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Rund-um-die-Uhr-Medium: Ausschalten war früher

Das Fernsehen und seine Nutzung in Deutschland: Bis zu 35 Millionen schalten abends ein und selbst am frühen Morgen sind noch 2,5 Millionen dabei.

Es ist der Herzrhythmus des Mediums. Langsam, doch stetig steigt er an, erreicht einen Höhepunkt von zwei Stunden, um dann entschieden abzufallen. Nicht ins Bodenlose, schon wird die Bewegung abgefangen, sanft schwingt sich die Kurve wieder nach oben. In der Aufwärts- wie in der Abwärtsbewegung gibt es nur ein retardierendes Moment, so gegen 16 Uhr. Da zuckt es ein wenig nach unten, um dann entschlossen zu klettern. Aus dem Volk der knapp 80 Millionen Deutschen in rund 40 Millionen Haushalten wird ein Fernsehvolk. Aus dem Arbeitstag, aus dem Alltag wird der alltägliche Fernsehabend.

24 Stunden, Tag für Tag, Woche für Woche, zwölf Monate bewegt sich das Publikum in diesem Rhythmus. Im tiefsten Winter sind die Ausschläge von neun Uhr morgens an höher als im Jahresschnitt, im Sommer liegen sie darunter. In der Form unterscheiden sich das Winter- und das Sommerschauen nicht, ein kleiner Unterschied lässt sich beim Zuschauermaximum ausmachen: Im Winter sehen die meisten Menschen in der Viertelstunde nach 21 Uhr fern, knapp 35 Millionen Bürger sind dann vor den Geräten anzutreffen. Anders gesagt: Wenn man selber nicht schaut, der Nachbar schaut sicher, um die Statistik nicht zu versauen.

Im Sommer liegt das Maximum etwas später, zwischen 21 Uhr 15 und 21 Uhr 45 schalten die meisten Zuschauer ein. Allerdings sind es mit knapp 30 Millionen ein paar weniger als im Winter, weiß die ARD-Medienforschung.

Fernsehen ist ein Ganzjahres-, ein Ganztagesmedium. Selbst auf dem Bodenpunkt seiner Nutzung, nach 4 Uhr 30 morgens, sitzen fast 2,5 Millionen Bürger vor dem Gerät (oder schlafen davor). Um Mitternacht können alle Sender zusammen immer noch mit knapp zehn Millionen Nutzern rechnen.

Der Fernsehkonsum hat in Deutschland mit 225 Minuten pro Tag einen neuen Höchstwert erreicht. Durchschnittlich drei Stunden und 45 Minuten saßen die Deutschen 2011 täglich vor dem Fernseher, so die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF). Der Rekordwert des Vorjahres wurde damit nochmals um zwei Minuten überschritten.

Auch die tägliche Sehdauer der Zuschauer ab 14 Jahren lag mit 239 Minuten zwei Minuten über dem Vorjahreswert. Die Sehdauer der 14- bis 49-Jährigen lag bei 192 Minuten und die der Drei- bis 13-Jährigen stabil bei 93 Minuten täglich.

Was an diesen Zahlen muss beunruhigen? Zum Nachdenken kann jedenfalls anregen, wie groß, wie sehr groß die Reichweite des elektronischen Mediums ist. Soll man vom Lebensmittelpunkt sprechen, vom Lebensbegleiter, von der audiovisuellen elektronischen Lebens-, ja Überlebensbedingung? Über die Tiefe oder die Oberfläche der Wirkung von Fernsehen kann verlässlicher spekuliert als endgültig geurteilt werden. Es kommt auf den Einzelnen, auf jeden einzelnen Zuschauer an. Jeder kann fernsehen, trotzdem sieht ein jeder anders fern. Beruhigend in der großen Zahl. Joachim Huber

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