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Update

Rechtsstreit um Hitlers Hetzschrift: Gericht: "Mein Kampf"-Auszüge bleiben tabu

Darf Hitlers "Mein Kampf" am Zeitungskiosk ausliegen oder nicht? Das Landgericht München I sagt nein - und untersagt einem britischen Verleger damit die Verbreitung von unzureichend kommentierten Auszügen.

Die Veröffentlichung von Auszügen aus Adolf Hitlers Hetzschrift "Mein Kampf" bleibt in Deutschland verboten. Die historische Wochenzeitung "Zeitungszeugen" des britischen Verlegers Peter McGee habe mit seitenlangen Auszügen aus dem Buch die Grenzen des Zitatrechts überschritten, urteilte das Landgericht München I am Donnerstag (Az: 7 O 16629/08). Damit hielt es eine im Januar vom bayerischen Finanzministerium erwirkte einstweilige Verfügung aufrecht, gegen die McGee vorgegangen war. Das Ministerium hat die Urheberrechte an "Mein Kampf" als Rechtenachfolger des Eher-Verlags der Nationalsozialisten geerbt.

McGee wollte seiner Publikation im Januar ein Heft mit kommentierten "Mein Kampf"-Ausschnitten beilegen. Nach dem Urteil ist seine Publikation aber nicht vom Zitatrecht gedeckt, weil er in den geplanten "Zeitungszeugen"-Ausgaben vor allem aus Hitlers Hetzschrift habe zitieren wollen - und nur ein kleiner Teil für ergänzende Kommentare vorgesehen sei. Damit würde die Veröffentlichung der Schrift von Adolf Hitler dienen, entschied das Gericht. Eine Veröffentlichung wäre nach dem Zitatrecht nur zulässig, wenn die Zitate aus Hitlers Buch einem neuen Werk dienen würden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der weitere Rechtsweg zum Oberlandesgericht zulässig.

Schon kurz vor der Gerichtsentscheidung hatte der Verlag beschlossen, die Zitate aus dem Buch zu pixeln, um eine Eskalation des Streits zu verhindern. Im Jahr 2009 nämlich hatte das Finanzministerium Publikationen der "Zeitungszeugen" beschlagnahmen lassen. Das brachte dem Verlag nach Angaben McGees einen großen finanziellen und auch einen Imageschaden ein. Den anschließenden Rechtsstreit vor Gericht gewann der Verlag in zwei Instanzen.

Damals war die Rechtslage aber eine andere. Denn im Fall der Publikationen von 2009 handelte es sich um den kommentierten Nachdruck von Nazi-Zeitungen, deren Urheberrecht bereits erloschen ist. Bei "Mein Kampf" ist das erst im Jahr 2015 der Fall, also 70 Jahre nach Hitlers Tod. Hitler hatte nach seinem erfolglosen Putsch während einer Festungshaft 1924 mit der Arbeit an dem Buch begonnen und es nach seiner Freilassung fertiggestellt. Die Hetzschrift erreichte eine Millionenauflage - nicht zuletzt, weil sie nach der Machtergreifung Hitlers jedem Brautpaar statt der Bibel auf dem Standesamt geschenkt wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fielen die Rechte an dem Buch an den Freistaat Bayern, der seither einen Nachdruck in Deutschland verhindert.

Der Rechtsstreit hatte eine Debatte über den Umgang mit Hitlers "Mein Kampf" in Deutschland ausgelöst. Während einige Historiker sich für eine Veröffentlichung und eine offene Auseinandersetzung aussprachen, witterten andere - unter anderem die langjährige Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch - in McGees Projekt vor allem Profitgier. Für die Zeit nach 2015 plant das Institut für Zeitgeschichte in München die Veröffentlichung einer kommentierten "Mein Kampf"-Ausgabe. Die Arbeiten daran haben 2010 begonnen, die Historiker haben für das Projekt zwei bis vier Jahre angesetzt.

(AFP/dpa)

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