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Pressemarkt: Trash für Frankreich

Wie der russische Investor Alexander Pugatschew aus „France Soir“ eine Art „Bild“ machen will - und dabei Unterstützung von einem Deutschen bekommt.

Es war eine riesige Werbekampagne, mit der Alexander Pugatschew im Frühjahr das überarbeitete Traditionsblatt „France Soir“ an den Kiosk brachte. Der 25-Jährige, ein Sohn des russischen Oligarchen Sergej Pugatschew , hatte „France Soir“ im Januar 2009 gekauft. 20 Millionen Euro soll er investiert haben. Das Personal wurde auf 130 Mitarbeiter aufgestockt, zum Neustart im März eine Auflage von 500 000 Exemplaren gedruckt, obwohl es zuvor nur 23 000 Leser gab. Der Verkaufspreis wurde auf 50 Cent gesenkt, um das Konkurrenzblatt „Le Parisien – La France Aujourd’hui“ anzugreifen. Das Ziel: 150 000 verkaufte Exemplare.

Davon ist Pugatschew, der neben der russischen auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, zwar noch entfernt, aber die Auflage entwickle sich stetig, berichtet „Le Monde“. 87 000 Exemplare sollen im Juni verkauft worden sein. Trotzdem will Pugatschew „France Soir“ jetzt noch einmal umkrempeln – und wird dabei von einem Deutschen unterstützt: Holger Wiemann, der vor einigen Jahren einmal den Axel-Springer-Verlag in Projekten beraten hat, wurde der Redaktion bereits als Berater Pugatschews vorgestellt. Er soll aus „France Soir“, die für ihre Sportberichterstattung bekannt ist, eine „Bild“-Zeitung à la française machen, schreibt „Le Monde“.

Anscheinend will Pugatschew, dass sein Spielzeug allmählich Gewinn abwirft. „Wenn ich, um Geld zu machen, ein Trash-Blatt machen muss, dann mache ich ein Trash-Blatt“, sagte er der Zeitung „L’Express.“ Trash bedeutet so viel wie Abfall und wird auch als Synonym für Billig-Blätter verwendet.

Eine Strategie, die aufgehen könnte. Denn eine Zeitung, die sich vor allem um Blut, Brüste und Betrogene dreht, gibt es bisher in Frankreich noch nicht. Deshalb hatte der Springer-Verlag auch 2006/2007 prüfen lassen, ob sich ein Engagement im Nachbarland lohnt. Doch aus den Plänen wurde „trotz ermutigender Ergebnisse der Marktforschung“, wie es damals hieß, nichts. Die Risiken seien höher als die Chancen.

Jetzt will Pugatschew dieses Terrain mit „France Soir“ besetzen. Jedoch traut er Christian de Villneuve, den er zum Redaktionsdirektor gemacht hatte, diese Wende offenbar nicht zu. De Villneuve wurde über seine Kündigung bereits informiert, schreibt „Le Monde“. De Villneuve, der zuvor Chefredakteur bei „Le Parisien“ war, schweigt zu den Gründen. Angesichts der positiven Entwicklung könne die Kündigung aber nichts mit der Auflage zu tun haben, sagte ein Mitglied der „France Soir“-Redaktion „Le Monde“. De Villneuve habe wohl schlichtweg keine Lust auf „Bild“ à la française. Sonja Pohlmann

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