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REISE NACH INNEN: Die Schatten der Vergangenheit

Innerlich ist es eine Reise in die Vergangenheit, äußerlich eine Weltreise. Von Hamburg nach Südafrika.

Innerlich ist es eine Reise in die Vergangenheit, äußerlich eine Weltreise. Von Hamburg nach Südafrika. Diese Reise tritt die Neurologin Ella (Hannelore Hoger) an, um an der Beerdigung ihrer Schwester Hilde teilzunehmen. Jahrzehnte ist es her, dass Ella zuletzt auf der Teefarm der Familie nahe Kapstadt war. Sie hat zu dieser Welt, die einmal ihre Heimat war, keinerlei Bezug mehr. Auf der Beerdigung wirkt die Deutsche mit dem Sonnenschirm denn auch wie ein Fremdkörper. Ella möchte nur kurz bleiben, die Teefarm verkaufen und zurück nach Hause, zumal sie an der letzten Fassung ihres jüngsten Buches sitzt. Doch es kommt anders. Ella begegnet auf Schritt und Tritt ihrer Vergangenheit. Da ist etwa Jack (Rolf Lassgard, Henning Mankells „Wallander“), der damals so sehr in Ella verliebt war, die wiederum in den Schwarzen Ben verliebt war und eines Tages von ihm schwanger wurde. Eine verbotene Liebe zwischen einem Schwarzen und einer Weißen, das war ein Tabu, eine Schande für Ellas Eltern. Es war die Zeit der Apartheid. Doch dann auch noch ein Kind?! Ben wurde immer wieder verfolgt und gehetzt und gefoltert, bis er daran starb. Und Ella, die nicht abtreiben wollte, gab das Mädchen zur Adoption frei und verließ das Land gen Deutschland. Auch der alten Saartjie (Mary Twala) begegnet Ella wieder, die damals schon das schwarze Hausmädchen der Familie war. Noch immer wohnt Saartjie auf der Teefarm, sie hat inzwischen eine erwachsene Tochter, die wiederum einen Sohn hat. Je länger Ella bleibt, desto mehr stößt sie auf die längst vergessenen und verdrängten Dinge des Lebens.

"Ellas Geheimnis“, von Rainer Kaufmann nach dem Drehbuch der in Deutschland lebenden, in Südafrika geborenen Autorin Stefanie Sycholt („Malunde“) inszeniert, ist zunächst einmal, das versteht sich bei den Namen vor und hinter der Kamera von selbst, keiner der üblichen Freitagabend-Süßholzraspel-Filmchen. Dennoch hakt und holpert es in der Dramaturgie, manches Mal muten die Sprünge zwischen den Szenen zu abrupt an, wirken Dialoge holzschnittartig, sind die Settings klischeelastig. Vielleicht war es einfach zu viel, das Politisch-Allgemeine und all das Privat-Individuelle, die innere wie äußere Odyssee dieser Frau in 90 Minuten miteinander verknüpfen zu wollen. Und so hat „Ellas Geheimnis“ etwas Unausgegorenes an sich.

Schön ist das nahezu poetische Schlussbild. Einst saßen die junge Ella (Amelie Kiefer) und die junge Saartjie hoch oben auf einer Felsebene und ließen die Füße baumeln, und überkreuzten sie miteinander – Ellas weiße, Saartjis schwarze Füße. Und nun, etwa 40 Jahre später, sitzen sie wieder da, nach mehreren schmerzlichen Wahrheiten, die es zu erfahren und nun auszuhalten gilt. Ihre Hautfarben, die sind ihnen schnuppe. Wie Hannelore Hoger und Mary Twala da auf der Hochebene sitzen, spielerisch mit der Situation umgehen, dem Schmerz auch Trost abgewinnen, das hat etwas sehr Anrührendes.

„Ellas Geheimnis“, Arte, 20 Uhr 15

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