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Struve

© ddp

"Riverboat": "Unterschätzen Sie mir meine Gäste nicht"

Günter Struve wird von Freitag an zusammen mit Mareile Höppner und Jan Hofer die MDR-Talkshow "Riverboat" moderieren. Er wird am Tag seiner Talkshow-Premiere 69 Jahre alt.

Herr Struve, was um Gottes willen ...

... hallo Herr Eckert, eh ich's vergesse: herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag nachträglich.

Woher wissen Sie denn das?

Ich lebe von meinem Gedächtnis.

Wie schön. Und ich lebe davon, dass ich alles vergesse.

Nur für den Fall, dass Sie diese Weisheit noch nicht kannten: Fürs Lebensglück ist beides gleich wichtig. Aber was wollen Sie denn eigentlich von mir wissen?

Das ist schnell gefragt: Was konnte Sie so weit bringen, das sonnige Kalifornien alle zwei Wochen mit einem Studio in Leipzig zu tauschen? Diese Anstrengung, diese Mühe!

Ich habe die Erkenntnis gewonnen, dass zu viel Tempo weit weniger gefährlich ist als zu wenig. Das ist mir schon mit Mitte Zwanzig klar geworden. Ich werde das Tempo natürlich nicht ewig durchhalten. Aber für 2009 wird die Kraft noch reichen.

Wer hatte die Idee, ausgerechnet Sie als Talkmaster für das "Riverboat" zu engagieren?

Ich definitiv nicht.

Haben Sie lange überlegen müssen?

Nicht sehr, ein knappes Wochenende. An einem Freitagnachmittag kam der Anruf, am folgenden Montagmorgen habe ich zugesagt.

Was hat Ihnen die Zusage erleichtert?

Die Tatsache, dass ich mich in Deutschland ein wenig unterbeschäftigt fühlte. Damit ist es jetzt ja vorbei. Ich schaue mir zum Beispiel jeden Abend "Riverboat"-DVDs an, damit ich vorbereitet bin, wenn es am heutigen Freitag losgeht.

Sie arbeiten für den MDR in Los Angeles. Der MDR macht das "Riverboat". Liegt die Frage nahe, ob da nicht eine Hand die andere gewaschen hat.

Sie werden, wie immer bei mir, vergeblich nach Schmutz suchen. Es sei denn, für Sie wäre mein sehr gutes Verhältnis zu Herrn Reiter Grund genug, mich an den Pranger zu stellen. Ich hatte andere, bessere Angebote, so viel kann ich Ihnen verraten. Aus finanziellen Gründen muss ich es jedenfalls nicht machen.

Bleibt nur noch: Buddy hilft Buddy.

Buddy hilft Buddy gilt ja nur dann, wenn es keine Alternativen gibt. Aber das war weder auf Seiten des MDR noch bei mir der Fall.

Mit anderen Worten: Sie haben Ihr Herz sprechen lassen und siehe da, nur der MDR und sein Intendant Udo Reiter blieben übrig.

Ich hätte bei keinem anderen Sender zugesagt, so weit gebe ich Ihnen Recht.

Was qualifiziert Sie eigentlich für Ihren neuen Job?

Ich glaube, auf einen relativ reichen Schatz an Vokabeln zurückgreifen zu können. Und vergessen Sie bitte nicht: Ich war Verhandlungsführer für den ersten Gebietsaustausch zwischen der DDR und Westberlin, damals ging es um Steinstücken. Das macht mich zwar nicht zum Ossi, aber meine Ostverbindungen waren sicher viel enger, als das bei 99,9 Prozent aller Westler je der Fall gewesen sein dürfte.

Das ist ja schon mal was. Aber wird es Sie auch davor schützen können, gnadenlos verrissen zu werden?

Vor schlechten Kritiken habe ich keine Angst. Schlechte Kritiken müssen ja nicht bedeuten, dass etwas tatsächlich schlecht war. Schlechte Kritiken könnten sogar ein Indiz dafür sein, dass es der Stammkundschaft vielleicht doch ganz gut gefallen hat.

Wir versuchen es einfach noch mal: Warum fühlen Sie sich zum Talker berufen?

Ich glaube die Gabe zu haben, auf Menschen zugehen zu können. Das ist mir in meiner Karriere hin und wieder gelungen, oft auch nicht. Aber erwarten Sie von mir nicht, dass ich mit jedem Gesprächspartner zurechtkomme. Das wird nicht passieren. Sie werden mir eine gewisse Lustlosigkeit meinerseits im Falle des Falles anmerken können. Die ich natürlich keinen Gast spüren lassen darf. Aber ich bin ja nicht allein im Ring: Jan Hofer ist sehr erfahren, Mareile Höppner ist sehr schön und klug ...

