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Nun nehmen Sie mich doch endlich fest!  Baumann (Karl Markovics, rechts) will Kommissar von Meuffels (Matthias Brandt) von seiner Schuld überzeugen.

© Wiedemann & Berg Television GmbH

"Polizeiruf 110" mit Matthias Brandt: Ein Krimi mit geradezu biblischen Ausmaßen

Hat er einen Fehler gemacht, der ein Menschenleben kostet? Im Münchner „Polizeiruf 110“ bittet Kommissar Hanns von Meuffels alias Matthias Brandt um Vergebung.

Seltsame Figur, dieser Hanns von Meuffels alias Matthias Brandt. Das ist jetzt schon sein zehnter Fall im Münchner „Polizeiruf“, aber so richtig kennengelernt haben wir diesen Kommissar immer noch nicht. Cornelia Ackers, die für diese Reihe verantwortliche BR-Redakteurin, sagt, Meuffels wurde quasi als Mann ohne Eigenschaften eingeführt.

Ähnlich wie Ulrich, der „Mann ohne Eigenschaften“ in Robert Musils Roman, begleitet Meuffels die Vorgänge um sich herum in ironischer Distanz. Dezent, zurückgenommen, bis hin zur Arroganz. Umso interessanter, wenn dann mal der Fall eintritt, dass von Meuffels sich und seine Arbeit infrage stellen, gar um Vergebung bitten muss wie im neuen „Polizeiruf 110: Und vergib uns unsere Schuld“.

Es dürfte der Albtraum eines jeden Ermittlers sein: Der Mann, den man hinter Gitter gebracht hat, könnte unschuldig sein. Gleich zu Beginn des Films erhängt sich der junge Tim Haffling (Sebastian Griegel) in seiner Gefängniszelle, und das auch noch zu den Klängen von Heintjes „Ich bau’ dir ein Schloss“. Haffling, ein dicklicher junger Mann, war vor Jahren in einem Indizienprozess für den Mord an dem Mädchen Miriam Springer (Lola Dockhorn) verurteilt worden.

Von Meuffels betrinkt sich und kotzt in ein Feld

Haffling galt – auch für den damaligen Ermittler von Meuffels – als ihr Stalker. Von der Leiche des Mädchens fehlte aber jede Spur. Nun taucht ein völlig aufgelöster Jens Baumann (fantastisch: Karl Markovics) in von Meuffels Büro auf, behauptet, er habe die 16-Jährige getötet. Er wisse, wo die Leiche liegt, nennt Details zu dem Fall, die er nicht aus der Presse haben kann. Von Meuffels glaubt ihm trotzdem nicht – wohl auch, weil er den Gedanken, einen so schwerwiegenden Fehler gemacht zu haben, nicht zulassen kann.

Menschlich, allzu menschlich? „Schauen Sie in den Spiegel, Herr Meuffels“, schreit die verzweifelte Mutter des mutmaßlichen Mörders Tim den Kommissar an. Von Meuffels bittet um Vergebung ("Ich habe damals einen Fehler gemacht, fühle mich für das Schicksal Ihres Sohnes verantwortlich"), betrinkt sich und kotzt in ein Feld. Beim Kommissar wachsen die Zweifel, dass damals wirklich der wahre Täter ins Gefängnis ging.

Ein Krimi mit geradezu biblischen Ausmaßen, ästhetisch kongenial umgesetzt von Kinoregisseur Marco Kreuzpaintner („Coming In“). Viel Sepiatöne. Wieder ein Highlight im Münchner „Polizeiruf“-Kosmos mit seinen unkonventionellen Kameras, Schnitt- und Erzählformen. Alleine die Szene, wie Baumann, der vermeintliche Täter, im dunklen Garten des Vaters des getöteten Mädchens um herbe Strafe fleht, damit um Sühne. Wie sagt von Meuffels: Manchmal ist die Freiheit die Strafe, die auszuhalten ist.

Das Ganze hat ein unerwartetes Ende. Und einen frustrierten Kommissar. Ein Mann ohne Eigenschaften? Im zunehmendem Krawumm der ballernden und überkandidelten TV-Kommissare nimmt sich dieser von Meuffels wie ein Mönch aus.

„Polizeiruf 110 – Und vergib uns unsere Schuld“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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