zum Hauptinhalt
070917partnertausch

© ZDF

''Partnertausch'': Kuss, Sex, Chaos

Zwei Paare proben den Partnertausch. Der gleichnamige ZDF-Film ist keine moralingetränkte Warnung vor dem Fremdgehen.

Es sind sehr bürgerliche, eigentlich kleinbürgerliche, fast schon spießbürgerliche, gleichwohl recht sympathische Menschen, die da bei einem Grillabend zusammensitzen: das Ehepaar Andreas (Bjarne Mädel) und Manu (Christina Große), er leitender Angestellter, freundlich und schüchtern, sie junge Mutter, taff und humorvoll. Und ein weiteres Paar sitzt am Grill: Olaf (Pierre Besson) kennt Andreas schon von der Schule, jetzt ist er dessen Chef. Sein Eheweib Doreen (Nadeshda Brennicke) verkauft Blumen und sieht selbst wie eine aus. Man isst, trinkt, lacht, spielt beschwipst um Pfänder, und dann sollen Manu und Olaf sich küssen, mal eben zum Spaß, so will es das Spiel. Sie tun es. Groß inszeniert Regisseur Thorsten Schmidt diesen Kuss. Und das ist auch gut so, denn, man kann es sehen auf dem Schirm, gespiegelt auch in den erschrockenen und verlegenen Gesichtern der jeweiligen Ehepartner der Küssenden: Da passiert was.

Dieser Kuss ist eine Initialzündung. Als er vorüber ist, spielt und lacht und trinkt man weiter. Aber etwas ist anders. Und der Unverfrorenste der vier, der fesche Olaf, spricht es aus. Wie das denn wäre, wirft er in die Runde, mit einem Partnertausch? Nur mal so für eine Nacht? Was sei schon dabei, man kenne sich doch, sei gut Freund und so – also bitte. Irgendwie sind ad hoc alle von dieser Idee elektrisiert, aber die Scheu ist größer, und so verläuft die Sache im Sande. Aber sie kehrt zurück. Obwohl der schüchterne Andreas, aus dessen Perspektive der erste Teil des Films erzählt wird – „Ich muss einen Weg finden, aus dieser Nummer rauszukommen“ –, obwohl Andreas alles dransetzt, den frivolen Plan zu durchkreuzen, kommt es am Ende – Andreas will ja auch nicht als Spielverderber dastehen – zur Nacht der Nächte. Man formuliert eine Regel: Kein Wort zu niemandem über das, was geschieht. Doreen und Andreas gehen ins Hotel, Manu empfängt Olaf daheim – im Gästezimmer.

Der Film steht nun vor der Schwierigkeit, das Schweigegebot der vier Protagonisten ernst zu nehmen und doch alles und mehr zu berichten, was zwischen und in seinen Personen passiert. Und er, beziehungsweise Autor Don Schubert und die Regie, lösen diese Aufgabe bravourös. Was aus einer einzigen Abweichung in einer Viererkonstellation so alles folgen kann, das bewegt sich, rechnerisch gesehen, im Exponentialbereich. Ein Mann hat mit der Tauschpartnerin „den Sex seines Lebens“. Eine Frau verliebt sich in ihren Tauschpartner. Die andere rennt wie die Feuerwehr rum, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Der Angestellte schmeißt seinem Chef die Brocken vor die Füße. Der Chef schmeißt seinen Angestellten raus. Manu ohrfeigt Doreen. Doreen setzt Olaf vor die Tür. Andreas tritt die Tür zum Gästezimmer ein. Mit einem Wort: Ganz offenbar überwiegen die Nachteile destruktiver wechselseitiger Verdachts- und Eifersuchtspotenziale die Vorteile des Lustgewinns im Partnertausch bei weitem. Andreas hat das ja gleich gewusst: „Nie im Leben würde ich auf die Idee kommen, mit jemand anders eine Nacht zu verbringen als mit Manu.“ Aber man hat halt nicht auf ihn gehört. Glücklicherweise. Denn sonst hätten wir ja diese vergnügliche Komödie nicht, die vor allem deshalb überzeugt, weil ihr Hintergrund eben doch sehr ernst ist.

„Schließlich isses ja nur Sex“ – mit diesem Satz, der sinngemäß öfters fällt, versuchen die vier Held(inn)en vor dem Coup ihr Gewissen zu beruhigen. Und sie lernen eine Wahrheit: „Nur Sex“ ist, gerade unter Freunden, so leicht nicht zu haben. Dennoch ist der Film nicht etwa eine moralingetränkte Warnung vor dem Fremdgehen. Immerhin entschließen sich die Paare, „es“ zu tun, und quälen sich durch alle Konsequenzen. Und dann ist da der illegitime Kuss von Manu und Olaf in der Exposition des Films. Er ist der Sündenfall, er ist wunderbar. Auch das ist eine Wahrheit. Barbara Sichtermann

„Partnertausch“, 20 Uhr 15, ZDF

Zur Startseite