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© Repro: Tsp

People-Magazine: Sie dürfen klatschen

Promis, Paparazzi, Plaudertaschen – warum die People-Magazine zurzeit einen Boom erleben.

Auch wenn es niemand gerne zugibt – die Leidenschaft, die Wäschefrauen in früheren Jahren den harten Arbeitsalltag versüßte, teilt fast jeder Mensch. Zumindest ein wenig. Aus den Drecksspuren in Hemden und Hosen der bürgerlichen Familien reimten sich die Frauen damals Geschichten zusammen, während sie die Kleidung zum Reinigen auf Steine schlugen. „Klatsch“, machte es dabei laut – und so prägt das Geräusch bis heute den Begriff, wenn Menschen über andere Menschen reden. Sicher wird heute nicht mehr die Wäsche fremder Menschen interpretiert. Aber im Freundeskreis, im Betrieb und in der Nachbarschaft wird geklatscht – oder über Klatsch gesprochen. Wie zum Beispiel über das Verhältnis von Bundestagsmitarbeiterin Anette Fröhlich und Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU). In der „Bunten“ sprach Fröhlich jetzt zum ersten Mal über ihr Leben als Seehofers Geliebte und ließ sich stolz mit der gemeinsamen Tochter Anna-Felicia fotografieren – damit lancierte die Zeitschrift auf dem heiß umkämpften Markt der People-Magazine einen nicht unumstrittenen Coup. Denn einerseits verpflichtet sich die Presse in ihrem Kodex, das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen zu achten. Andererseits nimmt die Konkurrenz um die exklusivsten Promigeschichten und besten Paparazzi-Bilder stetig zu.

Denn neben der fast 60-jährigen „Bunten“ aus dem Münchner Burda-Verlag und der ebenso hochglänzenden „Gala“ aus dem Gruner+Jahr-Verlag in Hamburg haben sich Newcomer an den Kiosk gedrängt: „Intouch“ aus dem Bauer-Verlag und „in – Das Star-Magazin“ aus dem Klambt-Verlag. Beide Blätter schnellen mit ihrer verkauften Auflage kontinuierlich in die Höhe. So verkaufte „Intouch“ im zweiten Quartal mit knapp 274 000 Exemplaren (IVW, 2. Quartal 2007) fast 18 000 Stück mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Und „in – Das Star-Magazin“ führt sogar die Liste der Zeitschriften mit dem höchsten absoluten Zugewinn an, weil es seine verkaufte Auflage um über 62 000 auf mehr als 200 000 Exemplare steigerte. Der „Gala“ hat das nicht geschadet, ihre Auflage stieg binnen Jahresfrist um fast 3000 auf rund 375 000. Weniger positiv sieht es für den unerreichten Marktführer aus, denn die „Bunte“ musste bei der Auflage Federn lassen. Im zweiten Quartal lag die verkaufte Auflage bei rund 732 000, ein Jahr zuvor waren es rund 3700 Exemplare mehr gewesen. Am Gesamttrend ändert das jedoch nichts.

„Der Markt für People-Magazine boomt“, stellt Patrick Rössler, Professor für Kommunikationsforschung an der Universität Erfurt und Experte für People-Magazine, fest. Dabei hatte sich die Branche noch 2004 um ihre Zukunft gesorgt, nachdem das sogenannte „Caroline-Urteil“ ihr Recht einschränkte, über das Privatleben von Prominenten zu berichten. Doch diese rechtlichen Klippen scheinen die Magazine gut zu umschiffen und halten damit an ihrem Erfolgsgeheimnis fest: leicht verdauliche Kost in einer schnelllebigen Zeit. „Jeder Mensch ist neugierig. Und die Erlebnisse, Sorgen und Nöte der Prominenten lenken vom eigenen Alltag ab. Außerdem tut es gut, zu sehen, dass sie trotz ihrer Berühmtheit nur normale Menschen mit alltäglichen Problemen sind“, erklärt Rössler.

Weil sie unterschiedliche Schwerpunkte setzen, können die Magazine trotz ihrer Ähnlichkeit erfolgreich nebeneinander bestehen. Während sich „Bunte“ und „Gala“ vor allem auf den Klatsch um deutsche oder mit Deutschland verbundene Prominente wie Uschi Glas oder Gloria von Thurn und Taxis kümmern, setzen „Intouch“ und „in“ vorwiegend auf internationale Stars und Sternchen wie Brad Pitt nebst Angelina Jolie, Paris Hilton oder Britney Spears. Damit punkten sie vor allem bei jüngeren Lesern, die neben den Bildern auch den vergleichsweise geringeren Textanteil schätzen. „Wir haben eine Nische besetzt“, sagt Ingrid Rose, die Chefredakteurin von „in – Das Star-Magazin“. Mit einer Zielgruppe von Frauen um die 30 positioniere sich „in“ altersmäßig deutlich unter „Bunte“ und „Gala“.

Patricia Riekel, Redaktionsdirektorin im Burda-Verlag und unter anderem Chefredakteurin der „Bunten“, will ihr Magazin erst gar nicht mit den Newcomern vergleichen. „Die ,young yellows‘ sprechen mit ihrem bildlastigen Konzept einen anderen Geschmack an. Deshalb bereiten mir die neuen Zeitschriften keine Sorgen“, sagt sie. Ihre „Bunte“ sieht sie auch keineswegs als Klatschblatt, sondern als „Barometer für die Auf- und Abstiegsprozesse in der deutschen Gesellschaft“. Getreu dem Motto: In ist, wer drin ist. Genau deshalb erzählen Prominente den People- Journalisten auch Dinge, die normale Menschen nicht einmal ihrem Nachbarn anvertrauen würden. „Wenn ein Prominenter nirgends mehr vorkommt, hat er ein Problem. Das wissen die meisten auch“, sagt „in“-Chefin Rose – und ist in dieser Frage mit Patricia Riekel einer Meinung. So kommt es durchaus vor, dass ein vermeintlicher Star in ihrer Redaktion anruft und fragt, ob die Reporter nicht für eine schöne Homestory vorbeikommen wollen. „Aber damit beweisen sie eigentlich erst, dass sie noch nicht wirklich prominent sind. Da kann ich nur schmunzeln. Auch wenn sie dann einen gewissen Status erreicht haben und plötzlich nichts mehr mit uns zu tun haben wollen“, sagt Riekel. Rose verweist deshalb auf die gegenseitige Abhängigkeit: „Letztendlich leben die Prominenten genauso von den Zeitschriften wie die Zeitschriften von den Prominenten. Es ist ein Geben und Nehmen.“

Dass die Zeitschriften im Zuge des verschärften Wettbewerbs skrupelloser arbeiten, kann Kommunikationsforscher Rössler nicht feststellen: „Die Prominenten lassen sich längst nicht mehr alles gefallen und haben sich professionelle Medienberater gesucht.“ Auch Anette Fröhlich scheint sich Rat eingeholt zu haben – ihr Foto in der „Bunten“ sieht nicht gerade wie ein Schnappschuss aus.

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