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Medien: Schlappe für Steinbrück

Der SPD-Kanzlerkandidat scheitert beim Leistungsschutzrecht an seinen Genossen.

Peer Steinbrück hat am Freitag erleben müssen, dass Beinfreiheit auch bedeuten kann, nur schneller ins Stolpern zu geraten. Denn im Bundesrat folgte ein Teil der SPD-geführten Länder dem Wunsch des Kanzlerkandidaten nicht, das Gesetz zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Internet zu stoppen. Daran änderte auch die Spitzenrunde der Parteioberen am Donnerstagabend nichts. Die Mehrheit für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses und damit für eine Verzögerung des Gesetzes bis zur Bundestagswahl im Herbst kam nicht zustande – obwohl die Oppositionsparteien diese Mehrheit seit dem Regierungswechsel in Niedersachsen haben.

Steinbrück hatte erst vor zwei Wochen die Devise ausgegeben: „Ich denke, die SPD ist gut beraten, dieses Leistungsschutzgesetz im Bundesrat zu kippen.“ Seither war damit gerechnet worden, dass es dazu kommen wird. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD), im früheren Leben Pressesprecher Steinbrücks, legte einen Antrag zur Einleitung des Vermittlungsverfahrens vor, Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) versprach Unterstützung.

Doch es gibt stärkere Truppen in den Ländern. Voran Nordrhein-Westfalen, wo Steinbrück selbst einst als Ministerpräsident regierte. Seine Nachnachfolgerin Hannelore Kraft machte nicht mit bei der Verzögerungstaktik. Mit dem „Nein“ der mächtigsten Sozialdemokratin in den Ländern war die Sache klar, zumal auch Baden-Württemberg (Grün-Rot) und Rheinland-Pfalz (Rot-Grün) keine Neigung zeigten, dem Kanzlerkandidaten zu folgen.

Aus SPD-Länderkreisen hieß es, man habe das Gesetz nicht stoppen wollen, weil es als sogenanntes Einspruchgesetz ohnehin nicht hätte verhindert werden können. Man sei schon spät in der Wahlperiode, da hätte eine Verhandlungslösung im Vermittlungsverfahren keine große Chance mehr gehabt. Rundweg blockieren wollte man das Gesetz offenbar nicht – der Einfluss auch regionaler Verleger habe da eine Rolle gespielt, hieß es.

Die SPD rang sich schließlich zu einem Entschließungsantrag durch, vorgelegt von Hamburg und Baden-Württemberg, in dem das Gesetz als „handwerklich schlecht“ und als „falscher Weg“ bezeichnet wird. Es gebe rechtliche Grauzonen. Steinbrück kündigte an, nach einem Wahlsieg ein besseres Gesetz vorzulegen.

Stinksauer auf die SPD sind die Grünen. Deren Parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck erregte sich, dass „schwarz-gelber Pfusch“ den Bundesrat „ohne Not“ habe passieren können. „Wer ein Gesetz ablehnt, weil es grundverkehrt ist, muss es auch in den Vermittlungsausschuss schicken, um es zu überarbeiten, oder die Regierung überzeugen, dass es untauglich ist“, sagte Beck. „Beim Leistungsschutzrecht hat die SPD als Korrektiv zum Merkel-Murks versagt.“

Das Leistungsschutzrecht erlaubt Verlagen, für die Verwendung von Texten ihrer Journalisten durch andere Unternehmen im Internet eine Lizenz zu verlangen. Das zielt vor allem auf Suchmaschinen wie Google. Nur kurze Textstücke sind künftig lizenzfrei. Albert Funk

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