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Relaunch: Haste mal ’ne Frage?

Aus dem ZDF-Infokanal wird ZDFinfo, aus Zuschauern werden Mitmacher.

Die überragende Mehrheit der Zuschauer sitzt passiv vorm Fernseher. Die größte Mitmach-Bereitschaft besteht im Zappen durch die Programme. So soll, so kann es nicht weitergehen. Das Publikum muss aktiver Partner der ProgrammMacher werden. ZDFinfo setzt darauf. ZDFinfo ist vom 5. September an der Nachfolger des ZDF-Infokanals. Zusammen mit ZDFneo und ZDFkultur sind die drei Digitalkanäle der Fernsehanstalt dann neu positioniert.

Das Mitmachen der Zuschauer bei ZDFinfo soll über „Fernsehen zum Mitreden“ passieren. ZDF-Chefredakteur Peter Frey sagte bei einem Pressegespräch am Montag in Berlin, das überarbeitete Info-Programm biete Sendungen an, „die den Zuschauer zum Gespräch, zur Reaktion oder sogar zum Selber-Fernsehmachen anregen“. Es entstünden Formate, die nicht nur im Programm liefen, sondern plattformübergreifend auch für die Onlinewelt des Zweiten geeignet seien.

Das vordringliche Motiv für diese Cross-Medialität und Interaktivität liegt im Alter des ZDF-Zuschauers – laut Frey ist der Durchschnitt mittlerweile jenseits der 60 – begründet. Mit „Wiso plus“ oder „heute plus“ sind Zuschauer zwischen 30 und 50 Jahren gemeint, die wöchentliche Talkshow „log in“ will Publikum ab 20 ansprechen. Titel wie „Wiso plus“, „heute plus“ oder „Europa plus“ machen deutlich, dass ZDFinfo zwar eine eigene Tonart pflegen, im Kern aber die vorhandenen Marken des Hauptprogramms erweitern und vertiefen will. Bei „heute plus“ exemplizierte Robert Bachem, Leiter von ZDFinfo, die neue Anstrengung: An jedem Mittwoch stellen sich die Moderatoren der „heute“-Sendung, Petra Gerster und Matthias Fornoff, den Zuschauern und Nutzern. Direkt im Anschluss an die Hauptnachrichten um 19 Uhr soll die Feedback-Sendung Gelegenheit zur Diskussion über Themenauswahl, Machart und Gewichtung geben. „heute plus“ wird live gesendet und live gestreamt.

„Wiso“ läuft momentan an jedem Montag im Zweiten, „Wiso plus“ wird an jedem Werktag drei Mal ausgestrahlt. Mit den fünf Themenschwerpunkten Umwelt, Recht, Geld, Technik und Leben wollen die jeweils 15 Minuten das Lebensgefühl und den Alltag von Menschen zwischen 30 und 50 Minuten in den Blick nehmen. Die Moderatorinnen Martina Andrecht und Olesja Marchukova sowie Moderator Marcus Niehaves werden dem größten Teil des ZDF-Publikums unvertraut sein. „Der Kanal ist auch eine Teststrecke für Formate und Moderatoren, die wir dann ins Hauptprogramm heben können“, kündigte Chefredakteur Frey an. Das Format „My info“ versammelt die am häufigsten angeklickten Videos der ZDF-Mediathek aus den Bereichen News und Information. Die Standards des ZDF-Infokanals bleiben bei ZDFinfo erhalten: Nachrichten in 100 Sekunden, „heute“ und „heute-journal“, zeitgeschichtliche Dokumentationen und auch das „Auslandsjournal“ zur besten Sendezeit um 20 Uhr 15.

Die wöchentliche Talkshow „log in“ ist seit Januar dieses Jahres jeden Mittwoch im Programm von ZDFinfo. Nach Angaben der Macher ist das die einzige Sendung im deutschen Fernsehen, in der nicht nur Moderatoren wie Wolf-Christian Ulrich, sondern auch die Zuschauer das Wort führen. Die Fragen zu einem Thema, beispielsweise Stuttgart 21 oder die deutsche Abstinenz beim Nato-Einsatz in Libyen, werden auf unterschiedlichen Online-Plattformen (ZDF, StudiVZ, Tagesspiegel) gesammelt und dann auf den prominenten Studiogast „abgeschossen“. Auch während der Sendung können sich User in die Diskussion einschalten. Am 7. September werden aus den üblicherweise 60 Minuten vier Stunden, wenn sich „log in“ zu „log in XXL“ weitet, einer Spezial-Ausgabe zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses. Die fünf Spitzenkandidaten von SPD, CDU, Die Linke, Grünen und FDP werden nacheinander zu Rede und Antwort gebeten.

Alle Anstrengungen bei ZDFinfo sind auf Zuschauerzuwachs ausgerichtet. „Im alten Infokanal“, sagte Frey, „haben wir Kontakt mit etwa einer Million Zuschauern, die sich mindestens eine Minute am Tag für den Sender entscheiden.“ Mit dem Relaunch sollen es bei ZDFinfo mehr werden. Durch den Rückgriff auf vorhandenes Programm liegt die Quote der Eigenproduktionen bei 30 Prozent; dadurch und durch die enge Verzahnung mit Personal und Material im Sender sind die Kosten überschaubar. ZDFinfo kostet pro Jahr so viel wie das „Morgenmagazin“, durch den Relaunch wird das Budget laut Peter Frey um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag aufgestockt.

Vor einem Irrtum sollten sich die Zuschauer hüten. ZDF-Infokanal war kein Nachrichten- und Ereigniskanal, ZDFInfo wird keiner sein. Eine derartige Ausrichtung verbietet der Rundfunkstaatsvertrag, um private Sender wie N 24 und n-tv zu schützen.

Zu „log in XXL – Erst fragen, dann wählen“ siehe auch die Meinungsseite.

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