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Radio-Tipps: Seifenoper mit Marlene Dietrich

Ob Marlene Dietrich, die Anfang der fünfziger Jahre die Hauptdarstellerin einer Seifenoper im amerikanischen Radio war oder das Hörspiel „Tod eines Praktikanten“, in dem sich ein neues Elendsmilieu des Globalkapitalismus aussprechen darf: Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten.

Vor zehn Jahren fiel die britische Kronkolonie Hongkong an China zurück. Ein soziales Experiment begann, das der Westen mit Sorge betrachtete. Würden sich Chinas Machthaber an die vertraglich fixierten Spielregeln halten, oder würden sie das asiatisch-kapitalistische Musterland unter ihre Knute zwingen? Radioautor Friedrich Schütze-Quest ist nach Hongkong gefahren, um die aktuelle Lage vor Ort zu sondieren. Als altgedienter Asienreporter ist er mit den Verhältnissen und ihrer Geschichte bestens vertraut. Sein Feature „Pingpong“ erzählt von einem noch immer modellhaft funktionierenden Gemeinwesen. Im Inselstaat, so Schütze-Quest, lebt man heute besser als unter den Briten. Das Mutterland allerdings sieht seine Erfolgsprovinz mit gemischten Gefühlen (Kulturradio, 27. Juni, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Der Mensch im Allgemeinen ist durchaus tierlieb. Auf sein Haustier lässt er nichts kommen, im Park füttert er gern die Enten. Andererseits will er nicht unbedingt wissen, warum das Fleisch im Supermarkt manchmal weniger kostet als Obst oder Gemüse. Was der industriell verwerteten Kreatur hinter dem Vorhang angetan wird, geht ihn nichts an. In ihrem Feature „Geliebt und missbraucht“ untersuchen Cornelia Bleuel und Paula Keller das sonderbar paradoxe Verhältnis des Menschen zum Tier. Eine Beziehung, die wechselweise bestimmt ist von jauchzenden Gefühlen und eisiger Ignoranz. Was sagt das aus über den Menschen und seine moralischen Ordnungen? Die Autorinnen präsentieren drastische Beispiele und bitten Experten um deren Interpretation (Deutschlandfunk, 29 Juni, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Anfang der fünfziger Jahre war Marlene Dietrich die Hauptdarstellerin einer Seifenoper im amerikanische Radio. Als jetsettende Nachtclubsängerin Diane la Volta wurde sie quer über den Globus in haarsträubende kriminelle Aktionen verwickelt. Mörder, Spione und Juwelendiebe waren ihre bevorzugten Gegner. Die Seifenoper hieß „Time for love“, weil am Ende niemand den erotischen Waffen dieser Frau widerstehen konnte. In der Episode „Train to Berlin“, die deutsche Hörspielmacher jetzt noch einmal aus den Archiven gekramt haben, soll la Volta einen Mann aus den Klauen der Ostberliner Kommunisten befreien. Zu jeder englischsprachigen Szene gibt es eine kurze Zusammenfassung in Deutsch (Deutschlandfunk, 30. Juni, 0 Uhr 05).

Was wir schon immer über die Graffitiszene wissen wollten, aber mangels Greifbarkeit ihrer Protagonisten nie fragen konnten, gibt es nun im Feature „Narrenhände oder Die Zeichen an der Wand“ von Günter Beyer zu hören. Ästhetische Partisanen erzählen von ihrer Arbeit im städtischen Raum. Von Ideen und Idealen, Solidarität und Konkurrenz, offenen Botschaften und geheimen Symbolen. Handelt es sich hier um die letzte Erscheinungsform einer Kunst, die den Bürger wirklich noch provoziert? Oder doch nur um Auswüchse einer libertinären Spaßgesellschaft? Gar um Krankheit, wie der empörte Innenminister Schily einst diagnostizierte? Bei Beyer reden auch Opfer der Farbattacken und beamtete Graffitigegner über ihre Sicht der Dinge (Deutschlandfunk, 1. Juli, 20 Uhr 05).

Ein neues Elendsmilieu des Globalkapitalismus darf sich im Hörspiel „Tod eines Praktikanten“ von René Pollesch gründlich aussprechen. Menschen, die von soliden, gut bezahlten Jobs träumen, aber stattdessen als schlecht oder gar nicht honorierte Praktikanten in der Warteschleife hängen geblieben sind. Aushilfs- und Zwischenexistenzen, die sich gern gegen ein biografisch ruinöses Wirtschaftssystem wehren würden, aber das hat längst keine feste Büroadresse mehr. So bleibt den verängstigten Einzelkämpfern nur der verbale Amoklauf. Die wortmächtige Hysterie (Deutschlandfunk, 3. Juli, 20 Uhr 10).

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