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Monopol

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Printmedien: Schöner lesen

Wie die Zeitschriften „Art“ und „Monopol“ versuchen, vom Kunstsommer zu profitieren. "Wir leben vom Bildungsbürgertum, das sich kontinuierlich informieren will."

Es gab Champagner, literweise. Dazu den Ausblick von großzügigen Dachterrassen hinab auf Venedig. Und Galeristen, Milliardärsgattinnen und Künstler, die Smalltalk halten wollten. Dieses Partyprogramm hat Cornelius Tittel am vergangenen Wochenende erschöpft. Jetzt will er sich schnell erholen, schon diese Woche geht es weiter – nach Kassel zur Documenta und nach Münster zu den Skulptur-Projekten. Die beiden Ausstellungen sind zusammen mit der Biennale Venedig und der Messe Art Basel die Kunst-Highlights in diesem Sommer.

Auch für Tittel ist die Grand Tour Pflicht. Der 30-Jährige ist Chefredakteur von „Monopol“. Das „Magazin für Kunst und Leben“ konzentriert sich ausschließlich auf zeitgenössische Kunst, der derzeit angesagtesten Richtung in der Szene. Seit 2004 ist das Magazin auf dem Markt und wird von Amélie von Heydebreck und Florian Illies („Generation Golf“) herausgegeben. Redaktionssitz ist Berlin, verlegt wird „Monopol“ von der Schweizer Ringier-Gruppe. Nach eigenen Angaben verkauft „Monopol“ monatlich 30 000 Exemplare – und macht damit der etablierten „Art“ Konkurrenz. Das Magazin aus dem Hamburger Verlag Gruner & Jahr ist noch immer das größte Kunstmagazin Europas. Die verkaufte Auflage liegt monatlich bei 63 000 Exemplaren (IVW/1. Quartal 2007). Im Gegensatz zum Berliner Parvenü bildet das mittlerweile 27 Jahre alte Blatt alle Epochen ab – von der Antike bis zur Gegenwart. Doch seitdem Tim Sommer die „Art“-Redaktionsleitung 2005 übernahm, rückt auch hier die zeitgenössische Kunst in den Mittelpunkt. Kein Wunder: Selten zuvor hat eine Kunstrichtung für so viel öffentliche Aufmerkamkeit gesorgt. Werke deutscher Künstler wie Jonathan Meese, Neo Rauch und Daniel Richter werden für Millionen Euro gehandelt. Leisten können sich das nur die wenigsten Menschen. Doch wer ein Kunstmagazin kauft, kauft sich zumindest ein Stück von der glamourösen Kunst-Welt mit. Einkommensstark und gut gebildet sind die typischen Leser. In einem solchen Umfeld werben Anzeigenkunden gerne. „Art“ ist in den schwarzen Zahlen, „Monopol“ entwickelt sich laut Verlag gut. Allerdings, keines der beiden Magazine konnte im Zuge des Kunstbooms zahlreiche neue Leser für sich begeistern. Bei „Art“ ist sogar das Gegenteil der Fall: Immer weniger Hefte wurden verkauft, noch vor zwei Jahren lag die verkaufte Auflage bei über 70 000 Stück.

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Jetzt, im Kunstsommer, sehen beide Magazine ihre große Chance gekommen. „Für uns ist die Documenta eine Riesenmöglichkeit, neue Leser zu gewinnen“, sagt „Monopol“-Chef Tittel. Auch Sommer setzt darauf, dass sich viele Leute durch das Spektakel mitreißen lassen und künftig sein Magazin kaufen. Im Gegensatz zu den theorielastigen Zeitschriften wie „Texte zur Kunst“ und „Kunstforum“ sind „Art“ und „Monopol“ für Laien leicht zugänglich. Beide Magazine werben in ihren aktuellen Ausgaben mit Extrabeilagen zur gerade eröffneten Documenta. „Art“, die eigentlich am letzten Freitag eines Monats auf den Markt kommt, erschien extra eine Woche früher. Das 7,50 Euro teure „Monopol“ liegt in Hotels aus, die Beilage wird auf dem Ausstellungsgelände teilweise kostenlos verteilt. Sommer lehnt diese auflagensteigernde Werbemaßnahme ab. Er ist überzeugt, dass sich seine acht Euro teure „Art“ alleine über den DocumentaSchwerpunkt gut verkaufen wird. 88.000 Exemplare peilt er an. Langfristig soll sich die Auflage auf diesem Niveau einpendeln.

Ob die Rechnung aufgeht, ist fraglich. Denn wer beim Hype mitreden will, muss nicht zwangsläufig die Special-Interest-Magazine lesen. Auch Tageszeitungen greifen in ihren Feuilletons die Geschichten rund um den boomenden Kunstmarkt auf – oft schneller und aktueller als die Monatsmagazine. Ebenso haben Lifestyle-Magazine wie die „Vogue“ oder „Architectural Digest“ Kunst als Thema für sich entdeckt. Mit opulenten Bildstrecken, Werksanalysen und mehrseitigen Künstlerporträts versuchen „Art“ und „Monopol“ dagegenzuhalten. Ein Ende des Hypes fürchten weder Tittel noch Sommer. „Wir leben nicht von den Happy Few, die von Vernissage zu Vernissage reisen, sondern vom Bildungsbürgertum, das sich kontinuierlich informieren will“, sagt Sommer. „So haben wir bisher alle Aufs und Abs überlebt.“ Das Ende des Kunstsommers wird für ihn auch sein Gutes haben: „Dann können wir endlich wieder selbst unsere Themen setzen.“ Vorher steht für beide Chefredakteure aber die Reise nach Kassel und Münster an. Dass dort auch Champagner fließt, ist selbstverständlich.

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