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Erst zahlen, dann lesen: Auf dem iPad und im mobilen Internet zahlen viele Nutzer bereits für redaktionelle Inhalte. Dieses Modell wird aufs stationäre Internet ausgeweitet. Foto: AFP

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Paid Content: Zur Kasse, bitte!

Immer mehr Verlage experimentieren im Internet mit Bezahlangeboten. Vor allem das Beispiel der "New York Times" lässt die Befürworter hoffen.

Cloud Computing ist derzeit ein heißes, auch strittiges Thema. Greenpeace hat am Wochenende in Hamburg mit Transparenten vor dem Apple-Store mehr Ökostrom für Cloud-Server gefordert. So steht es im Anreißer zum Online-Bericht des „Hamburger Abendblatt“. Wer als Nichtabonnent den ganzen Text lesen will, muss allerdings ins digitale Portemonnaie greifen, der Tageszugang kostet 1,20 Euro, im Monat werden rund acht Euro fällig. Denn zusammen mit der „Berliner Morgenpost“ hat der Springer-Verlag vor anderthalb Jahren Teil des Internetauftritts des „Abendblattes“ hinter eine Bezahlschranke gestellt. Noch sind solche Paywalls in Deutschland die Ausnahme, doch in diesem Jahr dürften zahlreiche weitere Kassenhäuschen folgen, die das freie Surfen auf Nachrichten- und Magazinseiten einschränken.

Aus Sicht des Springer-Verlages hat die Bezahlschranke für Lokal- und Sportthemen den beiden Newsseiten nicht geschadet. Die Reichweiten hätten sich sowohl nach der Zählweise von IVW als auch der von Agov kontinuierlich gesteigert, sagt Verlagssprecher Christian Garrels. Mehr noch, das „Abendblatt“ komme auf 3100 verkaufte digitale Exemplare pro Ausgabe, die „Berliner Morgenpost“ auf 1100. Während man also in Hamburg mit Stolz auf das zarte Paid-Content-Pflänzchen blickt, schauen andere Befürworter von Bezahlangeboten hoffnungsfroh zur „New York Times“. Deren stellvertretender Vorstandschef Michael Golden hat vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass seit der Einführung einer durchlässigen Bezahlschranke vor einem Jahr – Nutzer können jeden Monat zehn Artikel umsonst lesen, für weitere Texte muss ein Abo abgeschlossen werden – 455 000 neue Abonnenten gewonnen werden konnten. Sowohl im Online-Bereich als auch bei der gedruckten „New York Times“ seien die Einnahmen seither gestiegen. Auf den Verkauf von Online-Anzeigen habe die Bezahlschranke zudem keine negativen Einflüsse gehabt.

Springer-Chef Mathias Döpfner hatte bereits im vergangenen November angekündigt, in 2012 weitere Angebote kostenpflichtig zu machen. Insbesondere für „Welt Online“ wird seither mit der Einführung einer Paywall für ausgewählte Inhalte gerechnet. An den Plänen für mehr Paid Content werde festgehalten, bestätigt der Verlag auf Nachfrage, doch wann, wo und in welcher Form, dazu gebe es keine abschließenden Entscheidungen.

Nach wie vor müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Es werden exklusive Inhalte benötigt und der Bezahlvorgang muss einfach sein. Beim mobilen Internet existieren dafür bereits Lösungen. Im stationären Internet, also im klassischen World Wide Web, gibt es nach wie vor keine verbindlichen Standards. Bei Springer wird deshalb auch international nach tragfähigen Lösungen gesucht.

Neue Geldquellen sind das eine, auf der anderen Seite wächst angesichts sinkender Auflagen die Sorge, die Online-Aktivitäten könnten das eigene Stammgeschäft kannibalisieren. Dem „Spiegel“ kann es keinesfalls gleichgültig sein, dass die Auflage im Jahresvergleich um 3,4 Prozent auf 942 000 (1. Quartal) gefallen ist. Offiziell heißt es, dass „auch beim Spiegel über die Zusammenarbeit von Print- und Online-Redaktion diskutiert (werde). Dass es dazu unterschiedliche Auffassungen geben kann – auch innerhalb der Chefredaktion –, ist Teil einer konstruktiven Diskussion.“ So harmlos war es mitnichten, als Print-Chefredakteur Georg Mascolo den für Online zuständigen Mitstreiter Mathias Müller von Blumencron auf die Einführung einer Bezahlschranke drängte. Für den „Spiegel“ sei es nie um die Frage gegangen, ob vor dem gesamten Portal eine Bezahlschranke aufgebaut werden soll, hat der Verlag entsprechende Medienberichte zumindest teilweise dementiert. Doch die Paid-Content-Diskussion macht nicht vor Spiegel Online Halt. „Vielmehr diskutieren wir darüber, wo die Grenzen zwischen der bezahlten und der freien Welt verlaufen sollen“, teilte der Verlag auf Anfrage mit.

Das Modell der „New York Times“ mit der durchlässigen Bezahlschranke übt den größten Reiz aus. Der Stern-Verlag will ebenfalls in dieser Richtung experimentieren. „Wir glauben nicht, dass eine Paywall die richtige Distributionslogik für stern.de in seiner heutigen Form darstellt. Auch ist der Begriff der Paywall in seiner Rigidität unpassend für viele Modelle und Überlegungen“, sagte stern.de-Geschäftsführer Christian Hasselbring dem Tagesspiegel. Es gehe nicht darum, eine Mauer zu bauen, sondern zu verstehen, welche Angebote mit welchen Pay-Modellen funktionieren können. „Wir werden dafür unter anderem mit dem Bezahlsystem-Anbieter LaterPay durchlässige PayGate-Modelle testen“, sagte Hasselbring weiter. Egal, wie man es nennt; der Abschied vom „Alles umsonst“ hat begonnen.

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