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Die Lanz hängt tief: Moderator Markus Lanz beim Limbo-Tanzen zur "Wetten, dass"-Mallorca-Ausgabe

© dpa

Pro & Contra zum "Wetten, dass"-Moderator: Zieh den Stöpsel, Lanz!

Kann's Lanz - oder kann er's nicht? Der "Wetten, dass"-Moderator Markus Lanz muss sich regelmäßig herber Kritik aussetzen - und wird zugleich eifrig verteidigt. Zu recht, meint Matthias Kalle, in dem Mann stecke ein Moderationstalent. Weit gefehlt, hält Sonja Alvarez dagegen: Lanz quält sich!

Jetzt heißt es vorsichtig sein. Nicht, dass hier schon wieder etwas kaputtgeschrieben wird. Das machen die Fernsehkritiker nämlich mit „Wetten, dass..?“, meint Markus Lanz: „Wenn Sie dauernd den Untergang herbeischreiben, dann kriegen Sie ihn auch“, sagte er dem „Stern.“

Heißt das also: Wenn wir den genialen Moderator Lanz herbeischreiben, bekommen wir den auch?

Das wäre eine hübsche Zauberei, im deutschen Fernsehen vielfach zu gebrauchen, aber leider unmöglich. Ob eine Sendung, ein Moderator erfolgreich ist, entscheiden am Ende nämlich nicht die Medien, sondern die Zuschauer. Und die waren mit Lanz zuletzt nicht zufrieden. 6,55 Millionen Menschen schalteten am 9. November bei „Wetten, dass..?“ ein, so wenige wie noch nie zuvor.

Dabei hat Lanz erst am Mittwoch beim Nackt-Protest in seiner Talkshow gezeigt, wie cool er sein kann. Bei „Wetten, dass..?“ hingegen ist er der Schmerzensmann, der Einzige, der sich traut, die Via Dolorosa des Mainzer Lerchenbergs zu beschreiten – so liest es sich zumindest im „Stern“: Es sei „kein Tag der Freude“ gewesen, als er die Zusage für die ZDF-Wettsendung gab.

Lanz hat an seiner eigenen Show keinen Spaß

Und genau das merkt man Lanz an. In keiner Ausgabe ist es bisher so aufgetreten, als würde es ihm wirklich Spaß machen, was er da tut, nämlich die noch immer größte Fernsehshow Europas zu moderieren. Er wirkt wie ein Fremdfaktor in seiner eigenen Sendung, verkrampft, er macht peinliche Witze (erinnert sei an die Eiswürfel in Gerard Butlers Hose) und Sprüche (Miley Cyrus, die neue „Pippi-Langstrumpf“). Es ist dabei egal, ob sich Lanz diese Aktionen und Sätze selbst ausgedacht hat oder seine Gag-Schreiber. Wenn es ihm keinen Spaß macht, soll er aufhören. Aber genau das will Lanz nicht. Das würde er „uncool“ finden. Er wolle weitermachen, „Alleine um ein paar Leute aus der Meute“ – also den Medien – „zu ärgern“. Da spricht er wieder, der Mann, der sich als Opfer sieht.

Wäre das für ihn tatsächlich der entscheidende Grund zu bleiben, müsste er gehen. Sofort. Doch Lanz schiebt hinterher: „Das Wichtigste aber ist: Es gibt Millionen Menschen, die diese Sendung lieben.“ Gehört er aber selbst dazu?

Es ist jetzt an ihm, das zu beweisen. Ausrufe wie „Wow, wow, wow“, „sensationell“ und „great performance“ reichen als Zeugnis dafür nicht aus. Wenn er am Samstag ABBA-Legende Björn Ulvaeus, Schauspieler Wolfgang Stumph, Ex-Tennisstar Boris Becker und Komiker Michael „Bully“ Herbig begrüßt, darf er sich nicht in seine Phrasen flüchten – vor allem muss er seine Haltung ablegen, der tapfere Märtyrer zu sein. Sonst wird er weiter so müde wirken wie Thomas Gottschalk am Ende der Show. Dann ist es Zeit zu gehen.

Pro Markus Lanz: Er muss sich nur emanzipieren!

Wenn man sich als Fernsehkritiker unter Kollegen unmöglich machen will, dann behauptet man einfach mal, man halte Markus Lanz für einen guten Moderator und überhaupt sei der Mann nicht schuld am Untergang von „Wetten, dass..?“. Daraufhin erntet man Kopfschütteln, Unverständnis und die Aufforderung, den Beruf noch einmal zu überdenken.

Ich halte Markus Lanz für einen guten Moderator und finde nicht, dass er schuld ist am Untergang von „Wetten, dass..?“. Wer das Gegenteil behauptet, der hat nicht den Verstand verloren, aber der macht es sich zu leicht – und langweilt außerdem noch. Das Draufhauen auf Markus Lanz ist mittlerweile ein Volkssport geworden; dass der eine große Samstagabendshow nicht moderieren könne, erklären einem vor allem Leute, die schon Probleme damit hätten, eine fünfköpfige Konferenz zu leiten. Vor allem aber für das Lanz-Bashing nirgendwohin, es ändert nichts. Und vielleicht ist „Wetten, dass..?“ ja auch schon so bedeutungslos, dass die Kritik an der Sendung zwangsläufig destruktiv sein muss – ich will das allerdings nicht glauben und lieber konstruktiv sein – denn eine gute Ausgabe von „Wetten, dass..?“ ist auch mit Markus Lanz möglich.

Zum Beispiel, indem man ihm eine andere Gäste-Couch zusammenstellt. In den letzten Ausgaben bestand das Unglück vor allem an der Auswahl der Prominenten. Jeder einzelne von denen mag ein guter Gast sein – gemeinsam aber stellen Lukas Podolski, Armin Rohde und Barbara Meier jeden Moderator vor eine unlösbare Aufgabe. Daran hat Lanz keine Schuld, er lädt nicht ein. Es gibt genug Momente in seiner ZDF-Talkshow, wo ihm die Gästeauswahl zugutekam – zum Beispiel, als Benjamin von Stuckrad-Barre Gertrud Höhler auseinandergenommen hat. Da hat Lanz alles richtig gemacht (Tempo, Timing, Intervention).

In seiner Talkshow ist er prima - aber bei "Wetten, dass" hemmt in das Konzept

In seiner Talkshow kann Lanz auch mitunter witzig sein – bei „Wetten, dass..?“ ist er das nicht, vielleicht, weil man es von ihm erwartet und deshalb ein Gag-Autor Witze schreibt, obwohl der das eventuell gar nicht so gut kann. Manchmal scheint es so, als würde das ZDF dem Moderator Lanz nicht trauen – deshalb lernt er Dinge auswendig, trägt einen Stöpsel im Ohr, deshalb haben sie ihm ein starres Konzept verpasst, nach dem er sich zu richten hat, aus dem er nicht ausbrechen darf. Dieses Konzept ist es, was „Wetten, dass..?“ im Moment so schlecht aussehen lässt.

Lanz sollte sich den Stöpsel aus dem Ohr nehmen, er sollte sich selbst mehr vertrauen als dem Moderationsbuch oder einer vermeintlich „sicheren“ Gästeauswahl.

Vielleicht erleben wir ja noch die Emanzipation des Markus Lanz – das wäre ein Gewinn für alle. Auch für „Wetten, dass..?“.

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