Und Sie sind ...

... väterlich und gerecht.

Und kein bisschen weise? Sie werden immerhin 69.

Was ist weise? Vor 150 Jahren wurde ein Mann, wenn er die 50 überschritten hatte, mit ehrwürdiger Greis angeredet. Ich habe das oft und gerne in Geburtstagsbriefen aufgenommen. Wenn Freunde von mir 60 wurden, habe ich Ihnen geschrieben, dass sie jetzt weise Greise seien. Ich selbst bin, trotz meiner 68 Jahre, weit von der Weisheit entfernt. Aber ich hoffe, wenigstens fair zu sein.

Herr Struve, ein Mann mit Ihren intellektuellen Fähigkeiten, was will denn der mit irgendwelchen Schauspielern oder Politikern daherplaudern? Sie sind doch viel zu klug und werden schon allein deswegen gnadenlos scheitern.

Unterschätzen Sie mir meine Gäste nicht. Tina Ruland zum Beispiel hat ein besseres Abitur als Sie, da bin ich mir sicher. Frau Ruland ist Ihnen beiden in jeder Beziehung weit überlegen. Und gegen Reiner Calmund hätten Sie schon gar keine Chance.

Woher wissen Sie das?

Weil ich die Frau kenne. Tina Ruland ist eine selbstbewusste, schnell und sicher reagierende Frau und dazu noch eine sehr gute Schauspielerin.

Wie lange haben Sie vor, im "Riverboat" mitzuschippern?

Erstmal bis Ende 2009. Danach wird man sehen.

Werden Sie ein strenger Gastgeber sein?

Streng, nein. Aber wenn jemand zum Krieg oder zum Rassenhass aufrufen sollte, dann können Sie sicher sein, dass ich das unterbinden werde. Aber das ist bei den Gästen, die ins "Riverboat" kommen, nicht zu befürchten.

Und wenn Herr Schröder seinen neuen iranischen Freund mitbringen will?

Dann wird er woanders hingehen müssen.

Sie haben als Programmdirektor der ARD jahrzehntelang ihre Mitarbeiter gequält. Ihnen ist schon klar, dass das so mancher auf Ihren Absturz hofft?

Natürlich. Und was heißt mancher? Es werden sehr wenige sein, die nicht darauf hoffen. Die meisten werden sagen, uns hat er gequält und selber bringt er nichts. Das Fazit steht doch schon fest. Und ich darf Ihnen sagen: Ich werde das wie ein Mann ertragen.

Aber besonders angenehm kann es doch nicht sein, dass Ihnen jetzt jeder dahergelaufene "Riverboat"-Redakteur sagen kann, wohin der Hase, wohin also Sie laufen müssen.

Wenn Ihnen das, wie in meinem Fall, eine Frau sagt, die ihre Doktorarbeit über Harald Schmidt geschrieben hat, dann ist das auch für mich sehr gut auszuhalten.

Sie haben also gar keine Angst davor zu scheitern?

In meinem Alter hat man vielleicht Angst vor Rückenschmerzen oder davor, nicht mehr aus dem Bett zu kommen. Im Fernsehen zu scheitern, ist in meinem Alter keine Frage mehr von Sein oder Nichtsein. Da gibt es ganz andere Sachen, das kann ich Ihnen sagen.

Sie sind ja noch relativ jung und sicher belehrbar: Haben Sie sich coachen lassen?

Ich hätte es sicher nötig gehabt. Aber gewollt habe ich es nicht. Das wäre des Guten denn doch zu viel gewesen.

Kann es wirklich Zufall sein, dass Ihre erste Sendung ausgerechnet auf Ihren Geburtstag fällt?

Menschen jedenfalls haben daran meines Wissens in keiner Weise bewusst mitgewirkt. Es ist, wenn Sie so wollen, ein reines Gottesgeschenk.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.
"Riverboat", MDR-Fernsehen, Freitag, 22 Uhr

Günter Struve, der von 1992 bis 2008 als ARD-Programmdirektor gearbeitet hat, ist seit dem 1. November 2008 als Berater für das Verbindungsbüro von ARD, Degeto und Telepool in Los Angeles tätig. Für das "Riverboat" wird er alle zwei Wochen von Amerika aus in Leipzig einfliegen.

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