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Teures Recycling? Bernd Stelter, bekannt hauptsächlich durch RTL, moderiert nun die WDR-Quizsendung „Das NRW Duell“. Foto: WDR

© WDR/Herby Sachs

Qualität und Kontrolle: Verdienen die, was sie verdienen?

WDR-Indendantin Monika Piel und RBB-Intendantin Dagmar Reim haben ein höheres Gehalt als der Bundespräsident. Andere öffentlich-rechtliche Sender schweigen lieber über die Bezüge ihres Spitzenpersonal - jammern dafür aber über ihre finanzielle Ausstattung. Eine Debatte über Qualität und Kontrolle ist entfacht.

Jetzt wissen wir Bescheid: Monika Piel, die Intendantin des WDR, hat im Jahr 2009 also 352 000 Euro brutto verdient. Zusätzlich wurden in diesem Jahr 228 000 Euro als Rückstellung für ihre Pension beiseite gelegt. Der NDR gab im Jahr davor für seine Führungskräfte 2,058 Millionen Euro aus. Wie viel davon der Intendant bekam, ist nicht ausgewiesen. Am Donnerstag legte der RBB seine Spitzengehälter offen (siehe Beitrag links), „weil es nichts zu verheimlichen gibt“. Das drückt sich unter anderem darin aus, dass Dagmar Reim als Intendantin des chronisch klammen Senders der Hauptstadtregion mit 220 000 Euro deutlich weniger als ihre WDR-Kollegin verdient. Dennoch stellt sich die Frage: Verdienen die Spitzenverdiener, was sie verdienen zu Recht? Ist das viele Geld für sie zu viel?

Kommt drauf an. Vergleicht man den WDR oder andere große Senderanstalten mit anderen Medienhäusern, gegen die sich beide Sender im Wettbewerb behaupten sollen, dann ist dieses Gehalt nicht gigantisch. Wären Monika Piel oder Lutz Marmor, der Intendant des NDR, in vergleichbarer Position Manager von Bertelsmann oder beim Axel-Springer-Verlag – sie würden sicher mehr verdienen. Aber was ist das für ein Vergleich? Öffentlich-rechtliche Sender sind etwas völlig anderes als privatwirtschaftlich agierende Medienhäuser: nicht dem Gewinn verpflichtet, sondern allein einem gesellschaftlichen Auftrag. Jedenfalls pochen beide Intendanten auf diese fundamentale Differenz in Festansprachen und Diskussionen. Außerdem trägt, wer privatwirtschaftlich agiert, ein Risiko. Öffentlich-rechtliche Sender haben das schöne Privileg, nicht pleitegehen zu können. Auch haften die Manager für nichts. Am Ende bürgt immer der Staat. Selbst wenn das Schlimmste passiert, ist für einen einmal gewählten Intendanten gehobener Wohlstand bis zum Lebensende garantiert.

Natürlich gibt es in der ARD auch Leute, die mehr verdienen als Monika Piel oder Lutz Marmor. Sicher wird die zukünftige ARD-Vorsitzende Monika Piel weniger verdienen als der zukünftige Top-Talker der ARD, Günther Jauch. Aber TV-Größen dieser Art (Gottschalk, Beckmann, Maischberger, Plasberg etc.) agieren in der Liga von Pop- oder Fußballstars. Außerdem sind sie selbständige Unternehmer, die ihren Marktwert kalkulieren und ihrerseits Firmen unterhalten, an denen wiederum viele Arbeitsplätze hängen. Sie sind Abhängige ihres eigenen Erfolges, nicht für immer sicher situierte Funktionäre.

Versuchen wir also – und das ist die entscheidende Kategorie – das außerordentliche Gehalt in Relation zu setzen zur Leistung. Worin besteht diese Leistung? Sicher nicht darin, ein großes Haus mit vielen Telefonen verwalten zu können. Sicher auch nicht in der durch Hörfunk und Fernsehen erreichten Quote. Sondern im Programm, das für uns, in unserem Auftrag und mit unserem Geld entsteht. Wie der gesellschaftliche Auftrag erfüllt wird, demokratisches Bewusstsein zu schaffen; aufzuklären; Diskurse zu befeuern; uns so zu unterhalten, dass wir nicht eingelullt, sondern wachgerüttelt werden; die Formen des Mediums selber ästhetisch weiterzuentwickeln – das ist sicher nicht zu quantifizieren; aber fragen darf man.

