zahlungskräftig.

Konkurrenz sieht Madzia, dessen 25-köpfige Redaktion in Berlin schräg gegenüber vom Tagesspiegel in der Potsdamer Straße 58 Quartier bezogen hat, nicht in schnell lesbaren Blättern wie „Welt kompakt“, sondern in den immer erfolgreicheren Onlinemedien wie „spiegel.de“, „faz.net“, „sueddeutsche.de“.

Um möglichst aktuell zu sein, ist erst um 0 Uhr 30 Redaktionsschluss. So sie ihn lässt, will Madzia auch mit der deutschen Bloggerszene zusammenarbeiten. „Ich nehme Blogger sehr ernst“, sagt er und nennt als Beispiele „Bildblog“, das Autorenkollektiv „Riesenmaschine“, Don Alphonsos „Rebellen ohne Markt“ und den Publizisten Henryk M. Broder.

So wie im Internet kaum eine Nachricht exklusiv ist, zählt auch bei „Business News“ die Übernahme fremder Geschichten zum Zeitungskonzept. Mit dem exklusiven Selbstbild überregionaler Großzeitungen kann Madzia nach eigenen Angaben nichts anfangen. „Nach dem Motto: Wenn wir es nicht berichten, ist es nicht passiert. Das finde ich unsinnig.“ Sein Blatt sei in der Produktion so günstig, weil es nicht alles selbst mache. „Business News“ wird sich eifrig bei anderen Holtzbrinck-Titeln, bedienen. Allerdings, wie Madzia sagt, nie eins zu eins: „Handelsblatt-Artikel setzen meist Fachwissen voraus, und Tagesspiegel-Texte sind oft zu lang für unser Format.“

Marc Felix Serrao

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