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Auch die Sendung von Marco Seiffert wird eingestellt.

© rbb/Oliver Ziebe

Rundfunk Berlin-Brandenburg: Kein Kuschelsender

Der RBB baut sein Fernsehprogramm um: Zwei Formate fallen weg. „Wir brauchen einfach Platz für Neues“, heißt es zur Begründung.

Joachim Gauck – der Präsident für alle? Schneller als gedacht hat sich die schwarz-gelbe Bundesregierung mit SPD und Grünen auf einen neuen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten geeinigt. So lautete das Thema von „Klipp & Klar“, der Bürgertalk im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), am vergangenen Dienstag. Moderator Marco Seiffert, der an diesem Abend besonders schluffig wirkte, wird es vielleicht geahnt haben: Zwar langsamer als gedacht, aber immerhin, der RBB hat sich auf der Suche nach besseren Quoten zu einem massiven Programmumbau entschlossen. Diesem fallen auch Marco Seiffert und seine Sendung zum Opfer. „Klipp & Klar“ wird zum Spätsommer genauso eingestellt wie die Sendung „Die Jury hilft“, wie RBB-Sprecher Justus Demmer am Donnerstag dem Tagesspiegel bestätigte.

Das ganze RBB-Programm soll eine neue Struktur bekommen, die Wochentage werden jeweils ab 20 Uhr 15 stärker thematisch sortiert: am Montag Krimi und Wissen, Dienstag anstelle von „Klipp & Klar“ mehr Dokumentationen, Mittwoch Informationen, Beratung und Service, Donnerstag TV-Film und neue Fernsehideen, Freitag regionale Unterhaltung wie „Bauer sucht Kultur“ und Comedy. In diesem Zusammenhang geht das Wirtschafts-Magazin „was!“ in einer verkürzten Version vom Montag auf den Mittwoch und wechselt sich dort 14-tägig mit „Klartext“ ab.

Für Reportagen soll es einen neuen Sendeplatz am frühen Samstagabend geben anstelle von „Die Jury hilft“, in der Tatjana Jury versucht, Zuschauern im Kampf gegen Bürokratie zu helfen. Solche Servicesendungen sollen ein- bis zweistündigen TV-Experimenten weichen, die vor allem am späten Donnerstagabend stattfinden. Dass hierbei, siehe ZDFkultur, auch jüngere Zuschauer im Auge zu behalten sind, wird offiziell nicht bestätigt, lässt sich aber denken. Durchschnittsalter des RBB-Zuschauers: 63.

Eine Programmreform bei der öffentlich-rechtlichen Anstalt – endlich, werden viele sagen. Es hat in der Region Tradition, über Programm, Köpfe und Bräsigkeiten der Zweiländeranstalt zu meckern. Schon seit längerem war klar, dass der RBB etwas an seinem Fernsehprogramm ändern muss: Es war 2011 das am wenigsten gesehene Dritte Programm. Der Marktanteil lag bei 6,1 Prozent, nach 6,8 Prozent im Jahr davor. „Fakt ist“, konstatierte Programmdirektorin Claudia Nothelle im Dezember, „dass seit Januar 2011 schlagartig die Zuschauer weggeblieben sind, obwohl wir am Programm nichts Grundlegendes geändert haben.“

Seiffert, der sonst bei Radio Eins moderiert, soll auch nach „Klipp & Klar“ im Fernsehen zum Einsatz kommen

Nun wird es grundlegender. Das sei aber kein „nie da gewesener Kahlschlag“, sagt Demmer zu Befürchtungen von Mitarbeitern. „Wir brauchen Platz für Neues, daher müssen Sendungen weichen.“ Der Sender wolle näher an die Zuschauer herankommen. Intern wird befürchtet, dass vor allem mit der Kürzung von „was!“ eine Kernkompetenz des öffentlich-rechtlichen Senders – Hintergrundberichterstattung zu Politik, Wirtschaft und Regionalem – beschnitten werde. Der RBB als Kuschelsender? „Wir wissen, wie hoch die regionale Informationskompetenz des RBB bei unseren Zuschauern im Kurs steht“, erklärte Nothelle am Donnerstag. Der beste Beweis dafür sei der große Zuspruch für die Vorabendsendungen „zibb“, „Abendschau“, „Brandenburg aktuell“ sowie „RBB aktuell“. „Wir müssen aber auch unsere anderen Sendungen, die dieses Interesse bedienen, leichter auffindbar machen und sie schärfer profilieren.“ Und: „Es ist uns aber ebenso wichtig, unser Publikum auch gut zu unterhalten.“

Das ohnehin kleine Stammpublikum dürfte also kaum verprellt werden. Dass das Brandenburg-Magazin „Theodor“ sich einen Platz mit dem deutsch-polnischen Magazin „Kowalski & Schmidt“ teilen muss, Sendungen wie „Panda, Gorilla & Co“ aus der Primetime verschwinden und die Talkshows „Thadeusz“ und „Dickes B.“ in vermehrter Schlagzahl fortgesetzt werden, macht den RBB noch lange nicht zum Radikalen-Sender. Viel erstaunlicher ist es in Anbetracht der RBB-Geschichte, dass es dem Sender nicht gelingt, aus innovativen Radio-Programmen wie Radio Eins, Info-Radio oder Fritz mehr Kapital fürs Fernsehen zu schlagen. Ausnahmen wie Jörg Thadeusz bestätigen die Regel. Immerhin: Marco Seiffert, der sonst bei Radio Eins moderiert, soll auch nach „Klipp & Klar“ im Fernsehen zum Einsatz kommen.

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