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Die Formulare der GEZ sind bald Altpapier, wenn die Haushaltsabgabe kommt. Foto: dpa

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Rundfunk-Gebühren: Wie wär’s mit der HHAEZ?

Die GEZ-Gebühr geht, die Haushaltsabgabe droht – eine alte Frage bleibt: Warum soll einer, der ARD, ZDF und Deutschlandradio überhaupt nicht nutzt, trotzdem bezahlen? Diskutieren Sie mit!

Die „GEZ-Gebühr“ geht ihrem Ende entgegen. In seinem Gutachten zur künftigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sieht der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof keine Hindernisse für die angestrebte Abschaffung der gültigen Praxis, wie die Gelder für ARD, ZDF und Deutschlandradio eingezogen werden. Kirchhofs Papier soll am 6. Mai den Ministerpräsidenten vorgestellt werden.

Das Gutachten schiebt letzte verfassungsrechtliche Bedenken beiseite, die einer Abkehr von der gerätebasierten Rundfunkgebühr hin zu einer sogenannten Haushaltsabgabe im Wege standen. Die Länderchefs, die über die Grundlage und die Höhe der Monatsgebühren befinden, hatten bislang am alten System festgehalten, weil jede Neuordnung die Gefahr heraufbeschwört, sich im EU-Wettbewerbsrecht zu verheddern. Andererseits gilt das gerätebezogene Modell als veraltet und ungerecht, seitdem die Gebührenpflicht für Rundfunkempfang auf internetfähige Computer/Smartphones und sonstige Hybridgeräte ausgeweitet wurde. Wer nämlich bei der GEZ angibt, er nutze Hörfunk und Fernsehen nur über diese „neuartigen Rundfunkgeräte“, zahlt nur die monatliche Grundgebühr von 5,76 Euro statt 17,98. Einige „Schlauberger“ haben sich das zunutze gemacht und den Monatsobolus für sich abgesenkt; zugleich schlagen sich deutsche Gerichte Woche für Woche mit der Frage herum, für wen in dieser Republik die Gebührenpflicht in welchem Umfang gilt. Kann beispielsweise ein Navigationsgerät zugleich Hörfunkprogramme empfangen, schlägt der Gebührenzähler aus.

Die Medienpolitik will ein neues, zukunftstaugliches Modell, die Sender wollen es auch, die Gebühreneinzugszentrale sowieso, all jene, die mit dem gültigen System verhaftet werden können, gieren nach einem Wechsel. Faktisch wie beim Image. Der Ruf der GEZ („Abzocker-Brigade“) ist verheerend, die Aufwendungen für den Einzug liegen jährlich bei rund 175 Millionen Euro, die Zahl der Gebührenverweigerer steigt.

Am 9. Juni werden die Länderchefs auf ihrer nächsten Tagung vermutlich erste Schritte zu einem neuen Gebührensystem beschließen. Die sogenannte einheitliche Haushalts- und Betriebsstättenabgabe könnte ab dem Jahr 2013 pauschal die Endgeräte eines Haushalts oder eines Büros/Betriebes erfassen – ob Radio, Fernseher, Computer oder Smartphones. Gebühren für Zweitgeräte könnten dann der Vergangenheit angehören.

Neues Modell, neue Probleme. Es wird einiger definitorischer Anstrengung bedürfen, gerichtsfest festzustellen, wo ein Haushalt/eine Betriebsstätte beginnt, wo er/sie aufhört. Ist eine Wohngemeinschaft eine Addition von Haushalten?

Aktuell führt die GEZ in Köln rund 42,5 Millionen Konten, darunter sind rund drei Millionen Teilnehmer, die vornehmlich aus sozialen Gründen von der Gebühr befreit sind. An dieser Praxis soll sich nichts ändern, wenn künftig die 39 Millionen Haushalte herangezogen werden. Es wird entscheidend von der Ausgestaltung der Haushaltsabgabe abhängen, ob ARD & Co. weiterhin 7,3 Milliarden Euro pro Jahr ausgeben können, ob der Monatsbeitrag sinken oder steigen wird.

Die Ministerpräsidenten müssen sich zudem einen Kopf darüber machen, wer künftig die Haushaltsabgabe einzieht – die Finanzämter oder weiterhin die GEZ? Wer stellt Gebührenbefreiungen aus, wer überprüft, ob ein Haushalt, der sich für „medienendgerätefrei“ erklärt hat, dies auch tatsächlich ist? Die Gebühreneinzugszentrale in Köln könnte als Haushaltsabgabeneinzugszentrale (HHAEZ) fortbestehen, die Rundfunkbeauftragten der Sender ihre angstbewehrte Existenz fortleben. Das wird schwer mit dem Imagewandel.

Auch das neue Modell wird die Grundsatzfrage, die immer häufiger zu Streit und Schwarzsehen führt, diskret übergehen. Warum soll einer, der ARD und ZDF und Deutschlandradio überhaupt nicht nutzt, trotzdem bezahlen? Bisher als Endgerätebesitzer, künftig als Haushaltsmitglied? Die Gebührenpflicht in Deutschland wird unangetastet bleiben, gleichzeitig die Diskussion fortgeführt, was Gebührengerechtigkeit ist. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) ermahnt die öffentlich-rechtlichen Anstalten wieder und wieder, ihre Anstrengungen zu intensivieren, damit die Schwarzseherquote sinkt. Die Strategie des guten Zuredens ist in der nachhaltigen Umsonstkultur überholt.

Was mit der Haushaltsabgabe in Rede steht, das gleicht der merkwürdigen Modellpolitik eines Autobauers. Das Chassis ist neu, die Technik verändert, doch der Verbrauch bleibt hoch. Und eine Frage wird nie ein Erhebungsmodell befriedigend beantworten: In welche Programme soll die Milliardenabgabe gehen?

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