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Rundfunk: Gebühr wird Abgabe

Der Staatsrechtler Paul Kirchhof hat ein neues Modell zur Finanzierung von ARD und ZDF vorgelegt.

„Einfach, vollziehbar, unausweichlich, grundrechtschonend“, mit diesem „Vierklang“ umschreibt der Staatsrechtler Paul Kirchhof die Ziele einer geräteunabhängigen Haushalts- und Betriebsstättenabgabe. Nach seinem am Donnerstag veröffentlichten Gutachten, das er für ARD, ZDF und Deutschlandradio erstellt hat, kann das neue Instrument die geltende Rundfunkgebühr ablösen. Kirchhof sagte beim Pressegespräch in Berlin, dass die neue Abgabe nicht inflationär gestaltet, der jetzige Monatsbeitrag von 17,98 Euro beibehalten werden sollte. Der Reformvorschlag, schreibt Kirchhof, „verfolgt ein Gerechtigkeitsanliegen, soll nicht das Abgabeaufkommen steigern“.

Die Grundidee im Kirchhof-Papier ist die Anpassung der Gebührenpflicht an die technologische Entwicklung. In Zeiten hybrider Endgeräte ist der Empfang von öffentlich-rechtlichem Rundfunk auf vielen Apparaten bis hin zum aufgerüsteten Toaster möglich. Das Medienendgerät ist für Kirchhof nicht länger die Bemessungsgrundlage, für ihn ist es der Mensch in der Informationsgesellschaft, vulgo Haushalt oder Betriebsstätte. Was allerdings die Abgabenpflicht auslöst, das bleibt bestehen: Es ist das Leistungsangebot der öffentlich-rechtlichen Sender, das Kirchhofsche Modell lässt, wie das geltende Gebührenmodell, die tatsächliche Nutzung außer Acht. Für den Staatsrechtler steht fest, dass es ohne das Informationsangebot von ARD und ZDF „eine andere politische Kultur“ in Deutschland gäbe.

Künftig soll jeder Haushalt, egal wie viele Personen darin leben, einen einheitlichen Betrag für ARD und ZDF bezahlen, egal wie viele Fernseher, Radios oder Computer vorhanden sind. Die heutige Unterscheidung zwischen der Grundgebühr von 5,76 Euro (Radio oder PC) und der Fernsehgebühr von 12,22 Euro würde zugunsten von 17,98 Euro aufgegeben.

Auch bei der Haushaltsabgabe soll es Befreiungen aus sozialen Gründen geben. Bislang kommen die rund 40 Millionen Gebührenzahler dadurch entstehenden Einnahmeausfälle auf, indem die Befreiungen auf die Monatsgebühr umgelegt werden. Kirchhof will einen anderen Weg. Danach würde der Monatsbetrag mit dem Wohngeld an sozial Schwache ausbezahlt, die diesen dann an die Sender weiterreichen. In diesem Falle wird der Gebührenzahler zwei Mal für ARD und ZDF aktiv: einmal über die Haushaltsabgabe, sodann als Steuerzahler für die Sozialkassen.

Der Jurist Kirchhof möchte die Abgabenreform mit einem schrittweisen Werbeverzicht in den öffentlich-rechtlichen Programmen verbinden. In seinen Augen wäre das eine Stärkung der kulturellen Identität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Sender begrüßten unisonen die Vorschläge. „ARD und ZDF sehen einen Handlungsbedarf, um der Erosion bei den Gebühreneinnahmen entgegenzuwirken“, hieß es in einer Erklärung beider Anstalten. die derzeit jährlich rund sieben Milliarden Euro Gebührengeldern erhalten. Die Sender hoffen, über eine adressierbare Haushaltsabgabe statt eines vermuteten Empfangsgeräts die Zahl der Schwarzseher senken zu können. Nach Meinung von Hermann Eicher, Justitiar des Südwestrundfunks, wird die GEZ das „Inquisitorische“ verlieren.

Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust sagte, „mit dem Gutachten wird ein überzeugender, verfassungsrechtlich gangbarer Weg beschrieben.“ Es sei nun Sache der Politik, ihre Schlüsse zu ziehen, ergänzte ZDF-Intendant Markus Schächter. Die Ministerpräsidenten wollen am 9. Juni beraten. SPD und Union sind sich weitgehend einig und unterstützen eine Haushaltsabgabe, die ab 2013 wirksam sein soll. Joachim Huber

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