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Presse: Die Reise nach Japan – warum die Kanzlerin ohne Journalisten fliegt

Mitfliegen in der Kanzlermaschine – ein Dauerthema. Das Kanzleramt versucht, in enger Abstimmung mit dem Vorstand der Bundespressekonferenz ein Verfahren zu entwickeln, das allen Interessen gerecht wird.

Mythos Kanzlermaschine – wer hat sich bei Dienstreisen der deutschen Regierungschefs nicht schon über diese Bilder abends in den „Tagesthemen“ gewundert: Angela Merkel oder früher Gerhard Schröder locker mit Journalisten über dies und das plaudernd. Was wird da verraten? Wer darf da eigentlich rein? Sind das immer dieselben Journalisten? Und: Müssen die ihren Flug selber bezahlen?

Diese Fragen, sprich die Transparenz des Auswahlverfahrens haben immer wieder auch für Irritationen zwischen Bundespresseamt und Medienvertretern geführt, insbesondere der Bundespressekonferenz (BPK), jenem Zusammenschluss von rund 900 hauptberuflichen Journalisten, die für deutsche Medien speziell über die Arbeit von Regierung, Parlament und Ministerien berichten. Jetzt auch wieder, vor der Reise von Kanzlerin Angela Merkel zum G-8-Gipfel nach Japan Anfang Juli. Dorthin dürfen keine Journalisten in der Kanzlermaschine mit. „Wir entscheiden von Fall zu Fall und diesmal ist so entschieden worden“, sagte ein Regierungssprecher gestern dem Tagesspiegel. Auf Nachfrage teilte ein Mitarbeiter des Bundespresseamtes mit, dass mitreisende Journalisten einen Teil des Gipfels verpassen würden, weil nicht genug Platz in den Hubschraubern sei, die die Bundeskanzlerin zum Flughafen bringen. Bei der letzten Dienstreise von Angela Merkel, Mitte Mai nach Lateinamerika, war das anders. Da sorgte das Auswahlverfahren des Kanzleramtes für Verwirrung. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg musste sich in einer Pressekonferenz dafür verantworten, dass in der Kanzlermaschine am Ende nur ein einziger Platz zu verteilen war. Über den sei überdies längst entschieden worden, kritisierte BPK-Mitglied Dieter Wonka die reale Vergabepraxis. Von „offenem Wettbewerb“ könne da keine Rede sein. Das Kanzleramt versuche, entgegnete Steg, in enger Abstimmung mit dem Vorstand der Bundespressekonferenz, ein Verfahren zu entwickeln, das allen Interessen gerecht werde. „Das ist schwierig genug, weil wir immer nur begrenzte Möglichkeiten haben, Journalisten mitzunehmen. Bei dieser Lateinamerikareise sind es 15 an der Zahl.“ Man wechsele die Zusammensetzung. „Wir nehmen Agenturvertreter, Hörfunkkorrespondenten, Fernsehjournalisten, Vertreter der überregionalen Tageszeitungen und der regionalen Tageszeitungen mit.“ Nicht alle Agenturen und alle regionalen Zeitungen könnten vertreten sein.

Mitfliegen in der Kanzlermaschine – ein Dauerthema. Wenn es nur 20 freie Plätze gebe, könnten nicht 90 Journalisten mitfliegen, sagt Werner Gößling, Vorsitzender der Bundespressekonferenz. Aktuell lägen der BPK jedoch keine Beschwerden hierzu vor, „nur Wünsche unter anderem für Reisen von Verteidigungsminister Jung in Krisengebiete“.

Den größten Ärger mit der Kanzlermaschine gab es 2004. „Bild“ und „Stern“ hatten Regierungssprecher Béla Anda und Gerhard Schröder vorgeworfen, sie von Kanzlerreisen auszuschließen, nachdem ihre Mitreisewünsche abgelehnt worden waren. Schröder habe, erwiderte Anda damals, nicht zu einem Informationsboykott aufgerufen, sondern wegen einer gegen die rot-grüne Regierung gerichteten Kampagne der „Bild“-Zeitung „lediglich entschieden, dem Blatt keine Interviews mehr zu geben“.

Generell, so der BPK-Vorsitzende Gößling, sei man sich mittlerweile mit dem Bundespresseamt über die Grundregeln einig. Wichtig ist, dass es diese Reisen mit den verbundenen Gesprächsmöglichkeiten überhaupt gibt und dass es sich um ein faires und transparentes Verfahren handelt. „Wer dieses Mal nicht dabei ist, muss dann halt beim nächsten Mal eine Chance bekommen.“ Mindestens zum halben Preis übrigens. Mitfliegende in der Kanzlermaschine sollen in der Regel 30 bis 50 Prozent des Lufthansatarifs zahlen. M. Ehrenberg/K. Sagatz

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