Zur Bilanz gehört: das öffentlich-rechtliche Fernsehen sendet an der Jugend vorbei. Gerade der WDR recycelt regional alles, was RTL beiseite gelegt hat: „Stars“ wie bevorzugt Bernd Stelter; Service-Formate von Paarberatern über Hotel-Tester bis zur Schuldenberatung werden eifrig kopiert; viele Stunden Karneval lässt man sich von Gutachtern als „Kultur“ gutschreiben. Kreativität wird immer stärker ausgelagert in Zulieferfirmen.

Am schlimmsten aber ist der permanente Jammerton. Alle öffentlich-rechtlichen Repräsentanten singen rund um die Uhr ihr monotones Klagelied: dass die Gebühren so gering seien, dass man sparen müsse, nun auch am Programm. So wird die Öffentlichkeit, mehr noch die Schar der eigenen Mitarbeiter traktiert. Die Konsequenz? Es wird tatsächlich gespart! An Drehtagen, an Honoraren und Tagessätzen. Freie Autoren berichten, dass jetzt schon Sekretärinnen anrufen und nachfragen, ob man für diesen kleinen Dreh nicht auch bei Freunden übernachten könne, dass unbezahlte Zusatzarbeit für den Online-Auftritt erwartet wird; dass Interviewgäste aufgefordert werden, auf Honorar zu verzichten. Nehmen wir ein Beispiel: Insider haben dem ARD-Fernsehfilm „Eichmanns Ende“ angesehen, das ihm vier oder sechs Drehtage mehr gut getan hätten. Nehmen wir noch ein Beispiel: die Journalistenausbildung der ARD ist anerkannt, aber ist es angemessen, wenn bei mehr als 20 000 Beschäftigten in allen ARD-Sendern jährlich gerade einmal knapp hundert Journalisten ausgebildet werden? Und es gibt sogar einzelne ARD-Anstalten, in denen Praktikanten für lau arbeiten. Sind bei diesen Spitzengehältern wirklich keine 300 oder 400 Euro für Praktikanten drin? Was für ein Gesellschaftsbild liegt solchen Verhältnissen zugrunde?

Monika Piel praktiziert Führung durch Lob. Im WDR sind die Türen zugepflastert mit Dankschreiben aus der Intendanz. Aber wo bleibt der zweite Gedanke? Alles Interessante, die Enthüllungen über Jürgen Rüttgers oder die Machenschaften der Staatskanzlei erfuhr man stets nur second hand. Zur Loveparade verbietet sich Besserwisserei, aber auch im WDR gab es vorab kein einziges warnendes Wort. Eventuell ist es ja doch nicht der Weisheit letzter Schluss, statt journalistische Distanz zu wahren immer wieder als „Medienpartner“ solcher Veranstaltungen aufzutreten.

Einige Sendergrößen tun nun so als sei es eine gönnerhafte Gnade, dass der WDR freiwillig das Gehalt der Senderchefin bekannt gegeben hat. Es ist aber Gesetz. Wer so denkt, hat nichts begriffen. Noch sind es nur wenige, die sich einmischen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die eine „Programmbeschwerde“ loslassen, schlechtes Deutsch in den Nachrichten bemängeln oder dass Klassik nur noch in Häppchen verabreicht wird. Aber ARD und ZDF sind uns verpflichtet. Sie haben nur eine Zukunft, wenn sie Teilhabe nicht gewähren, sondern anstreben. Vereinbaren wir mit unseren Treuhändern – nichts anderes sind die Intendanten – doch Folgendes: Es gibt keinen Neid und kein Wort, das ihn anfachen könnte, wenn sie aufhören zu jammern. Es ist viel Geld da. Aber hört auf, bei den Honoraren zu knausern, Praktikanten auszubeuten und Filmprojekte kaputtzusparen, solange ihr selber so weich gebettet seid!

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